Er kann es!

Seit seinem letzten Soloalbum Das brennt so schön hat sich Olli Schulz drei Jahre Zeit gelassen. Aktuell kann man ihn an der Seite von Joko und Klaas in deren Sendung NeoParadise bewundern, wo er – wenn er auftaucht – mit charmantem Witz zeigt, wie gute Unterhaltung aussehen kann. Offenbar nutzt der Liedermacher seine Fernsehpräsenz nun aus, um auch sein musikalisches Ich davon profitieren zu lassen.

Auf SOS – Save Ollie Schulz musiziert sich dieser durch 14 chaotisch-schöne Geschichten. Schulz ist Poet mit Leib und Seele. Und zwar einer, dessen Texte auch nach mehrmaligem Hören noch wachsen und einen ganz kirre machen, weil sie so wahr sind. In Old dirty man etwa geht es ums Erwachsenwerden und was es bei allem Pseudogeschwurbel an guten Seiten haben kann: Der Ruhe etwa, die einen heimsucht, wenn man nicht mehr alles haben und nicht mehr jedem hinterherhechten muss. Jeder Vers, jedes Wort, jeder Betonung – alles klingt authentischer als alle MIAs, Revolverhelden und Silbermonds zusammen.

Koks & Nutten ist vielleicht das beste Beispiel für Schulzes Gespür für gute Texte. Da wird nicht rumgeseiert, da ist kein Gefühl versteckt und auch sonst nichts, auf das man selbst kommen muss. Die erzählten Geschichten sind manchmal verrückt, oft amüsant und immer berührend. Seine Texte leben von einer universellen Romantik. Dass die Musik drumherum so entspannt klingt, als wäre Jack Johnson auf eine Session vorbeigekommen, zeigt zudem, dass Olli Schulz einer der besten Liedermacher Deutschlands ist.

Interpret: Olli Schulz
Album: SOS
Plattenfirma: Trocadero (Indigo)
Veröffentlichungsdatum: 16. März 2012

Eigentlich haben Gewinner deutscher Castingshows keine lange Haltbarkeitsdauer. Eine Ausnahme stellt dabei Stefanie Heinzmann dar. Seit ihrer Entdeckung im November 2007 durch ihren damaligen Förderer Stefan Raab, hat sich die junge Schweizerin beständig weiterentwickelt. Auch mit ihrem nach ihr benannten neuen Album beweist sie, wie wohl sie sich in den Genres Rock, Funk und Soul fühlt.

Die erste Single Diggin’ In The Dirt steht nahezu exemplarisch für das gesamte Album: Hervorragend produzierte Stücke, die allesamt von der Spielfreude der Band, den Background-Sängerinnen und einer stimmlich alles überragenden Frontfrau leben. Neben Eigenkompositionen haben auch Musiker wie Jamie Cullum oder Kim Sanders Titel für Heinzmann geschrieben. Am Ende haucht diese sogar dem Isley-Brothers-Hit This Old Heart Of Mine neues Leben ein, macht ihn sich zu eigen und sorgt dafür, dass er sich nahtlos in die übrigen 12 Stücke einfügt.

Und plötzlich ist es dann gar nicht mehr verwunderlich, dass Stefanie Heinzmann sich so lange im eigentlich hart umkämpften Musikbusiness behaupten konnte: Optisch verändert hat sie sich bis heute nicht – obwohl die Popwelt mehr denn je von Äußerlichkeiten bestimmt ist. Man hat die Schweizerin machen lassen und wenn, dann nur sehr vorsichtig Schwerpunkte auf die Art von Musik gelegt, die ihrer Stimmfarbe am besten passt. So darf Funk-Rock mit Seele gern noch weitere Alben klingen.

Interpret: Stefanie Heinzmann
Album: Stefanie Heinzmann
Plattenfirma: Ssdsdsswemugabrtlad (Universal)
Veröffentlichungsdatum: 16. März 2012

Charlie Winston hat sich, ähnlich wie Olli Schulz, Zeit gelassen. Oder sie sich einfach genommen. Aus welcher Sicht man das auch immer betrachten mag, nach Hobo (2009) hat es fast drei Jahre gedauert, bis der Brite sein mittlerweile viertes Studioalbum, Running Still, präsentiert. Weil das Vorgängeralbum vor allem nach jeder Menge Vergangenheitsbewältigung klang, überrascht es umso mehr, dass Winston noch immer nicht so recht angekommen zu sein scheint. Allein der Albumtitel spricht Bände.

Es ist Winstons eindringliche Stimme, die (ob in Hello Alone oder She Went Quietly) über allem ragt. Egal ob treibende Gitarrenmelodien oder reduzierte Klavierbegleitung – alles das klingt so gekonnt, dass einen fast das Gefühl von Routine überfällt. Trotzdem wagt Winston hin und wieder doch den Blick über den musikalischen Tellerrand hinaus. In Where Can I Buy Happiness oder Rockin’ In The Suburbs schielt er in Richtung Rock und haut besonders im letzteren der beiden Stücke so sehr auf den Putz, dass man ihm wünscht, diesen Weg auch weiterhin zu gehen. Es gibt einen gutgelaunten Kreischchor, Winston selbst wirkt ausgelassen wie nie und die Spielfreude seiner Band überragt die sonst so sparsame Instrumentalisierung ihres Frontmanns in dessen traurigeren Stücken.

Mit Running Still ist Charlie Winston also tatsächlich noch nicht am Ziel seiner musikalischen Selbstfindung angekommen, mancher Song könnte auch vom zu Recht hochgelobten Vorgängeralbum stammen. Dass der kauzige Wolf sich aber weiterentwickelt hat, ist unüberhörbar.

Interpret: Charlie Winston
Album: Running Still
Plattenfirma: Warner Music International (Warner)
Veröffentlichungsdatum: 24. Februar 2012

Quelle:
Nachrichten -
Medien Nachrichten -
Durchgehört – Er kann es!

Tags:

Tags: Charlie Winston, Deutschland, DSDS, Olli Schulz, Stefanie Heinzmann

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