Erfolgreiches Beispiel für Energieeffizienz in einem Industrie-Unternehmen

Von Energystar @energynet

Weidmüller Energiemanager Bernhardt Köhler präsentierte beim dena Energieeffizienzkongress sein Engagement für Energieeffizienz und Klimaschutz., Quelle: Weidmüller

Es geht jetzt weiter mit dem dritten  Teil der Artikelserie zum Thema “Energieeffizienz in der Industrie”. Ich habe einige Unternehmen zu diesem Thema befragt, was sie selbst in ihrem Unternehmen zur effizienteren Energienutzung tun, wo die größten Potentiale zur Einsparung liegen und welchen Beitrag ihre Produkte liefern können. Für weitere Interviews bin ich noch auf der Suche nach interessanten Unternehmen. Darüber hinaus bewerbe ich innerhalb dieser Beiträge zwei Veranstaltungen zu diesem Thema “Energieeffizienz in der Industrie”.

Für diese Ausgabe habe ich ein Unternehmen gewinnen können, das selbst sehr aktiv und erfolgreich ist bei der Verbesserung der Energieeffizienz im Unternehmen. Das mittelständische Unternehmen Weidmüller Interface GmbH & Co. KG aus Detmold  ist ein Spezialist für industrielle Verbindungstechnik in den Bereichen Energie, Signale und  Daten. Mehrfach ist das Unternehmen bereits für seine Energieeffizienz-Erfolge ausgezeichnet worden und war auch mehrfach aktiv in Energieeffizienz-Netzwerken. Meine Fragen hat Energiemanager Bernhardt Köhler ausführlich beantwortet, wofür ich mich auch auf diesem Wege bedanke.

Was war die Motivation in Energieeffizienz zu investieren? Warum hat das Unternehmen begonnen sich für mehr Energieeffizienz zu engagieren?

Weidmüller, ein seit 160 Jahren existierendes Familienunternehmen, hat schon frühzeitig die Notwendigkeit der Energie- und Ressourceneffizienz erkannt. Nachdem wir in den 1980er Jahren erste große Schritte in Richtung Umweltschutz getan hatten mit aktivem Kunststoffrecycling und der Gründung eines Arbeitskreises Umweltschutz, setzten wir Anfang der 1990er bereits die ersten Wärmerückgewinnungssysteme ein. Kompressor-Verbundsteuerungen reduzierten die Druckluft, Halbierung der Heizkesselleistung senkte den Erdgasverbrauch, elektronische Vorschaltgeräte für die Hallenbeleuchtung sparten Strom. Und weitere Projekte dieser Art folgten. Im Jahr 2007 wurden wir mit dem 1. Preis des Energy Efficiency Award der dena – Deutsche Energie Agentur – belohnt. Weitere, teileweise hochkomplexe Effizienzmaßnahmen sind danach realisiert worden.

Welchen Anteil haben die Energiekosten im Unternehmen?

Bei einem Umsatz der Weidmüller Gruppe von 620 Mio. Euro im Jahr 2011 liegen unsere Energiekosten bei uns auf Benchmark-fähigem Niveau. Energieverbrauch und Energieeffizienz hatten und haben bei uns einen hohen Stellenwert. Seit Jahrzehnten widmen wir diesem Bereich eine besondere Aufmerksamkeit: Als ein international agierendes Wirtschaftsunternehmen achten wir natürlich auf unsere Kosten; vor allem wissen wir aber auch als Familienunternehmen um unsere Verantwortung für die nachfolgenden Generationen.


Wieviel konnte bisher eingespart werden?

Durch Ausweitung unserer Produktpalette, Umsatzsteigerungen und Erhöhung der Produktionskapazitäten ist der Energieverbrauch in den letzten Jahren angestiegen. Deshalb ist es nicht möglich, über den Standortverbrauch die Auswirkungen von Effizienzprojekten insgesamt zu ermitteln.

Die Erfolge einzelner Projekte geben uns jedoch in unseren Bemühungen Recht.

Als ein Beispiel sei ein Neubau an unserem Hauptsitz in Detmold angeführt: 2008 planten und bauten wir auf Basis der EnEV-2007 eine Produktionshalle mit ca. 11.000m² Bruttofläche. Diese Halle hat keine eigene Heizungsanlage. Sie wird über die Abwärme der Kompressoren, der Kälte- und Produktionsmaschinen versorgt. Für produktionsfreie Zeiten (Weihnachten und Neujahr) besteht eine Verbindung zur Kesselanlage eines Nebengebäudes.

Laut EnEV-2007 darf die Halle pro m² und Jahr ca. 400 kWh Energie verbrauchen. Unser Energieausweis ermittelte einen Verbrauch von 188 kWh / m² jährlich – dies ist eine Reduzierung von 53 Prozent.

Aktuell verbrauchen die neue Halle und das Nebengebäude ca. 30 kWh / m² pro Jahr. Bezogen auf den Basiswert der EnEV-2007 bedeutet dies eine Reduzierung von über 92 Prozent. Das Nebengebäude wird unterjährig mitversorgt; dort lag der Verbrauch vorher bei über 60 kWh / m² jährlich. Selbst unsere Rampenheizungen, die früher elektrisch betrieben wurden, funktionieren heute mit Abwärme.

Für die neue Produktionshalle benötigten wir auch eine neue Kompressoranlage. Neben der reinen Funktionalität waren auch Energieverbrauch und somit Energiekosten unter dem Aspekt der Lebenszykluskosten entscheidend.

Energieeffizienz-Projekte werden in der Planungsphase und vor der Realisierung kalkuliert. In den letzten 10 Jahren sind die Energiekosten permanent gestiegen. Deshalb berücksichtigen wir sowohl künftige Kostenveränderungen als auch die Lebenszykluskosten einer Investition.

Über unser Energiemanagementsystem erfassen und analysieren wir die Energieströme und die größten Verbraucher. Hierüber definieren wir weiteres Optimierungspotenzial.

Wie lange hat es im Durchschnitt gedauert, bis sich die bisherigen Maßnahmen amortisiert haben?

Je nach Projekt zwischen 6 Monaten und 4 Jahren, in Einzelfällen auch länger. Dies immer gerechnet mit dem jeweils zum Zeitpunkt der Ausführung gültigen Energiepreis.

Welche Rolle spielen dabei Energieeffizienz-Netzwerke?

Weidmüller ist bereits seit 2007 in einem Energieeffizienz-Netzwerk der EnBW aktiv. Diese Netzwerke bestehen aus 10 bis 18 Unternehmen meist unterschiedlicher Branchen. Man setzt sich Effizienzziele von 5 bis 10 Prozent. Die Netzwerke haben eine Laufzeit von drei Jahren. Wir sind bereits seit 2010 Mitglied im Folgenetzwerk, welches im April 2013 ausläuft, und planen uns am nächsten ebenfalls zu beteiligen. Allein in unseren Netzwerken gab es zwei weitere Award-Gewinner der dena, was deren Wirksamkeit bestätigt:

Die Verbindungen zwischen Unternehmen, Ideen und Erfahrungen stoßen immer wieder neue Energieeffizienzprojekte und -maßnahmen an, durch den gegenseitigen Austausch über Umsetzungen und Ergebnisse werden Potenziale optimal ausgeschöpft. Die EnBW unterhält derzeit 15 aktive Netzwerke, acht sind bereit abgeschlossen. Neben den EnBW-Netzwerken gibt es das Projekt „30-Pilot-Netzwerke“. Dieses wird vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gefördert, vom Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe wissenschaftlich begleitet und durch das Modell Hohenlohe organisiert. Für den Mittelstand hat u.a. die Watt Deutschland GmbH ebenfalls eine Netzwerk-Organisation aufgebaut. Es besteht ein reger Austausch zwischen den teilnehmenden Unternehmen innerhalb der Netzwerke und auch zwischen den Netzwerken selbst.

Wo liegen die größten Einsparmöglichkeiten in Industrie-Unternehmen?

Dies ist je nach Branche differenziert zu betrachten. Die bekannten Querschnitts-Technologien wie Beleuchtung, Druckluft, Heizung, Klimatisierung, Kälte bieten erste Handlungsfelder. Aber auch die Kern-Fertigungsprozesse sollten überprüft werden. Anlagen kommen in die Jahre, und in einigen Unternehmen bleiben sie lange Zeit mit energieintensiven Komponenten (Motoren, Pumpen, Ventilatoren usw.) ausgerüstet – hier besteht großer Überholungsbedarf. Zudem ist zu prüfen, ob eingebrachte Energie weiterverwendet werden kann – Stichwort: Wärmerückgewinnungssysteme. Unter dem Aspekt des Klimaschutzes bzw. der CO₂-Reduzierung sollten die verwendeten Energieträger betrachtet werden. Eine (1) kWh Strom erzeugt ca. 500 g CO₂, eine (1) kWh Erdgas ca. 200 g CO₂. Seit Kurzem gelangen die Mittelspannungs-Transformatoren in den Fokus der Energieeffizienz. Bei der Umwandlung erzeugt ein Trafo sowohl Leerlauf- als auch Kurzschlussverluste. Da Trafos mit potenziellen Einsatzzeiträumen von über 40 Jahren zu den langlebigsten Wirtschaftsgütern zählen, ist die Gefahr groß, dass viele Unternehmen lange Zeit Geräte mit niedriger Effizienzklasse im Einsatz haben. Hinzu kommt der Trafo-Standort. Oft findet man Mittelspannungs-Trafos an der Grundstücksgrenze. Von dort verlaufen dann Niederspannungsleitungen zu den einzelnen Verbrauchern. Diese Leitungen haben aber im Vergleich zu den Mittelspannungskabeln deutlich höhere Leitungsverluste. Deshalb sollten die Mittelspannungstrafos möglichst nah beim Leistungsschwerpunkt installiert werden. Hierdurch können Verluste zwischen 3 und 5 Prozent vom Gesamtverbrauch eingespart werden.

Was sind die Hindernisse für einen effizienteren Energieeinsatz in Unternehmen? Warum tun nur wenige Unternehmen bisher etwas für mehr Energieeffizienz?

Hier kann ich nur meine persönliche Meinung anführen:

Viele wissen nicht um die Vielfalt der Einsparmöglichkeiten, aber auch mangelnde Zeit neben dem Tagesgeschäft, Insensibilität gegenüber diesen Zukunftsthemen, Sorge vor Veränderungen beeinflussen unser Verhalten. Deshalb ist der erste Schritt, die erste durchgeführte Maßnahme, wie so oft im Leben, wichtig.

Bedingt durch unsere Mitarbeit in Energieeffizienz-Netzwerken, Arbeitskreisen der IHK und weiteren Netzwerken ist für uns erkennbar, dass bei den dort aktiven Unternehmen die Abarbeitung von Energieeffizienz-Potenzialen mittlerweile zum Tagesgeschäft gehört. Es wird zur Routine. Es ist genügend Einsparpotenzial vorhanden. Wer inaktiv bleibt, wird durch steigende Energiekosten und vom Markt bestraft.

Braucht es Fördergelder für mehr Investitionen in Energieeffizienz?

Die Förderung von Energieeffizienz-Maßnahmen ist in Deutschland gängige Praxis. Diese Gelder helfen speziell bei innovativen Leuchtturm-Projekten die Risiken der beteiligten Unternehmen zu mindern. Energieeffizienz kann aber schon mit kleinen Schritten, ohne Fördergelder, beginnen. Der berühmte Griff zum Lichtschalter ist hier symbolisch zu sehen. Wer sich aktiv dem Thema nähert, erkennt schnell die Potenziale, auch die einfachen „low hanging fruits“. Und wer auf dem Weg ist, traut sich auch steilere Etappen zu. Solch ein Start geht auch ohne Fördergelder.