Der deutsche „Durchschnittsbürger“ ernährt sich in der Regel von folgenden Nahrungsmitteln: Getreideprodukte, wie Nudeln, Brote und Brötchen aus weißem voll ausgemahlenem Mehl, Reis in geschälter Form, mäßig Obst und Gemüse, gezuckerte Müslis, täglich Milch und Milchprodukte sowie Fleisch, Wurst, Eier und Fisch. Hinzu kommen noch reichlich Süßgetränke sowie süße oder auch herzhafte Snacks, Fertig- und Halbfertigprodukte. Obwohl die meisten Menschen wissen, dass diese Ernährungsform nicht sehr gesund ist, entspricht sie dennoch der Norm.
Viele versuchen sich darin die eigenen Essgewohnheiten und die der Familie zu ändern, doch leider funktioniert dies in den meisten Fällen nicht. Dieses „Scheitern“ hat viele Gründe. Einer davon ist, dass wir unsere Essgewohnheiten quasi mit der Muttermilchaufgesaugt haben. Wenn wir genauer hinsehen, sogar schon viel früher. Die Nahrungsmittelvorlieben der Mutter in der Schwangerschaft übertragen sich in den meisten Fällen auch auf die Kinder. Kommt das Baby dann auf die Welt, erhält es in der Regel das gesündeste Nahrungsmittel schlecht hin: Die Muttermilch. Diese ist süß und trainiert den Manschen darauf, daß Süßes überlebensnotwendig ist (was über viele Jahrunderte auch der Fall war). Ab dem ersten Lebensjahr wird am Elterntisch gespeist und all das verzehrt, was dort angeboten wird. Hinzu kommen meist noch emotionale Verknüpfungen an bestimmte Nahrungsmittel und schon haben wir handfeste Gewohnheiten, die sich stark in unser Unterbewusstsein verankern.
Der Verzehr von Weißmehlprodukten, Fleisch und Süßem war über viele Jahrhunderte ein Statussymbol der privilegierten Schichten. War man in Besitz dieser Nahrungsmittel war man besser dran als alle anderen. Schaut man sich jedoch Aufzeichnungen, speziell aus dem Mittelalter an, kann man sehen, dass die Reichen/Adligen mit denselben Erkrankungen zu kämpfen hatten, wie wir es jetzt in der breiten Bevölkerung haben. Gicht, Rheumatische Erkrankungen, Diabetes, Übergewicht und Krebserkrankungen waren unter diesen vermeintlich Privilegierten weit verbreitet. Dies lag unter anderen an der Form der Ernährung als auch am Bewegungsmangel. Auch in diesen Zeiten haben sich bestimmte Personengruppen an ihrem Überfluss krank gegessen.
Ähnlich ist es heute auch in vielen zivilisierten Ländern der Welt. Speziell in unseren Breitengraden sind es die Kriegs-und Nachkriegsgenerationen, die unser heutiges Essverhalten maßgeblich geprägt haben. In diesen schwierigen Zeiten war jedes Stück Fett und jedes Stück Zucker was die Menschen bekommen konnten, unter Umständen entscheidend über Leben und Tod. Es waren Mangelprodukte. Als es diese dann einige Jahre nach Kriegsende in ausreichenden Mengen zu erschwinglichen Preise überall gab, wurden diese „wertvollen“ Nahrungsmittel täglich verzehrt. Mit der Folge, dass wir uns Heute im Überfluss von ungesunden Dingen ernähren und ebenso, wie unsere adligen Vorfahren der letzten Jahrhunderte krank essen.
Diese Entwicklung bezeichnen Ernährungsexperten gern als vererbtes Essverhalten. Es ist nicht genetisch bedingt, sondern im Unterbewusstsein stark verankert. Doch gibt es einen Weg raus aus diesen Verhaltensweisen? Ich sage ja und stelle sogar die Behauptung auf, dass es gar nicht so schwer ist, wie es scheint.
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Ziel definieren
Wer langfristig seine Ernährung umstellen möchte, braucht ein Ziel. Dieses Ziel lautet beispielweise:
Meine Ernährung soll künftig vollwertig und gesund sein. Ich möchte überwiegend frische selbstzubereitete Nahrungsmittel verwenden und mehr Obst und Gemüse essen.
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Bestandsaufnahme
Nachdem das Ziel definiert ist, gilt es eine Bestandsaufnahme zu machen. In meinen Ratgebern „Ich stell dann mal um“ und „Abnehmen ohne Achterbahn“ empfehle ich das Führen eines Ernährungsprotokolls über einen festgelegten Zeitraum. Mit Hilfe eines solchen Protokolls, lässt sich sehr gut erkennen, wie weit der aktuelle Zustand vom Ziel entfernt ist.
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Schritt für Schritt
Lebensgewohnheiten haben einen Menschen über viele Jahre begleitet und lassen sich in der Regel nicht von heute auf morgen alle auf einmal verändern. Wer ein Schritt nach dem anderen geht und nicht zu viel auf einmal verändert. Wird am Ende mehr Erfolge aufweisen als jemand, der eine „Hauruck – Aktion“ durch führt und nach drei Wochen aufgibt und alles wieder so macht, wie früher.
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Mit etwas leichtem starten
Wer mit etwas in die Ernährungsumstellung startet, was ihm am schwersten fällt kasteit sich selbst und macht sich damit das Leben schwer. Daher empfiehlt es sich mit etwas anzufangen, bei dem die Veränderung am leichtesten fallen wird.
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Zeit lassen
Veränderungen benötigen Zeit, manchmal sind es nur vier Wochen, manchmal vier Monate, gelegentlich auch mal ein paar Jahre. Jeder Mensch ist anders und benötigt daher auch unterschiedlich viel Zeit für die Veränderung von Lebens- und somit Essgewohnheiten. Die einen schaffen es ganz beispielsweise ganz schnell täglich die benötigten Portionen Obst und Gemüse zu verzehren oder ausreichend zu trinken und die anderen tun sich dafür leichter den Verzehr von tierischen Nahrungsmitteln herunter zusetzten.
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Belohnung ist wichtig
Jeder Mensch darf und muss sich selbst für das Belohnen was er gut macht. Wenn wir es selber nicht machen, wer dann? Ist ein Schritt in der Ernährungsumstellung geschafft, ist schon mal ein Lob angesagt. Warum nicht mal mit der langjährigen Freundin einen Mädels-Abend machen oder mit dem Kumpel den neusten Männer-Movie im Kino schauen? Gelegenheiten gibt es genug.
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Nett zu sich sein
„Rückfälle“ innerhalb der Ernährungsumstellung sind vollkommen normal. Eine Krankheit oder Veränderungen im Berufs- oder Privatleben, können einen schon mal aus der Bahn werfen. Jetzt heißt es: durchatmen, eine erneute Bestandsaufnahme machen und wieder durchstarten. Wetten, dass die Umstellung leichter von der Hand geht und sich die neuen Essgewohnheiten viel schneller einprägen und verinnerlichen? Manchmal benötigen wir einfach mehr als einen Anlauf, um Erfolgreich zu sein.
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Partnerschaft und Familie
Jeder hat das Recht auf eine gesunde Ernährung. Daher sollten Partner und Familie das Selbe gute Essen bekommen, wie man selbst. Ich empfehle hier jedoch, es nicht an die große Glocke zu hängen, sondern es einfach zu tun. So profitieren gleich mehrere Personen von der Ernährungsumstellung eines einzelnen Menschen.
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Verbündete
Auch, wenn ich schon mehrmals angedeutet habe, das Thema Ernährungsumstellung nicht zu stark nach Außen zu kommunizieren, da sich unter Umständen zu viel Druck aufbauen könnte, ist ein Verbündeter bzw. eine Verbündete bestimmt auch von Vorteil. Vielleicht ist ja jemand im engen Freundeskreis, der auch was verändern möchte? Dann kann man es doch auch gemeinsam tun, Erfahrungen austauschen und sich auch mal zum kochen oder Lebensmittel-Shoppen treffen. Wer hier mit einem meiner Ratgeber „Ich stell dann mal um“ oder „Abnehmen ohne Achterbahn“ arbeitet, benötigt dann theoretisch für zwei Leute dann auch nur ein Exemplar. Schließlich trifft man sich ja regelmäßig und kann dann auch gemeinsam die Nase ins Buch stecken.
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Experimente
Experimentierfreude ist während der Ernährungsumstellung das A und O. Viele leckere und gesunde Rezepte finden sich im Internet (unter anderen hier) und auch in vielen Büchern (z.B. „Abnehmen ohne Achterbahn“).
Die Quellen sind unerschöpflich. Nicht alles wird schmecken, die große Masse jedoch schon. Und irgendwann kommt man an den Punkt, wo die neue Ernährungsweise ein alter Schuh ist und keine Rezepte mehr benötigt werden, weil alles wie von selbst läuft.
Eine nachhaltige Ernährungsumstellung ist kein Zauberwerk. Sie ist sogar ganz einfach. Solange man den inneren Schweinehund einfach vor sich hin dösen lässt und ihn nicht durch Hauruck Aktionen von seinem Kissen aufschreckt.
Autorin:
Beatrice Schmidt, Ernährungsexpertin, Bloggerin und Fachbuchautorin von „Ich stell dann mal um“ und „Abnehmen ohne Achterbahn“.