Ein moderner Robinson – wobei, müsste der nicht auf einer Insel gestrandet sein? – der sich in Lagerhallen, Hochhäusern und Kerkern die immer gleichen Räume einrichtet, von der Fleecejacke über dem Stuhl bis zur illuminierten Zahnbürste und dabei doch immer wieder auf der Flucht ist – vor wem, das habe ich wirklich nicht verstanden. Ein Robinson auf der Suche nach seinem Freitag; er sucht ihn im Internet und allein die Tatsache, dass er ihn sucht, entspricht so gar nicht dem Bild, das ich von Robinson habe. Für mich war und ist die Begegnung zwischen Robinson und Freitag eine zufällige, schicksalhafte; keine, die man herausfordern kann. Wieso dann also der Titel, wieso Robinson?
Ernst Augustin schreibt stilsicher, keine Frage, er beherrscht das Handwerk und er weiß, wie er innere Bilder erschaffen kann – lebt er selbst seit drei Jahren doch nur noch in Innenwelten, seit er erblindet ist. Die architektonischen Räume, die der Autor beschreibt sind mir näher als die menschlichen, Robinson als Mensch könnte mir nicht fremder sein. Was ist sein Motiv, sein Ziel, was sind seine Träume? Wieso zieht er sich in durchgestylte 2qm-Räume zurück? Alle diese Fragen kann ich nicht beantworten – und das finde ich schade. Ich finde es immer etwas traurig, wenn ich eine Figur nicht durchschauen kann, nicht wenigstens ein bisschen hinter ihre Fassade schauen kann – wenn sie das, wie Robinson, nicht zulässt.
Ob mir Robinsons blaues Haus letztendlich gefallen hat, kann ich nicht sagen. Ich habe es gelesen, bin dem Plot gefolgt und Ernst Augustins Sprache, habe mich in seinen Räumen orientiert. Zurück bleibt ein Gefühl, das sich nicht greifen lässt – genauso wenig wie Robinson.
Gebundene Ausgabe: 319 Seiten, erschienen bei C.H. Beck, Januar 2012.
ISBN: 978-3406629969
Vielen Dank an den Verlag C.H. Beck für die Bereitstellung von Robinsons blaues Haus – und ein großes Dankeschön an Blogg dein Buch - für die “Vermittlung”.