Was bisher geschah:
Nein, bräsig am Hotelpool liegen war nicht das Ding von Jessica und Max. Seitdem sie in Alcudia vor Roland und dem Russen geflohen sind, bewegt sich unser Duo rastlos durch Südostasien. Na gut, sie wollen auch erfahren, was auf der gefundenen Speicherkarte ist, aber bevor das geschieht, gilt es Asien zu entdecken. Von Bangkok fuhren sie nach Siem Reap. Gibt´s in Kambodscha noch was zu sehen außer Angkor Wat?
Tomb Raider
Das große Kingsize-Bett im Hotel Bopha Angkor war wirklich sehr gemütlich und eigentlich wären Jessica und Max noch liebend gerne liegen geblieben, doch es ist ja schließlich Urlaub und da will etwas erlebt werden! Natürlich ist Siem Reap die Anlaufstelle für die nahegelegene Tempelanlage von Angkor Wat. Nach einem kontinentalen Frühstück traten die beiden hinaus in die bereits schwüle Morgenluft Kambodschas.
Einen Fahrer für die Besichtigung der Tempel von Angkor anzuheuern, sollte wirklich nicht die schlechteste Idee sein. Aus der schier unendlich erscheinenden Masse von willigen Tuk-Tuk-Besitzern, die sich nach Verlassen des Hotels direkt auf Jessica und Max stürzten, wählte Max einen kleinen dicken, der mit einem lustigen Tropenhut versehen war, aus. Es hätte auch jeder andere sein können, aber Max mochte die zurückhaltende Art des Mannes, der ihn nicht gleich am Arm packte, um ihn auf sein Gefährt zu verladen. Für 20 Dollar lösten sie einen Tagespass für den Angkor Archeological Park. Wog, der Fahrer, nahm für seine Dienste 6 Dollar. Dafür machte er ihnen den Guide, ließ sie an den verschiedenen Tempeln raus und wartete, bis die beiden mit den Besichtigungen fertig waren. Kein schlechter Deal und Wog wusste eine Menge zu berichten. Er erzählte von Khmerkönig Suryavarman II., der die teilweise wohl bereits bestehenden Tempelanlagen im 12. Jahrhundert restaurieren und weiter ausbauen ließ. Deren Ursprünge reichten wohl noch einmal hundert Jahre zurück. Ab dem 13. Jahrhundert hingegen gab es einen Baustopp, denn die Khmer hatten sich dem Buddhismus zugewandt. Seitdem verfallen die prächtigen Gebäude und Plünderer nahmen im Laufe der Jahre alles mit, was nicht niet- und nagelfest war.
Neben diesem historischen Exkurs streute Wog auch immer wieder einige interessante Anekdoten aus der Gegenwart ein. So diente zum Beispiel der Tempel Ta Prohm als Drehort für Szenen der Videospielverfilmung Tomb Raider mit Angelina Jolie. Und tatsächlich, Max hätte es nicht gewundert, wenn Lara Croft plötzlich mit ihren zwei Wummen aus diesen mythischen und kolossalen Ruinen hervorgesprungen wäre. Überhaupt waren beide von der Gigantonomie dieser 1000 Jahre alten Anlage schwer beeindruckt. Ein wenig irritiert hingegen waren sie über die unglaublichen Bewegungsfreiheiten, die Touristen hier genießen. So konnte man auf alles, was man hier sah, einfach raufkrabbeln. Teilweise führten verdammt schmale Stufen in die Höhe – manchmal gab es nicht mal die. Max fragte sich, wie viele tollkühne Entdecker von Angkor den Besuch wohl mit einem gebrochenen Genick bezahlt hatten. Den Gedanken wischte er jedoch rasch fort – war ja schließlich nur bürokratisch-deutsches Sicherheitsdenken und das war hier nun wirklich fehl am Platze. Viel mehr genoss er das Klettern und Springen zwischen den alten und großen Sandsteinen, aus denen die Tempel einst errichtet wurden. Jessica wiederum wähnte sich in einem Wunderland, als sie den Preah Khan Tempel betrat. Die Wurzeln der Bäume, die sich ihre alte Heimat zurückeroberten – schließlich musste der Urwald den Bauarbeiten des Tempels weichen – gaben ein surreales Bild ab.
Frittierte Froschschenkel
Nach sieben Stunden und fünf Tempeln waren sie mit neuen Eindrücken geflutet, der Speicher im Kopf voll und die Beine lahm. Hätten sie alles von Angkor Wat sehen wollen, dann wäre der Kauf eines 3-Tage-Tickets wohl angebracht gewesen. Doch für eine kurze Reise ins alte Reich der Khmer reichte es allemal.
Beim Abendessen – Max widmete sich riesigen frittierten Froschschenkeln, während Jessica es beim Reishuhn mit einer Shrimps-Suppe beließ – unterhielten sich beide über den möglichen weiteren Verlauf ihres Südostasien-Trips.
»Jay, Du solltest diese Froschschenkel wirklich mal probieren!«
»Och nö, lass mal, ich seh da eine Spur zu viel Knoblauch auf dem Teller.«
»Scherzkeks. Schmeckt wie Huhn, aber gut. Hör mal, ich hab mir ein paar Gedanken gemacht, was wir als nächstes in Angriff nehmen könnten.«
»Erzähl!«
»Siem Reap mit all seinem Komerz und den Annehmlichkeiten für uns Westler, ist mit Sicherheit nicht das wahre Kambodscha. Lust auf eine Reise ins Herz des Landes? Ich meine, so oft kommt man hier ja nicht vorbei.«
»Max, was immer Du sagst! Ich folge Dir überall hin. Die Tage bisher waren schon irre und meine Unternehmungslust ist noch lange nicht gesättigt.«
»Na dann leg ich noch eine Schippe drauf und schlage vor, wir fahren über Phnom Penh nach Saigon und treffen da den Buddy von Jai und lassen uns die Inhalte der Speicherkarte eben in Vietnam zeigen!«
»Ich bin dabei! Wie reisen wir?«
»Fliegen kann ja jeder und ich kann mir kaum vorstellen, dass die Straßen im Süden noch so viel schlechter sein können wie die auf dem Weg zur thailändischen Grenze. Vom Hotel hab ich erfahren, dass jeden Morgen ein Bus nach Phnom Penh fährt. Den sollten wir nehmen!«
»Sehr gern, Max. Du bist ein richtiger Macher!«, bemerkte Jessica anerkennend und schenkte ihm ein Lächeln.
Spinne? Nein, Danke!
Via Internetcafé und der Hilfe seines Reisebüros hatte Max die Route rasch geplant und bereits Zimmer in Phnom Penh und Saigon reserviert. Jai informierte er ebenfalls per Mail über seine Pläne und erhielt von dem Internetjunkie umgehend die Bestätigung und die Kontaktdaten von seinem Freund in Vietnam. Er rechnete mit einem Tag Reise in die Hauptstadt, einem Tag Aufenthalt und dann weiteren zwei Tagen bis Saigon. In fünf Tagen würden sie also die alte Kolonialstadt nicht unweit des Mekong-Deltas erreicht haben. Das klang aufregend und auch Jessica freute sich über den bevorstehenden Trip.
Zumindest in einem Punkt sollte Max sich irren: Die Straße nach Phnom Penh war noch um einiges übler als die nach Bangkok. Ganze acht Stunden dauerte der Trip und neben dem üblichen Schlaglochgeschüttel versauten sie sich noch gehörig ihre Kleidung. Das weiße Hemd von Jessica war nach einigen Stunden dunkelrot verfärbt. Grund hierfür war der rote Staub Kambodschas, der durch das geöffnete Dachfenster unentwegt auf die Fahrgäste niederrieselte. Eine Klimaanlage gab es nicht und so entschieden sich die Reisenden gegen Erstickung durch Hitze für Verschmutzung der Sachen und Lunge. Gut, was wollte man für 5 Dollar Fahrpreis auch erwarten? An einem Halt bot ein Händler ihnen frittierte Spinne an. Max erinnerte sich an seine Episode aus Myanmar und ergriff umgehend die Flucht. Diese Kambodschaner und ihre widerlichen Spinnen! Sie waren ziemlich am Ende, als sie am späten Nachmittag Phnom Penh erreichten, doch irgendwie auch glücklich. Gerade auf diesen Straßen, oder das was man in Kambodscha dafür hält, erfährt man noch das wahre und eigentümliche Reisen und das dies eben auch beschwerlich sein kann. Die gesammelten Eindrücke dieser Fahrt indes werden ein Leben lang konserviert und bieten herrliche Anekdoten für den späteren Small Talk auf Partys.
Belohnt für die Strapazen des Tages wurden sie einmal mehr durch das offenbar glückliche Händchen des Reisebüros, das für Max ein Zimmer in der Villa Langka reserviert hatte. Dieses wunderschöne und sehr überschaubare Boutiquehotel liegt umgeben von einem idyllische Garten im Herzen der aufstrebenden Stadt am Tonle Sap, einem Zufluss des berüchtigten Mekongs.
»Max, lass mal morgen ein bisschen ruhiger angehen.«
»Das hatte ich auch vor und hab etwas Deprimierendes aus dem Reiseführer gezogen. Tuol Sleng, das Genozid-Museum. Ein KZ der Roten Khmer in einer ehemaligen Schule.«
»Eijeijei.«
Fortsetzung folgt
———-
Mehr optische Eindrücke gefällig?