Episode 12

Erstellt am 23. August 2010 von Tobib

Was bisher geschah:

»Roland war mit Jessica nach Mallorca geflogen. Doch bereits kurz nach Ankunft auf der Baleareninsel gab es Streit. Bisher war Roland in diesem Situationen mit der Vogel-Strauß-Taktik ganz gut gefahren und so ging er auch dieses Mal einer Diskussion lieber aus dem Weg. Sie würde sich schon wieder einbekommen, tat sie schließlich immer. Doch dieses Mal nicht. Jessica verließ Unterkunft und Roland, während dieser vergnügt im Pool planschte. Während sie bereits in einem Taxi ihrer Zukunft entgegenfuhr, verpasste sie die Explosion des Vulkans Bork.

Dann kam der Hass

Zu Rolands Füßen hatte sich bereits eine kleine Pfütze gebildet. Mit nasser Badehose stand er im Eingangsbereich seiner Suite der Finca Sa Pletassa und brüllte immer wieder ihren Namen.
»Jesssssicaaaaaaa, ich brauch ein Handtuch, verdammt noch mal!«
Die Räume lagen im Dunkeln, von Jessica fehlte jede Spur. Fluchend setzte Roland sich in Bewegung, vergas dabei jedoch den glitschigen Effekt den Wasser auf Fliesen zu bilden imstande ist. Sein rechter Fuß fand bei seinem ersten Schritt in Richtung Bad keine Haftung und ließ ihn ins Schlittern geraten. Folge war ein unbeabsichtigter Spagat. Da sein Körper für Akrobatik dieser Art nicht trainiert war und er ein Dehnen oder gar Reißen der Muskel und Bänder im Bein vermeiden wollte, ließ er sich zur Seite fallen. Klatschend und völlig verdreht kam er auf dem Boden auf. Aus seinem linken Ellenbogen kam ein stechender Schmerz und aus seinem Mund recht unschöne Wörter. Er rappelte sich auf, hielt sich den Ellenbogen und hinkte ins Badezimmer, wo er das ersehnte Handtuch, jedoch keine Waschtasche von Jessica fand. Zurück im Wohnzimmer schaute er sich in aller Ruhe um. Irgendetwas fehlte und Roland kam auch recht bald darauf, was es war. Jessicas Koffer war nicht mehr da. An seiner Stelle lag ein Kofferbändchen der Flugbörse, welches sich gelöst haben musste. Sie war weg. Für einen kurzen Augenblick war Roland völlig starr vor Verwunderung und ja, auch einer Spur Traurigkeit. Dann kam der Hass. Roland brüllte wirres Zeug und spielte mit einer sich im Zimmer befindenden Stehlampe Fußball, wobei er sich den rechten großen Zeh verknackste. Er jaulte auf und schlug sofort eine Vase vom Regal. Das tat gut und die Vase nahm eine gehörige Portion Verantwortung für Jessicas Verschwinden auf, bevor sie in tausend Stücke auf dem Boden zersprang.

Noch nie hatte eine Frau ihn sitzen gelassen. Wenn, dann war es Roland gewesen, der den Damen einen amtlichen Laufpass ausstellte und sich danach ausgiebig vergnügte. Wie zuletzt vor vier Jahren bei Jessicas Vorgängerin Rachel. Der dunkelhäutigen Schönheit genügte es nach einem gemeinsamen Jahr nicht mehr nur das hübsche Beiwerk an Rolands Seite zu sein. Sie wollte mehr und vor allem eine große Portion vom Bork´schen Wohlstand. Als sie dies Roland in diplomatisch ungeschickter Weise mitteilte (»Ich habe die Pille abgesetzt und möchte mit dir eine Familie gründen«) bekam sie statt des erhofften Antrags einen filmreifen Rausschmiss und sie musste sich beeilen ihre Klamotten von der Straße vor Rolands Wohnung aufzusammeln, bevor sich Passanten der schönen Designerkleider annahmen. Weitere Diskussionen gab es nicht, denn Roland düste direkt am nächsten Tag mit seinem Freund Ole nach Kenia.

Wie einst Hemingway

Sie logierten im Kilifi Bay Beach Resort, direkt an den Traumstränden des Indischen Ozeans. Der Ärger über Rachel war nach Nächten mit der Engländerin Allison, der Niederländerin Wiebke und dem Zimmermädchen Joyce rasch vergessen. Doch natürlich brachte dieser rasche Frauenverschleiß wieder neue Probleme, da die Damen sich nicht als Einwegware verstanden. Der nun entstandenen Enge des Resorts entkamen Roland und Ole durch verschiedene Ausflüge, wobei Roland die Erkenntnis erlangte, dass er wahrlich kein Seebär ist. Ein Hochseeangelausflug geriet für ihn zum Desaster. Die See war rau an diesem Tag und doch hatte ein fröhlicher Roland bereits gleich zu Beginn der Jagd einen stattlichen Black Marlin an der Schnur. Nur rausziehen mussten ihn eben andere, nachdem das anhaltende Geschaukel des Bootes nicht mit Rolands Gleichgewichtssinn harmonieren wollte. Er übergab sich ins Wasser, in der Kabine, auf Deck, in den Schoß von Ole und wollte vor Verzweiflung irgendwann ins Wasser springen und an Land schwimmen. Die Crew musste ihn tatsächlich an der Reling mit Tauen fixieren, um seine wohl tödlich endende Flucht zu verhindern.

Dann doch eher die Safari durch den Tsavo Nationalpark. Neben Zebras, Flusspferden, und Antilopen konnte er hier Elefanten und Löwen in ihrem natürlichen Habitat bewundern. Er ärgerte sich lediglich über die strengen Tierschutzbestimmungen, denn gerne hätte er einen Elefantenfuß als Papierkorb in seinem heimischen Wohnzimmer gesehen. Auch konnte seinem Wunsch, eines der Tiere abzuknallen, wie es hier einst Ernest Hemingway tat (nicht das er was von ihm gelesen hätte, aber er sah viel fern), nicht entsprochen werden, da die Jagd auf Schalenwild in Kenia seit 1977 verboten ist. Seinen niederen Trieben fiel letztlich eine Giraffe zum Opfer. Das anmutige Tier, welches offenbar Menschen gewohnt war, näherte sich ihrem offenen Jeep, nachdem es von Roland durch heftiges Gestekulieren mit Äpfeln angelockt wurde. Gerade in dem Moment, als sich der lange Giraffenhals senkte und der Kopf des Tieres ganz nah war, handelte Roland. Blitzschnell zog er der Giraffe seinen alten Bundeswehrtropenhut über, bevor das Tier panisch die Flucht ergriff. Doch immerhin, der Hut hielt dank des Bändchens hervorragend und Roland bekam sich vor Lachen nicht mehr ein, wie die Giraffe da mit seinem Tropenhut auf dem Kopf davongallopierte. Die bösen Blicke und die mahnenden Worte der Guides konnten daran auch nichts ändern.

Niemand verkauft Roland Bork für dumm

Der Gedanke an den Giraffenfopp ließ ihn selbst jetzt, während er im verwüsteten Zimmer auf Mallorca saß, noch schmunzeln. Er hatte sich beruhigt und der Raum glich einem Schlachtfeld. Ob es die Trauer über den Verlust der einst geliebten Jessica war, oder die Wut darüber, von ihr eiskalt abserviert worden zu sein, konnte er im Moment nicht genau sagen. Er tendierte eher zu Letzterem. Doch eins stand fest: So einfach würde sie ihm nicht davonkommen. Von seiner Seite gab es noch Klärungsbedarf. Niemand, absolut niemand verkauft einen Roland Bork für dumm und schon gar keine blöde Uschi. Außerdem hatte sie ja noch etwas, ohne das sie davon Ahnung hatte, was für Roland von ungemeiner Wichtigkeit war.

Er griff zum Handy, geriert wieder in Rage, als er bemerkte, dass sein Ellenbogen immer noch höllisch schmerze, und tippte eine lange, sehr vertraute Zahlenfolge.

»Da?«, meldete sich eine krächzende Stimme.
»Sergej, ich brauch deine Hilfe.«
Stille am anderen Ende der Leitung.
»Die Schlampe hat mich verlassen und sie hat es bei sich. Du musst sie unbedingt finden.«

Fortsetzung folgt