„Oggio, Oggio“, antworte ich dem Gatten. Ich hatte ihn gefragt was er von meiner Verschwörungstheorie zum Mundschutz halten würde. Ich war so stolz endlich eine eigene Verschwörungstheorie entwickelt zu haben. Wissen sie, der Gatte mag es nicht besonders, wenn ich aus meinem Zimmer heraus zu ihm in die Küche hinüber brülle. Er gibt dann immer vor nicht zu verstehen, die Kaffeemaschine sei zu laut, die „Kieler Nachrichten“ zu spannend. Also ruft er genervt: „Ich kaaaann dich nicht veeerstehen!“
„Oggio, oggio“, murmele ich. Seltsamerweise will er nun wissen was das bedeuten solle. Sie sehen schon, das mit dem social distancing nehmen wir hier sehr genau. Der Gatte sagt, ich solle lieber nicht über ihn schreiben und die Verschwörungstheorie sei so gut , die solle ich lieber nicht ins Netz stellen. „Das nimmt sonst noch jemand ernst“, sagt er.
Seit heute morgen 8. 00 Uhr sind wir stolze Besitzer von einer Packung Klopapier. Man durfte nur mit Einkaufswagen in den Markt, aber das kennen sie ja wahrscheinlich alles.
Das mit dem Mundschutz finde ich okay, man muss die Kassierer*innen schützen, die für einen jämmerlichen Monatslohn von 1900 Euro Vollzeit an der Kasse sitzen. Sie sind Heldinnen des Alltags, was ihnen trotzdem nichts nützt, weil die anstehende Lohnerhöhung von dreißig Euro monatlich aufgeschoben werden soll. Man will den Einzelhandel später mit dem Angesparten helfen, was löblich ist. Jede*r müsse dafür ihre Frau stehen oder seinen Mann. Ich finde ja, der Wirtschaftsweise, der sich einen Spaß daraus machte über den Lohn der der Kassierin zu frotzeln: „Zum Sterben zu wenig , zum Leben zuviel“, der könnte doch jetzt ein bisschen abspecken. Ich hab in der Süddeutschen gelesen heute morgen.
Ich schreibe mit Blick auf Garten und Vogelhaus. Die Kohlmeisen sind die progressivsten im Kampf um die Ressourcen. Es klingelt. Der Postbote bringt ein Paket von Adi…. „Spinnt ihr?“ rufe ich die Treppe hoch. „Ihr lasst für Einen der seine Miete nicht zahlt, und damit meine ich Adi…und nicht den Postboten, den Paketboten kommen. Man hörte, dass in der letzten Woche in einem der gediegenen Vororte drei Postboten gebissen wurden. Meiner tut nichts“, sage ich „der will nur fressen.“ Der Postbote lächelt. Ich frag ihn lieber nicht was er verdient.
Was ich noch erzählen wollte: Gestern bin ich durch Zufall in eine Wohnzimmerlesung auf Instagram geplatzt. Ich schäme mich fast es zu sagen, aber ich fands besser als im Literaturhaus. Stanišić las „Oggio, Oggio“, eine Geschichte aus einem Kinderbuch, welches er mit seinem Sohn zusammen schreibt. Endlich konnte man mal Mimik und Gestik sehen, das ist bei Stanišić nicht unwesentlich, glauben sie mir. Vielleicht könnte das Literaturhaus irgendwie digital aufrüsten in Zukunft. Ich weiß nicht ob sie es wissen, aber ich bin bekennender Saša Stanišić Fan, diese Sprachgewalt und der Witz lassen mich jedesmal demütig werden. So verbrachte ich den gestrigen Abend an der Elbe mit einem verrückten Taxifahrer, der nur der Worte Oggio, Oggio fähig war, einem Piratenschiff und vielen anderen Wunderlichkeiten. Made my day.
Haben sie einen schönen Tag, achten sie auf ihre Hunde und auf die Kassiererinnen und Kassierer.