(Ent)Wurzel(t)

Als hätte ich’s in dem Artikel ‘Eine  Reise von zu Hause nach daham‘ nicht schon gewusst, geahnt. Da ist es wieder dieses Gefühl, jetzt gerade sehr stark. Dürfte wohl daran liegen, dass ich gerade im Zug sitze und die Reise von daham nach zu Hause angehe.

Im Jänner sind es also dann definitv acht Jahre, die ich in Wien lebe. Die ersten Jahre waren wahrlich nicht einfach, der Kampf meines Lebens, die Aklimatisierung und die Neuorientierung. Mein Leben hat sich damals um mindestens 270° gedreht, verändert.

Mit der nötigen Distanz und der Zeit, die ja alle Wunden heilt, kann ich dem ganzen jetzt auch sehr viel Gutes abgewinnen, seit Jahren eigentlich schon. Ich habe mich entwickelt, weiterentwickelt, habe Fehler gemacht, daraus gelernt, habe manche Fehler noch einmal gemacht und noch immer nichts daraus gelernt. Oder doch?

Mein Lebensmittelpunkt ist Wien, ich habe hier einen Job, der mir extrem Spaß macht und bin seit einigen Jahr sehr gut hier verankert. Genau, klingt ja fast so, wie der Schlussatz bei ‘Trainspotting‘, als sich der Protagonist, ein stinknormales Leben wünscht:

Ich werde mich ändern. Ich mach jetzt reinen Tisch. Werd anständig und sag ja zum Leben. Ich freu mich schon drauf. Bald bin ich wie Ihr. Job, Familie, pervers großer Fernseher, Waschmaschine, Auto, CD und elektrischer Dosenöffner, Gesundheit, niedriger Cholesterinspiegel, Krankenversicherung, Eigenheimfinanzierung, Freizeitkleidung, dreiteiliger Anzug, Heimwerkertum, Game-Show, Junk-Fraß, Kinder, Spaziergänge im Park, geregelte Arbeitszeit, Fitness-Center, Auto waschen, ne Menge Pullover, traute Weihnacht mit der Familie, inflationssichere Rente, Steuerfreibeträge, Abfluss sauber machen, über die Runden kommen …

Klingt jetzt fast sarkastisch und zynisch, soll es auch teilweise, aber im Grunde steckt hier viel Wahrheit drin, vieles was man sich wünscht, so oder so ähnlich. Vieles davon habe ich jetzt, oder könnte ich haben, oder ‘brauch’ ich jetzt noch nicht, doch reduziert auf das Wesentliche: ich führ’ ein mehr oder weniger normales Leben, gehe einer Arbeit nach und zahle meine Steuern.

Ein einziger Punkt wird in dem Film und dem Zitat aber nicht aufgearbeitet, der Punkt, der mich gerade jetzt am meisten beschäftigt. Die Herkunft, die Wurzeln, der Schoss der Ursprungsfamilie. Diesen Schoss habe ich vor gut acht Jahren verlassen und jetzt war ich quasi auf Besuch.

Bitte nicht falsch verstehen, ich habe mich auf diesen Besuch, auf daham, sehr gefreut und trotzdem freu’ ich mich genauso jetzt wieder zum Beton zurückzukehren. Die Lichter meiner Stadt, sie haben mir gefehlt, obwohl der Sternenhimmel in den letzten klaren Nächten ein schönes Substitut war. Oder substituieren die Lichter meiner Stadt den Sternenhimmel und ich checks nicht!?

Sind meine Besuche in Villach, ein Urlaub von Wien oder ist mein Lebensmittelpunkt in Wien ein Urlaub von der kärntner Provinz? Es gibt kein ja oder nein, kein schwarz oder weiß. Diesmal gibt es das einfach nicht. Ja, es gibt eh immer Grautöne und wir sehen sie viel zu selten, aber es gibt einige Fragen des Lebens, die man doch mit einem einfachen ja oder nein beantworten können sollte! Oder?

Ich hab’ in meinen Jahren, indem das Exil mir eine Heimat geworden ist, viele Menschen getroffen, die viel regelmässiger und öfter ihre (alte) Heimat besuchen. So mindestens einmal im Monat, oder gar alle zwei Wochen. Unvorstellbar für mich. Die Brücken sind niedergebrannt, vieles hat sich verändert, Freunde sind verstreut, sehr verstreut. Ich hab’ mich verändert, das Leben hat mich verändert, manchmal weiß ich nicht, wer verrückter ist, das Leben, ich oder mein verrücktes Leben!?

Daham, bei jedem Besuch merke ich, dass mir die Stadt zu klein ist, viel zu klein, ich könnte mich weder beruflich noch privat verwirklichen, für einen Urlaub ist es wirklich traumhaft, schliesslich ist ja Kärnten auch das schönste Bundesland Österreichs. Doch ich kann mir schwer vorstellen, hier meine Zelte irgendwann wieder aufzuschlagen, für immer, sesshaft zu werden, alt zu werden und dort meinen Lebensabend zu verbringen.

Ich freu mich auf Wien, meinen Hieb, meine Gegend, meine Freunde, das erste Bier heute Abend, die Gesichter, mein zu Hause.

Irgendwer hat einmal gesagt, zu Hause ist, wo du geliebt wirst…

Schlauer Satz, genialer Satz, das würde ja wirklich bedeuten, dass man mehrere ‘zu Hause’ haben kann, soll, darf oder gar muss. Nicht?

Ich könnt hier noch einiges schreiben, einige Gedanken, die wie wild in meinem Hirn stürmen, doch ich merke, dass der Artikel schon jetzt zu sehr an einem roten Faden vorbei geht. Und das Schöne daran ist, dass es egal ist, weils mein Blog und mein Artikel ist! ;)

Manchmal fühl’ ich mich wie eine Topfpflanze, die umgetopft wird, vom Balkon zu einem Fensterplatz, ans andere Ende der Wohnung. Ich fühl’ mich wohl in beiden Töpfen wohl, in dem einen halt ichs länger aus, als in dem anderen und doch brauch ich von beiden ab und zu Urlaub.

Hmm, und jetzt gerade ist so die Zeit, in der ich mich ein wenig entwurzelt fühle, wo ich ein wenig in der Luft hänge, weil ich gerade umgetopft werde…

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