Erschütterungen

Es ist großartig, dass Sie Anteilnahme zeigen für das erdbebenerschütterte Japan.

Lassen Sie sich loben. Verglichen mit dem mitleidigen Schulterzucken, dass Sie normalerweise für Naturkatastrophen JWD erübrigen, kurz, bevor Sie dann einkaufen gehen, lassen Sie diesmal echte Betroffenheit erkennen. Für echte Hysterie muss dann zwar doch schon die Exfrau eines Mitglieds des englischen Königshauses in einem Tunnel verunglücken, aber Sie sind schon ganz gut dabei.

Nun haben die Japaner eben auch ein paar Kraftwerke auf ihren wackeligen Boden gestellt, deren Dahinschmelzen in eine Katastrophe ausarten könnte, neben der die bebende Erde fast lasch wirkt, allemal, weil das ja nach ein paar Minuten vorbei ist, und dann kann man alles wieder aufbauen. Wenn  die dahinschmelzenden Reaktoren allerdings ernsthaft in einem Super-GAU explodieren sollten, hat es sich für ein paar hundert Jahre mit dem Aufbauen erledigt. Und was genau an einem größten anzunehmenden Unfall super ist, werde ich dann vielleicht auch mal rausfinden.

Deswegen muss ich Sie nochmal loben: Ihnen ist aufgefallen, dass Atomkraft gefährlich ist! Es ist merkwürdig, dass Ihnen der Gedanke völlig fremd war, als wir unsere klapprigsten Meiler in die Verlängerung schickten, damit ein paar arme Stromdienstleister vorm Verhungern gerettet weren können. Der Legende nach sollte das dann auch die Strompreise retten, aber das war wohl ein Mißverständnis. Hat Sie aber auch nicht gestört.

Wann immer strahlender Müll auf die Reise geht, mit dem wir noch grob geschätzt 20.000 Jahre zu tun haben und von dem wir schlichtweg nicht wissen, was wir eigentlich damit anstellen wollen, regen Sie sich auch nur über die bösen Demonstranten auf. Aber jetzt, wo eine Naturkatastrophe, die hier nicht in diesem Ausmaß denkbar wäre, in denkbar weitester Enfernung den größten anzunehmenden Effekt hat, kommen Ihnen anscheinend doch mal Zweifel. Manchmal verstehe ich Sie nicht wirklich. Aber ich denke, ich sollte mich über eine Erkenntnis nicht beschweren, auch wenn sie auf Umwegen bar jeder Logik zu Ihnen findet.

Aber immerhin kann ich Ihre Reaktionen im großen und ganzen noch halbwegs nachvollziehen.

Bei meiner geliebten schwarz-goldenen Regierung bin ich jetzt aber wirklich mal wieder am Ende meines Lateins. Den verschobenen Austieg zurückverschieben, aber nur für drei Monate, ich weiss wirklich nicht, was ich rauchen oder trinken könnte, um auf so eine Idee zu kommen. Also aus dem Austieg aus dem Ausstieg aussteigen, aber nur für drei Monate. Bis die Landtagswahlen vorbei sind. Nun könnte man auch so lange aus dem verschobenen Austieg aussteigen, bis man total ausgestiegen ist, ganz unverschoben. Also es so machen, wie es rot-grün man geplant hat.

Aber dafür bräuchte man ja ein Energiekonzept, und davon habe ich nichts gehört.. Das schwarz-goldene Energiekonzept war bisher: Die erneuerbaren Energien kaputtsparen und die Atommeiler weiterlaufen lassen. Irgendwann, wenn sich der Staub gelegt hat- wobei der sich nie wirklich legt- hätte man dann Neubauten von AKW's angeschoben . Das wird nun wohl entgültig nicht mehr passieren, aber wo ist der Rest der Wende?
Davon, dass auch die Einsparungen zurückgenommen werden und man nun mit aller Kraft in Forschung und Entwicklung investiert, um die Alternativen auch ökonomisch zu Alternativen zu machen: Kein Wort. Bliebe also tatsächlich nur die Erklärung, das hier ein billiges politisches Manöver stattfindet. Aber für so blöd kann eigentlich niemand die Leute halten. Was genau wird das also, wenn es fertig ist?

Die einzige denkbare Erklärung ist Panik. Die Umfragen für die anstehenden Landtagswahlen, insbesondere in Baden-Würtemberg, machen sich hier bemerkbar: Zwar hat schwarz-gold zuguterletzt gelernt, hinter verschlossenen Türen durchzudrehen, aber völlig unbemerkt bleibt es halt doch noch nicht. Die nun gefundene Strategie ist dann auch angemessen verstrahlt und dürfte in Erdbeben ganz anderer Art münden. Denn besser hätte man seinen Willen, die Atomkraft um jeden Preis am Leben zu halten, garnicht zum Ausdruck bringen können - und den zugleich völlig fehlenden Willen, das auch ehrlich zu sagen. Ich bin wirklich mal gespannt, was Sie daraus - auch in Rheinland-Pfalz - machen.

Und natürlich, wie das Wetter wird.


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