ER, DEN und die Augenpaare an der Scheibe

Von Guidorohm

Sie werden kommen, sie werden wieder kommen, ER hat es gesagt, auch wenn ich ihm nach seinem letzten heimtückischen Mord misstraue, ein grausames Verbrechen, das muss hier einmal gesagt werden, und nur zu vergleichen mit den Massenmorden damals, was heißt hier eigentlich damals, frage ich mich, der kein rechtes Zeitempfinden hat, der nicht einmal die Uhr lesen kann, jene Uhr, die man durch die Scheibe, die in wenigen Augenblicken von Nasen und Augen und Mündern gespickt sein wird, kaum erkennen kann, jene Uhr, von der ich nicht einmal weiß, ob es sie tatsächlich gibt, von der aber ER behauptet, sie müsse uns, ob es sie nun gäbe oder nicht, nicht weiter kümmern, beunruhigen müsse sie uns auch nicht, denn die Zeit, die uns gegeben sei, sollten wir lieber mit wichtigen Dingen verbringen, nicht aber mit der Suche nach einer Zeit, die man dann, hat man sie erst einmal gefunden, ja nicht einmal lesen kann, was schon wahr gesprochen sein könnte, von ER, der sich um uns kümmert, der mit einem Brüllen sein Weib begrüßt, während wir unter einem Stein kauern, zitternd, zwar flink, wenn es die Flucht veranlasst, aber flüchten möchten wir nicht, denn wo sollten wir am Ende denn auch hin flüchten, es würde uns wieder nur ein Stein bleiben, oder aber, dieser Vorschlag kam unlängst von einem Zellengenossen, den ich in Ermangelung eines Namens DEN genannt habe, wir würden uns in ER hinein flüchten, was aber unweigerlich unseren Tod zur Folge hätte, und somit von mir als tatsächlich diskussionswürdiger Vorschlag rasch zur Seite gelegt wurde, denn der Tod als Ziel kann nicht die Alternative sein, die es hier zu bedenken gilt, dies sagte ich DEN, der sich daraufhin unter einen anderen Stein zurück zog, wohl beleidigt, brütend über die Ungerechtigkeiten dieser Welt, DEN ist also nicht bei mir, während sich nun die Türen öffnen, um die Sonne und DIE herein zu lassen, die nun strömen, denn es ist Zeit, so versichert es ER mir, uns zu betrachten, die große Betrachtungszeit also, die Zeit der Observation, sie schieben ihre Köpfe an die Scheibe heran, sie rufen Unsinnigkeiten, klopfen und schreien, allein ich verstehe ihre Aufmunterungen oder Wünsche nicht, ich bleibe hier unter meinem Stein, denke ich, denn unter meinem Stein fühle ich mich sicher, dieser Stein ist mir Dach über dem Kopf und Heimat, ich werde ihn nicht verlassen, könnte mir aber einen Mitbewohner vorstellen, zumal bis vor wenigen Tagen noch DEN hier wohnte, den ich schon lange nicht mehr gesehen habe, aber was bedeutet schon lange bei einem völlig fehlenden Zeitbegriff, der aber, ich könnte mir so das zufriedene Schmatzen von ER erklären, ER im Magen liegt, was nicht schön wäre, denn von einer wirklich besseren Wohnung kann man da nicht reden, flüstere ich mir zu, spüre die Augenpaare, die mich mustern, Paare, die in alle Richtungen schielen, die sich trennen würden, wenn es das Gesicht nur erlauben würde, während die Zungen der Augenpaare Eis schlecken und uns fotografieren und trampeln und Krach schlagen, was ER nicht gerne hören wird, es wird ihn wieder wütend machen, ich bin mir sicher, und am Ende wird einer von uns dran glauben müssen, und das mir, der ich dem Glauben doch schon vor Urzeiten abschwor, ich kann das Versprechen in meine Genen rumoren hören, ich kann es spüren, hier unter meinem Felsen liegend, meinem kleinen Stein, der mir Hoffnung ist, der mir die letzten Tage auf Erden versüßen soll, denn Schutz und Wohnung braucht doch ein jeder, ich hab meine vom Staat erhalten, die Gesellschaft hat mich hier untergebracht, und nun werde ich es wohl oder übel ertragen müssen, tagtäglich von Augenpaaren angestarrt zu werden.
Ich habe nur dieses eine Leben.
Ich werde das Beste daraus machen.