Positive Nachrichten hatten die Statistiker des Statistischen Bundesamtes vermeldet. Um 1,2 Prozent lagen die Reallöhne im zweiten Quartal 2014 über den Werten des Vorjahresquartals. Auch nach Berücksichtigung der Inflation haben Arbeitnehmer also 1,2 Prozent mehr Geld. Und tatsächlich war diesmal nicht nur eine Ausweitung der Arbeitszeit oder Sonderzahlungen verantwortlich, sondern auch eine Erhöhung der Stundenlöhne der wichtigste Auslöser. Allerdings lohn sich ein Blick zurück. Denn bei aller Freude über den Anstieg haben sich die Arbeitseinkommen seit 2007 sehr negativ entwickelt.
Entwicklung der Reallöhne. Zunahme zum Vorjahresquartal (blau) und Gesamtentwicklung seit 2007 (rote Linie, 2007=100). Quelle: Statistisches Bundesamt
Im Jahr 2013 lagen die Reallöhne gerade mal 3,4 Prozent höher als 2007. das hört sich nach viel an, bedeutet aber ein Lohnplus von 0,48 Prozent pro Jahr, trotz ständigen technischen Fortschritts. Hinzu kommt, dass insgesamt vor allem die oberen Gehaltsgruppen profitiert haben. Mit Ausnahme der ungelernten Arbeiter gilt: Je höher die Qualifikation, desto höher auch das Gehaltsplus. Weil höher qualifizierte Mitarbeiter bereits in der Vergangenheit mehr verdient haben kann man auch sagen: Je höher das Einkommen, desto größer der Zuwachs.
Einzige Ausnahme von dieser Regel sind die ungelernten Arbeiter, ihr Gehalt legte seit 2007 um 12,9 Prozent zu und damit stärker als die Einkommen von angelernten Arbeitern und Facharbeitern. Das kann daran liegen, dass viele ungelernte Arbeiter in der Industrie arbeiten, in der es bei Tariferhöhungen oft einen pauschalen Zuschlag gibt. Untere Einkommensgruppen profitieren davon besonders. Bei den Facharbeitern und angelernten Arbeitern wird dieser Effekt aber davon überlagert, dass in anderen Branchen vor allem die höheren Einkommensgruppen profitierten. Im 2. Quartal 2013 gibt es diesen Effekt übrigens nicht, je höher die Qualifikation, desto höher das Einkommen.
Dabei ist die Inflation aber noch nicht berücksichtigt, die Preise stiegen im gleichen Zeitraum um 10,0 Prozent. Ein echtes Realeinkommen für diese Gruppe gibt es leider nicht. Dazu müsste man eine eigene Inflationsrate für ungelernte Arbeiter erheben, denn die Teuerung trifft nicht alle Einkommensgruppen gleich stark, weil die Preissteigerung von Produkt zu Produkt unterschiedlich ist und verschiedene Gruppen unterschiedlich konsumieren. Preisanstiege bei Mieten und Energie treffen beispielsweise untere Einkommensgruppen stärker, solche bei Reisen, Yachten oder Champagner dagegen die oberen.
Entwicklung der Nominallöhne (also ohne Berücksichtigung der Inflation) seit 2007 für verschiedene Qualifikationsgruppen. Quelle: Statistisches Bundesamt
Die Entwicklung der Arbeitseinkommen zu messen ist ohnehin schwierig, weil regelmäßig neue Arbeitnehmer den Markt betreten und alte ausscheiden. In der Vergangenheit lag die Entwicklung der Einkommen teilweise auch deshalb niedrig, weil ehemalige Arbeitslose eine (schlechte bezahlte) Stelle fanden. Damit sank das Durchschnittseinkommen und mitunter auch das Einkommen von Arbeitslosen, obwohl das Gesamteinkommen stieg ("Will-Rogers-Phänomen").
Wie die Gehaltsentwicklung ohne diesen Einfluss wäre, lässt sich kaum berechnen. Sicher sagen kann man aber: Auch nicht besonders gut. Auch Steuereffekte, beispielsweise die Kalte Progression, sind dabei nicht berücksichtigt. Gut möglich, dass am Ende beim Nettolohn sogar ein Minus steht.