Ich möchte hier ein kleines bisschen über die FH schreiben, da sich die Ausbildung (so weit ich weiß) ja von der in Deutschland unterscheidet.
Früher war die Ergotherapie bei uns an Akademien, die meisten meiner Vortragenden haben auch noch dort ihren Abschluss gemacht. Seit 2005 gibt es meine FH (FH Joanneum) als richtige FH. Was ist also eine FH – oder auch Fachhochschule?
Gleich zu Beginn: Es ist keine Schule, es ist eine Universität. Gut, okay, aber da muss doch ein Unterschied sein? Ja, den gibt es. Da ich allerdings direkt an einer FH (ohne Vererfahrung an einer “richtigen” Uni) angefangen habe, habe ich leider nur Erzählungen und kann so Vergleiche ziehen.
Das System an einer FH gleicht dem einer Uni. Wir haben Vorlesungen, Prüfungen, Hörsäle usw.
Um überhaupt an die FH und somit ins Studium der Ergotherapie zu kommen, musste ich einen 3-stündigen Aufnahmetest und danach ein Aufnahmegespräch absolvieren. Genommen wurden bei uns 28 Leute, derzeit sind wir noch 24. Ein Jahrgang hat somit 24-28 Leute und ist in manchen Vorlesungen (meist die Praktischen Übungen) in Gruppen geteilt.
Ein großer Unterschied zur Uni ist, dass wir einen fixen Stundenplan haben. Uns werden die Vorlesungen eingeteilt und wir haben um die Zeit da zu sein. Das führt gleich zum nächsten Unterschied: Die Anwesenheitspflicht. Ich habe in jeder Vorlesung mindestens 80% Anwesenheit, erreiche ich sie nicht, muss ich eine Ersatzarbeit leisten oder darf nicht zur Prüfung antreten und bin somit negativ. Die Prüfungen sind auch (etwas) anders. An meiner FH (das gilt bestimmt nicht für alle) sind fast alle Prüfungen mündlich. Das hört sich im ersten Moment schlimm an, aber da wir auch praktische Prüfungen haben, ist das eigentlich unvermeidlich und man gewöhnt sich schnell daran. Auch die Prüfungstermine “darf” ich mir nicht aussuchen, sie werden zugeteilt. Ich habe immer nur einen offiziellen Termin, trete ich dort nicht an, muss ich krank sein, ansonsten ist Antritt verpflichtend. Trete ich einfach so nicht an, ohne Entschuldigung, bin ich automatisch negativ und es wird ein neuer Termin zusammen mit den Vortragenden ausgemacht. Insgesamt habe ich drei Antritte zur Verfügung. Der erste und zweite Antritt sind ähnlich, beim dritten muss ich dann vor eine Kommission. Wird dieser nicht bestanden, endet das Studium oder man wiederholt das ganze Jahr.
Ein Vorteil an mündlichen Prüfungen ist allerdings, dass man natürlich die Note gleich weiß und somit sofort erleichtert (oder auch nicht) ist.
Die Vorlesungen sind unterschiedlich aufgebaut. Es gibt in der Ergotherapie fünf Fachgebiete – Neurologie, Geriatrie, Pädiatrie, Orthopädie und Psychiatrie. In jedem dieser Fachbereiche werde ich praktisch und theoretisch ausgebildet, danach folgt ein Praktikum in jedem Fachbereich. Es gibt dann aber auch noch die andere Seite: die Medizin. Auch diese wird unterrichtet. Das Ganze beginnt mit Anatomie, Physiologie, Pathologie und Innere Medizin. Danach folgen je nach Fachbereich die klinischen Fächer. Heißt: Neurologie = Neurologie in der Medizin. Ich bekomme also immer beide Sichtweisen eingetrichtert. Das ist extrem viel zu lernen, da ich beide Seiten können sollte. Ich sollte die medizinischen Fakten kennen, um eine Krankheit beurteilen und auch behandeln zu können. Aber auch die ergotherapeutische Sichtweise und die Methoden brauche ich, um den Patienten auch behandeln zu können.
Neben dem ganzen medizinischen und ergotherapeutischen Kram, kommen dann auch noch ganz andere Fächer dazu. Von Psychologie, Soziologie bis zum Handwerk (nicht basteln, darauf bestehe ich :D). Handwerk? Ihr habt das sicher schon mitbekommen, dass ich hin und wieder mal was aus der FH mitbringe. Ton-, Holz-, Metall- und Filz- bzw. Lederarbeiten hatte ich schon. Außerdem auch Buchbinden, derzeit einen Schienenkurs und ab nächster Woche startet sogar gärtnerische Aktivitäten. Das alles dient natürlich nicht (nur) unserer Bespaßung, sondern hat Sinn. Wie ich ja im vorigen Artikel schon erwähnt hatte, arbeiten Ergotherapeuten Klientenzentriert und Betätigungsorientiert. Das sind die zwei Grundsätze, die wir in der Ausbildung eingetrichtert bekommen ;) Das Bedeutet, dass ich mit dem Patienten Sachen mache, die ihm Spaß machen und Sinn für ihn haben, gleichzeitig aber bei der Behandlung seiner Einschränkung helfen. Je mehr Möglichkeiten wir im Studium kennenlernen, desto mehr kann ich natürlich später mit meinen Patienten machen :)
Die FH ist also sehr praktisch orientiert, was an Unis natürlich schwer aufgrund der großen Gruppengrößen ist.
Ein “Nachteil” meines Studiums ist allerdings, dass ich wenig Ferien habe. Das liegt allerdings eher an dem Aufbau der FH. Ich habe nur 6 Semester, um das Studium abzuschließen (außer man wiederholt), das heißt, sie haben wenig Zeit, um den ganzen Stoff in unsere Köpfe zu bekommen. Damit sich die Praktika, Sommerferien, Prüfungen und Vorlesungen ausgehen habe ich relativ viele Wochenstunden und dazu noch wenig Ferien. Meist so 1-2 Wochen weniger, als andere Studiengänge. Das betrifft aber nur das Studium der Ergotherapie (und einige andere Gesundheitswissenschaften), andere Studiengänge an der FH nicht.
Ach ja, was bin ich dann eigentlich, wenn ich alles fertig habe? BSc. – Bachelor of Science. Diesen Titel erwerbe ich dann durch meine Bachelor Prüfung, davor habe ich allerdings noch eine praktische Vorprüfung.
So, das wäre mal das erste, was mir so zur FH und dem ganzen System einfällt. Falls jemand Fragen hat, immer her damit!
Ich hoffe, euch gefällt es, was ich hier so erzähle. Ich bekomme leider immer öfter mit, dass die Leute glauben, ich studiere nicht richtig, da ich ja auf eine Fachhochschule gehe und nicht auf eine “richtige” Uni. Wieder mal Aufklärungsarbeit meinerseits ;)