- Auswirkungen der zunehmenden Bedeutung „grüner“ Technologien auf die Beschäftigung in der Antriebsstrangproduktion erstmals auf breiter Basis analysiert
- Stabile bis steigende Gesamtbeschäftigung in allen betrachteten Marktszenarien
- Tiefgreifende Veränderungen innerhalb der Wertschöpfungskette möglich
- Fundierte Ausgangsbasis für den weiteren Dialog auf gesellschaftlicher, politischer und betrieblicher Ebene zur künftigen Ausrichtung der Antriebsstrangproduktion
Von den Forschern wurden sechs unterschiedliche Antriebskonzepte und deren Komponenten als maßgeblich für die Zukunft definiert und näher betrachtet: der Mild-Hybrid, der Full-Hybrid inklusive seiner Plug-In-Variante, der so genannte Range Extender, reine Elektrofahrzeuge mit Batterie oder Brennstoffzelle sowie Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Eine eindeutige Prognose über die tatsächliche Marktentwicklung der zukünftigen Antriebsarten bis 2030 ist nicht möglich. Die Studie legt deshalb für die Prognose der Beschäftigungsentwicklung vier verschiedene Marktszenarien zugrunde, ein aus heutiger Sicht wahrscheinliches Referenzszenario sowie drei Extremszenarien. Damit wird der Unsicherheit der künftigen Entwicklung Rechnung getragen. In den Szenarien werden jeweils unterschiedliche Geschwindigkeiten beim Übergang vom Verbrennungsmotor zu verschiedenen “grünen“ Technologien unterstellt. Ergebnisse der Studie
Alle Szenarien prognostizieren einen steigenden Anteil alternativer Antriebe und trotzdem einen weiterhin bedeutenden Anteil der Verbrennungsmotoren. Durch das Nebeneinander mehrerer unterschiedlicher Antriebskonzepte ergibt sich bei der Betrachtung der analysierten Wertschöpfungskette eine in Zukunft mindestens stabile bis zeitweise steigende Beschäftigung in der Branche. Innerhalb der Wertschöpfungskette kann es der Studie nach zu tiefgreifenden Veränderungen kommen. Da die komplexe Entwicklung und Produktion von Elektroautos derzeit noch von Marktunsicherheiten gekennzeichnet ist, müssen auch unternehmerische und wirtschaftliche Risiken für die Hersteller und Zulieferer berücksichtigt werden. Außerdem führt der technologische Wandel zu neuen Produktionsabläufen und -technologien. Bisher noch nicht eingesetzte oder völlig neu zu entwickelnde Fertigungsverfahren werden zum Einsatz kommen. Entsprechend verändern sich die Anforderungen an die Qualifikation der Beschäftigten. Für diesen grundlegenden Wandel der Arbeitswelt in der Produktion müssen Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter auch zukünftige Kompetenz- und Qualifikationsanforderungen der Beschäftigten definieren und über die entsprechende Aus- und Weiterbildung im betrieblichen Alltag verankern. Die nun vorliegenden Studienergebnisse bieten allen betrieblichen, gesellschaftlichen und politischen Akteuren eine fundierte Basis für eine weitere proaktive Gestaltung des Veränderungsprozesses sowie einen gemeinsamen Dialog zu diesem entscheidenden Zukunftsthema. Aussagen der Projektbeteiligten Prof. Dr.-Ing. Dieter Spath, Leiter des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO fasst die Ergebnisse der „ELAB“-Studie zusammen: „Arbeitsplätze hinsichtlich der Elektrifizierung des Antriebsstrangs entstehen nicht nur in der Forschung und Entwicklung, sondern auch in der Produktion. Antriebsstrangproduzenten, die neben den konventionellen auch die nicht-konventionellen Antriebsstrangkomponenten wettbewerbsfähig produzieren können, werden in jedem der untersuchten Marktszenarien mit mindestens gleichbleibender Beschäftigung rechnen können.“ Wilfried Porth, Personalvorstand und Arbeitsdirektor bei Daimler: „Die Veränderung der Antriebstechnologien vom Verbrennungsmotor zu neuen Antriebskonzepten wird über einen sehr langen Zeitraum mehrgleisig laufen. Aus personalpolitischer Sicht heißt dies, dass ausreichend positive Beschäftigungspotenziale auch in Zukunft vorhanden sind. Insgesamt werden die Unternehmen und damit auch wir als Daimler im Detail prüfen, welche Umfänge wir selbst produzieren und welche möglicherweise in Kooperationen wirtschaftlich und technologisch sinnvoll zu realisieren sind. Die neuen Technologien stellen zudem Anforderungen sowohl an die interne Weiterqualifizierung als auch die Ausbildung, denen wir bei Daimler schon seit längerem erfolgreich begegnen. Es wird aber auch Herausforderungen geben, die über das hinausgehen, was Unternehmen alleine leisten können.“ Prof. Dr. Thomas Weber, Vorstand für Konzernforschung und Mercedes-Benz Cars Entwicklung bei Daimler:
„Nachhaltigkeit muss ein globaler Anspruch sein. Damit sich alternative Antriebstechnologien aber großflächig am Markt durchsetzen, müssen alle gemeinsam an einem Strang ziehen. Und wenn die Politik gleichzeitig stabile und faire Rahmenbedingungen für die Kunden schafft, wird es uns gemeinsam gelingen, die nächste Ära individueller Mobilität maßgeblich aus Deutschland heraus zu gestalten.“ Erich Klemm, Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Daimler: „Die positiven Beschäftigungsprognosen der ELAB-Studie sind erfreulich. Damit ist allerdings keine Aussage darüber getroffen, wie sicher die Arbeitsplätze in den bestehenden Aggregatewerken bzw. in regionalen Automobilclustern sind. Darüber entscheiden die Unternehmen durch die Festlegung der Fertigungstiefe und der regionalen Produktionsstrukturen. Wir werden uns auf betrieblicher Ebene konsequent dafür einsetzen, dass die Elektromobilität die Chance der Beschäftigten in der Daimler AG wird und nicht ihr Risiko.“ Jörg Hofmann, Bezirksleiter der IG Metall Baden-Württemberg: “Das Marktszenario, das sich durchsetzt, wird die Veränderungen der Wertschöpfungskette und damit die quantitativen und qualitativen Beschäftigungswirkungen, prägen. Ob dieser strukturelle Wandel sozial verträglich stattfindet und sogar neue Chancen für qualifizierte Beschäftigung eröffnet, oder ob er als Jobkiller für Belegschaften und Region wirkt, hängt von den Investitionsentscheidungen über Standorte und Produkte ab. Das Automobilcluster Baden-Württemberg hat gute Chancen – sie zu nutzen ist die Verantwortung aller Akteure.” Dr. Jürgen Dispan, Projektleiter und Wissenschaftler am IMU Institut:
„Mit der Produktion von Hybrid- und Elektroautos ändern sich auch Qualifikationsanforderungen, die entsprechende Bildungsstrategien für die Beschäftigten in Fertigung und Montage erfordern. Einen wichtigen Part nimmt dabei die Qualifizierung ‚Umgang mit Hochvolt-Systemen‘ ein. Erweiterte Kompetenzanforderungen für Produktionsbeschäftigte resultieren zusätzlich aus der Optimierung des Verbrennungsmotors. Nur mit qualifizierten Fachkräften kann die Industrialisierung der neuen Komponenten des elektrifizierten Antriebsstrangs in Deutschland gelingen – und damit Beschäftigung und Wertschöpfung gesichert werden.“ Prof. Dr.-Ing. Horst E. Friedrich, Institutsleiter des Instituts für Fahrzeugkonzepte des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt: „Bis zum Jahr 2030 wird eine Vielzahl elektrifizierter Fahrzeugkonzepte parallel am Markt existieren. Rein verbrennungsmotorisch betriebene Fahrzeuge werden auch weiter einen hohen Marktanteil ausmachen. Durch die kontinuierlich steigende Elektrifizierung des Antriebsstrangs werden über Mild- Voll- und Plug-In-Hybride schließlich auch rein batterieelektrisch betriebene Fahrzeuge zunehmend marktrelevant.“ Dr. Nikolaus Simon, Sprecher der Geschäftsführung der Hans-Böckler-Stiftung: „Wir bedanken uns bei allen Forschern und Förderern der ELAB-Studie. Es liegen nun wissenschaftlich wertvolle sowie hoffentlich auch praktisch relevante Projektergebnisse vor. Dieser Projekttyp wird in der Forschungsförderung der Stiftung einen festen Platz finden.“ Quelle: Daimler