Erstklassig

Heute also zurück nach Mendrisio. Diesmal im Zug, erste Klasse. Hat mir der Herr von der Versicherung erlaubt, vermutlich aus schlechtem Gewissen, weil wir das Ersatzauto bereits nach 24 Stunden wieder abgeben mussten. Ich habe dankend angenommen, als kleine Entschädigung für meinen missratenen Geburtstag. Bin zwar nicht gegen missratene Geburtstage versichert, aber wenn sie mich dafür entschädigen wollen, greife ich lieber mit beiden Händen zu. Beim nächsten Schadenfall werden sie nämlich wieder sagen, exakt für diesen Fall seien sie leider nicht zuständig. “Wenn Sie den Schaden nur ein kleines bisschen anders organisiert hätten, dann ja, aber so kann man leider nichts machen.”

Da sitze ich nun also im fast leeren Abteil der ersten Klasse und geniesse die Ruhe. Nun ja, der Kerl hinter mir dürfte ruhig etwas leiser in seiner Zeitung blättern – hat der noch nie etwas von iPads gehört? – aber wer samstags gewöhnlich durch einen Chor von “Mama, sag Karlsson, er soll aufhören!”, “Mama, wann machst du mir endlich Kakao? Ich warte schon lange.” und “Mama, der Zoowärter hat mir den Baby-Dino weggenommen.” geweckt wird, sollte sich über solche Kleinigkeiten nicht beklagen. Und einem geschenkten Gaul schaut man ohnehin nicht ins Maul. Auch nicht, wenn er morgens um Viertel vor sechs angetrabt kommt, weil die Autogarage in Mendrisio um halb zwölf schliesst und es nun mal eine Weile dauert von hier bis nach Mendrisio.

Ich bin fest entschlossen, diese Fahrt bis zum letzten Augenblick auszukosten, denn die Heimfahrt wird vermutlich weniger gemütlich, wo zu erwarten ist, dass heute so ziemlich jeder, der etwas auf sich gibt, von Süden nach Norden fahren wird. Ich hoffe bloss, dass mir beim nächsten Umsteigen ein wenig Zeit bleibt, Frühstück zu besorgen. Ansonsten könnte schon die Hinfahrt ziemlich ungemütlich werden.

Da fällt mir ein, dass ich gar nie darüber berichtet habe, wie wir am Ende doch noch nach Hause gefunden haben, aber das hat zwei gute Gründe. Erstens möchte ich unserem netten Pannenhelfer nicht die Polizei auf den Hals hetzen, denn was in den Augen des Italienischen Pannendienstes noch erlaubt war, ist in der Schweiz offenbar streng verboten. Aber die vom Italienischen Pannendienst sind nach Aussage des Schweizer Pannenhelfers – der übrigens auch Italiener war – ohnehin lauter “Coglioni”, “Stronzi” und “Cazzi”, doch weil das hier eine jugendfreie Seite ist, gehen wir auf dieses Thema nicht näher ein. Zweitens möchte ich diesen elenden Geburtstag so schnell als möglich vergessen. Dass er mich ein Jahr näher an die Vierzig gerückt hat, ist schon schlimm genug.

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