Erinnerungen ans Kinderspital Basel

Das Kinderspital lag damals, in den frühen 1960er Jahren, nicht mitten im Gewühl der Stadt so wie heute, sondern geradezu idyllisch am Rheinufer, umgeben von grossstädtischen Villen und gegen die Stadt hin abgeschirmt durch imposante, aber ältliche Wohnblöcke. Vom Schlafsaal aus, der zugleich Aufenthaltsraum und Spielplatz für uns Kinder war, hatten wir freie Sicht auf den Rhein und die andere Seite des Flusses. Alle Schlafsäle waren zum Rhein hin ausgerichtet und besassen weite, luftige und lichte Balkone: unsere Spielwiese im Sommer. Der ganze Gebäudekomplex und die rheinseitige Stahlkonstruktion mit den Balkonen waren weiss gestrichen, ganz so wie es sich für ein Krankenhaus gehört.

Erinnerungen ans Kinderspital Basel

Nur wenige Erinnerungen habe ich aus jener Spitalzeit, die von 1959 bis 1964 dauerte. Sie stehen da wie Traumbilder, die aus ihrem Zusammenhang gelöst sind, aber für sich ein Ganzes darstellen. Zum Beispiel der Blick von meinem Bett aus in die glasklare, helle Winternacht, in den weiten Sternenhimmel, darunter der Rhein und am gegenüberliegenden Ufer einzelne gelblich flackernde Lichter. Womöglich lag Schnee. Eindrücklicher als das äussere Bild ist mir die Stimmung, die damit verbunden ist. Diese ist nur schwer in Worte zu fassen. Vielleicht noch am ehesten so: Du bist als vielleicht sechsjähriger Bube auf dich allein gestellt, ganz auf dich allein gestellt. Jedenfalls erlebst du es so. Nicht weil sich niemand um dich kümmert, sondern weil du keine der Krankenschwestern als deine Mutter identifizieren kannst – und schon gar nicht einen der Ärzte als deinen Vater. Am ehesten noch würden die anderen Kinder als Geschwister durchgehen. Doch die werden seltsamerweise alle paar Tage oder Wochen ausgewechselt. Du findest keinen Schlaf. Womöglich fühlst du dich einsam, gar verlassen. Womöglich bist du traurig oder verängstigt, vielleicht auch nur erstaunt ob der seltsamen Welt um dich her. Und nun schaust du in diesen grossen Winterhimmel. Und es kommt dir ein grosser Trost entgegen. Obschon du noch keine Vorstellung vom Weltall hast, erahnst du die Weite, die sich auftut, wenn du einen Stern erblickst. Du bist überwältigt, verlierst alle Ängste – oder vergisst sie – und fühlst dich besänftigt und aufgehoben. Neuer Lebensmut erfüllt dich, der noch lange Zeit anhalten wird – im Grunde bis zum heutigen Tag.

Ein anderes Erinnerungsbild sind die Lastenkähne, die sich den Rhein hochkämpfen, halb Boot, halb Unterseeboot, so schwer beladen sind sie. Ganz aufgeregt wurde ich als Kind, wenn das Schiffshorn erklang. War das Schiff in Sichtweite, so war ich sicher, dass der Kapitän uns Kinder oder gar mich persönlich grüssen wollte. Das machte mich stolz und weckte zugleich das Fernweh. Oft stellte ich mir, wenn ein Schiff vorüberzog, ganz konkret vor, wie ich dort an der Reling stand, ein letztes Mal zum Kinderspital blickte und in eine andere Welt entschwand. Der Rollstuhl und dass er mein ständiger Begleiter würde, fand erst viel später Eingang in meine Vorstellungswelt.


Bild: UKBB (Universitäts-Kinderspitals beider Basel)

Weitere historische Bilder: http://www.ukbb.ch/de/ukbb/medien.php#anchor_c7290867_Accordion-Historische-Bilder


wallpaper-1019588
LUCK LIFE: Band feiert Europapremiere auf der Connichi
wallpaper-1019588
Wind Breaker: Deutscher Simuldub bei Crunchyroll gestartet
wallpaper-1019588
Kizuna no Allele: Erste Staffel erscheint auf Disc
wallpaper-1019588
Acro Trip: Promo-Video verrät Startzeitraum