EPublisher – überflüssig oder unverzichtbar?

Mit seiner KDP-Plattform hat Amazon einen breiten, gut ausgebauten Weg geebnet, der vom Autor direkt zum Leser führt. Für Schriftsteller ist diese ungefilterte Verbindung ein Traum – noch dazu bekommt er 70% Honorar, muss sich nicht über eine endlose Reihe von Absagen ärgern, hat volles Mitbestimmungsrecht und kann seine Werke ohne lange Wartezeiten an die Öffentlichkeit bringen.

Warum sollte ich also auf diese Rechte verzichten und meine Bücher einem ePublisher anvertrauen, der – ich sage es mal provokant – nichts anderes machen kann, als ich auch? Und warum soll ich ihm dafür auch noch Geld beziehungsweise einen Teil meiner Honorare geben?

Darüber habe ich mit Thomas Hoffmann, Gründer von publi4all.de gesprochen. Mit publi4all berät Thomas Autoren bei der Planung und Vermarktung von eBooks. Als ePublisher verlegt er auch eBooks.

Hallo Thomas, für alle, die dich nicht kennen. Stell dich und deinen Werdegang doch einmal kurz vor.

In meiner Verlagslaufbahn habe ich Vieles kennen gelernt. Besonderen Spaß haben mir Lektorat sowie die Entwicklung und Vermarktung neuer Bücher und Zeitschriften gemacht. Auch Buchvertrieb und Anzeigenverkauf mochte ich sehr. Dabei kommt man so eng mit den Lesern in Berührung, wie nirgends.
Bis 2011 war ich bei Oldenbourg Industrieverlag unter anderem für einen kleinen und hochspezialisierten Special Interest Bereich mit Fachzeitschriften und Büchern verantwortlich. Was hat mich nun getrieben, publi4all zu gründen? Als erstes wollte ich vieles anders machen.
Mich hatte bei der Verlagsarbeit immer gestört, mit welcher Oberflächlichkeit die Arbeiten von Autoren abgelehnt wurden. Anders als über Empfehlungen war es schier nicht möglich, dass das Manuskript eines Autors ernsthaft geprüft wurde. Freilich gibt es auch wirtschaftliche Gründe dafür. Das klassische Verlagsgeschäft wird nicht erst seit 2009 immer schwieriger. Man geht immer seltener Risiken mit unbekannten Autoren ein.
Und dann kann ja das eBook viel günstiger hergestellt und viel schneller zum Leser gebracht werden. JEDER kann heute sein eBook veröffentlichen, weil die Einstiegshürden viel niedriger sind – du hast in deiner Einleitung auf die Möglichkeiten hingewiesen, die zum Beipiel kindle Direct Publishing bieten.
Jetzt gleich die Kernfrage: Was kann ein ePublisher einem Autoren bieten?

Das lässt sich einfach beantworten: ich biete dem Autor ein dickes Paket an Leistungen, die er sich als Indie-Autor zusammenkaufen oder zeitintensiv selber erledigen müsste.
Weil mich als unabhängiger Verleger kein Jahrzehnte alter Kostenblock belastet, biete ich meinen Autoren deutlich bessere Tantiemen, als sie das von anderen Verlagen kennen. Darüber hinaus erhalten sie von mir ein eingehende redaktionelle Beratung und ein solides, auch inhaltliches Lektorat kostenlos. Die Platzierung des eBooks auf verschiedenen Vertriebsplattformen sowie die komplette Herstellung erhalten meine Autoren ebenfalls ohne eigene Investition.
Vor allem, wenn es darum geht, eBooks über andere Plattformen als kdp zu vertreiben, haben Autoren mit Einzelwerken übrigens erhebliche Mühe.
Vor dem Schreiben und Veröffentlichen der eBooks entwickle ich gemeinsam mit den Autoren Ideen, wie das eBook später vermarktet werden kann. Aßerdem habe ich im Lauf der Jahre eine Art Frühwarnsystem entwickelt, mit dem ich sehr bald sagen kann, wo sprachlich und inhaltlich feinjustiert werden sollte.
Und schließlich koordiniere ich nach Erscheinen des eBooks die Vermarktung und übernehme wichtige Teile davon. Freilich heißt das nicht, dass ein erfolgreiches Buch ohne die Aktivitäten der „Marke“ Autor auskommen kann. Das haben gerade auch die Beispiele erfolgreicher Indie-Autoren wie Amanda Hocking oder John Locke gezeigt.
Was sollte ein Autor unbedingt beachten, der sein Buch zum Erfolg machen möchte – egal ob er sein Manuskript einem ePublisher anvertraut oder ein Selbermacher ist?

Ein Autor muss Geschichten erzählen, das vergessen viele. Die Geschichten müssen durch sich selbst leben, durch Bilder etwa, Gerüche und Gefühle erreicht man das Herz des Lesers. Die Devise ist außerdem: direkt und schnörkellos erzählen. Alles andere legen einem die Leser als Unsicherheit aus.

Bevor man zu schreiben beginnt, sollte man sich auch noch überlegen, wer denn die Geschichte lesen soll. Je genauer das Bild ist, das ein Autor von seinem Leser hat, umso besser wird er ihn begeistern.

Am wichtigsten ist für einen Autor, sicherzustellen, dass es tatsächlich Leser gibt, die das eBook interessiert. Das hört sich gewaltiger an, als es in Wirklichkeit ist. Wenn man das Manuskript oder Teile davon möglichst vielen Testlesern gibt und diese anschließend systematisch nach Gefallen, Story und Stil befragt, kommt man ganz schön weit.
Gibt es das “Rundum-Sorglos-Paket”, bei dem ein Autor sein Manuskript beim Verleger abgibt, sich dann zurücklehnt und nur noch auf die Tantiemen wartet? Oder anders gefragt: Welche Pflichten hat ein Autor, die ihm niemand abnehmen kann?

Wie immer im Leben gibt es auch für Autoren kein Rundum-Sorglos-Paket. Es fängt schon damit an, dass ein verantwortungsvoller Verleger in einem frühen Entwicklungsstadium Schwächen des Manuskripts oder der Story aufzeigt. Und das mag kein Autor besonders gerne, selbst wenn er Einwände akzeptiert.

Darüber hinaus denke ich, das Schreiben eines Buchs – und erst recht eines eBooks – ist wie eine Schwangerschaft. Man trägt sich lange mit dem Gedanken, dann trägt man es neun Monate aus und nach der irre anstrengenden Geburt ist man lange Zeit verpflichtet, es groß zu ziehen.

Warum also sollte man einen Verleger brauchen? Nach meiner Meinung sollte ein Autor seinen Verleger als Mentor, Hebamme und Wegbegleiter sehen. Die Partnerschaft zwischen Autor und Verleger ist eine lange Beziehung, die keineswegs immer harmonisch ist. Der Verleger gibt Impulse im Hintergrund, wechselt die Windeln des Babys, bringt es in den Kindergarten.

Aber das Buch ist das Kind des Autors. Gerade das eBook verlangt vom Autor, dass er es in sozialen Medien kommentiert, dass er präsent ist, das Buch und sich als Marke pflegt. Dies alles kann der Verleger mit dem Autor zusammen planen. Der Verleger sollte dabei auch das organisatorische Rückrat sein, indem er zum Beispiel Twitter-Kampagnen enttwickelt und umsetzt. Aber ohne „soziales Feedback“ des Autors ist sein Buch verloren.

Wir stehen ja mitten in einem gewaltigen Umbruch, was unsere Welt der Bücher angeht. Welches ist für dich die bedeutendste Änderung?

Mich beeindruckt, dass heute jeder jede Information in Sekundenschnelle haben kann – abhängig davon, wie intelligent er danach sucht. Das gilt für Informationen aus dem Internet ebenso, wie für eBooks. Wenn ich also mal schnell Thackereys Jahrmarkt der Eitelkeiten überqueren oder mich wie Robinson Crusoe fühlen will…

So wird der Zugang zu echter Bildung und großem Wissen immer selbstverständlicher und Jahrtausende alte Zensurmechanismen einer kulturellen Elite versagen. Das ist für mich der eigentliche Hammer!

Amazons KDP hat den Vorteil, dass jeder Autor dort alles veröffentlichen kann. Sie hat aber auch den Nachteil, dass jeder Autor dort alles veröffentlichen kann. Sollten ePublisher ebenfalls alles veröffentlichen – oder denkst du, eine Vorauswahl ist notwendig?

Ich habe dieses Problem eigentlich nicht. Denn ich entwickle gerne Stoffe mit den Autoren zusammen und habe oft überzeugende Argumente für meine Anregungen.

Ich komme stets mit Menschen in Kontakt, die ich mag. Die Wahrscheinlichkeit, dass ich irgendetwas an den Büchern dieser Menschen mag, ist mithin groß.

So fällt es mir leichter, Kritik zu üben und eine Art Nachsitzen einzufordern. Im Übrigen denke ich, dass jeder mit seinem eigenen Stil viele Menschen erreichen kann, die ähnlich wie er ticken. Das zeigen ja gerade die Erfolge der Indie-Autoren, die von den Gralshütern etablierter Verlagen abgelehnt, aber von vielen Lesern geliebt wurden.

Zum Abschluss: Wo können wir dich im Netz finden?

Unter www.publi4all.de. Ich twittere als eBooksThomas und bin derzeit bei Facebook und Google +. Viele Kontakte habe ich auch über XING geknüpft.


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