Er hat eine zwei Meter lange Nase

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Der weit gereiste Matrose erzählt zuhause von diesem Tier:

“Ich habe es gesehen, dieses Tier! Es ist doppelt so groß wie ein Ochse und, ob ihr es glaubt oder nicht, seine Nase ist zwei Meter lang. Mit dieser Nase kann es Baumstämme aufheben, trompeten, trinken und spritzen. Ja die Zähne stehen ihm fast einen Meter aus dem Mund heraus. Und seine Ohren sind so groß wie der Flügel eines Schwans. Manchmal ist das Tier zahm, dann sitzen ein halbes Dutzend Menschen in einer grossen Kiste auf dessen Rücken.”

Lügenbaron, mochten ihn die Leute gescholten haben …

Heute zuckt man mit den Schultern, wenn man das Tier sieht. In jedem Zoo und Zirkus tritt es auf, und man sagt: “Na und? Ein Elefant halt”. Man hat sich daran gewöhnt.

Wie schnell man sich doch an die verrücktesten Dinge gewöhnt. Dass man auf zehntausend Meter höhe in die Ferien fliegt und nach der Ankunft gar dem zuhause gebliebenen etwas direkt ins Ohr flüstert oder ein Filmchen übermittelt – keiner wundert sich darüber. Auch daran hat man sich gewöhnt.

Dass wir uns an Dinge gewöhnen können, hat gewiss viele Vorteile. Allerdings gibt es dabei auch ein interessantes Phänomen. Haben wir uns an eine positive Veränderung gewöhnt (neuer Gehalt, neues Auto, anderer Wohnort), dann nehmen wir sie nicht mehr wahr, und es entsteht wieder eine Unzufriedenheit – selbst bei Aspekten, die wir zuvor noch großartig fanden! Haben wir uns hingegen an eine negative Situation gewöhnt (Verlust, Downsizing, Krankheit) und sie also als normal akzeptiert, dann entsteht eigenartigerweise wieder eine gewisse Zufriedenheit man scheint in diesem Fall eher Raum für neue Erfahrungen zu gewinnen.

Es ist gut, wenn man alle die vielen Dinge, an die man sich bereits gewöhnt hat, wieder mit unverstelltem Blick betrachtet (zB. ein Buch, ein Storch, ein Sportgerät, ein Mensch). Ein kleines Kind ist da ein guter Lehrmeister.

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Zum gleichen Thema auf diesem Blog: Gewohnheit hin oder her


Savanne / 33cm x 14cm / Acryl auf Aquarellpapier / 2006, Nr.06-060 /