Wenn sie an Podiumsveranstaltungen in diesen Wochen das Potential der erneuerbaren Energien erklären will, dann greift die Berner Energiedirektorin (und erklärt AKW-Gegnerin Barbara Egger gerne zu einem Vergleich: «Hätten Sie sich vor 20 Jahren träumen lassen, dass heute fast jeder ein Handy hat? Und was man damit alles kann?», fragt sie dann.
Es ist eines der realitätsnaheren Argumente im heftig geführten Abstimmungskampf um ein neues AKW in Mühleberg. Das Ja-Komitee aus bürgerlichen Politikerinnen und Politikern etwa malt das Schreckgespenst einer 320 hohen Staumauer bei Thun an die Wand. Die Talsperre, mit der das halbe Berner Oberland überflutet würde, wäre angeblich nötig, um gleichviel Strom zu erzeugen, wie dies «Mühleberg II» dereinst tun soll.
Die auf Fotovoltaik spezialisierte Firma Megasol aus Aarberg wiederum offeriert der BKW via «SonntagsZeitung», für exakt 13,64 Milliarden genügend Solarzellen auf öffentlichen Gebäuden und Privathäusern zu intallieren, um die Pläne für den neuen Meiler zur Makulatur zu machen. (Blendet man einmal die Frage aus, wie ein KMU ein 13-Milliarden-Projekt stemmen will, ist die Idee übrigens durchaus bedenkenswert). Darüber hinaus gibt es im Abstimmungskampf energiepolitische Schreckszenarien en masse, böse Worte sowieso und sogar Rücktrittsforderungen. In Bern fliegen für einmal die Fetzen.
© Martin Große / pixelio.de
Neben diesen grossen Worten und Zahlen nimmt sich ein weiteres Projekt geradezu wohltuend bescheiden und erdverbunden aus. Energie Wasser Bern (EWB), (LINK) der Stadtberner Energieversorger, hat diese Woche eine Studie über das Potential der Geothermie in Bern vorgestellt – und dies mit einer Zurückhaltung, die jeglichen Zusammenhang mit dem Abstimmungskampf (das EWB hat den Auftrag, bis 2039 aus der Atomenergie auszusteigen), verneinen lässt.Ein Geothermie-Kraftwerk sei «machbar», die Resultate «vielversprechend», waren die wohl euphorischsten Aussagen von ewb-Verantwortlichen, die über die Studie zu lesen waren: «Die geologischen Verhältnisse in der Region Bern rechtfertigen weiterführende Untersuchungen zur Erkundung geothermischer Ressourcen, wie die Grundlagenstudie ergeben hat.» Den Zeithorizont für ein Geothermie-Kraftwerk gibt das EWB mit 15 bis 20 Jahren an.
Nach dem Erdbeben in Basel im Jahr 2006, welches das Ende des dortigen Geothermieprojekts bedeutete, tut man alles, um keine grossen Hoffnungen zu wecken. Gemeinsam sieben Partnern, unter anderem dem Elektriztiätswerk der Stadt Zürich (EWZ), der Elektra Baselland (EBL) und den Industriellen Werken Basel (IWB), hat das EWB die Geo-Energie Suisse AG gegründet, die nun die Untersuchungen seriös und flächendeckend an die Hand nehmen soll. Erst wenn umfassend Resultate über die Eignung des Untergrunds im Mittelland vorliegen, wird über das weitere Vorgehen entschieden.
Und obschon noch kein Meter tief gebohrt ist (und man nicht einmal weiss, ob es je soweit kommt), macht das Projekt Hoffnung. Darauf nämlich, dass eine Energiequelle mit schier unerschöpflichem Potential erst einmal seriös erforscht wird, bevor man sie in den Himmel hinauf lobt. Und darauf, dass – vielleicht – einmal eine Energiedirektorin fragen kann: «Hätten Sie vor 20 Jahren geglaubt, dass Geothermie ein solches Potential hat?»