Angesichts der eingeleiteten Energiewende und den damit zusammenhängenden Herausforderungen an die deutsche Energiepolitik plädierte, der wiedergewählte Präsident des NABU, Olaf Tschimpke für eine Stärkung des Natur- und Klimaschutzes. “Wir brauchen ein cleveres Energiesystem, das im Einklang mit den klimapolitischen Erfordernissen umgebaut wird und dabei nicht den Natur- und Artenschutz unterläuft”, betonte Tschimpke.
Die deutsche Energiepolitik müsse nachhaltig und verlässlich am künftigen Bedarf und an ihrer ökologischen Verträglichkeit neu ausgerichtet werden. Eine erfolgreiche Energiewende sei nur möglich, wenn sie künftig besser koordiniert und verständlich kommuniziert werde, unterstrich der NABU-Präsident. Es könne nicht sein, dass dieses ‘Gemeinschaftsprojekt’ von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Dauerstreit zwischen den Bundesministerien zerfasere.
Daher sollte ein Lenkungsausschuss auf Ebene der Staatssekretäre am besten direkt beim Kanzleramt angesiedelt werden. Es reiche nicht aus, wenn das Monitoring für den Atomausstieg in die Hände einer kleinen Expertengruppe gelegt wird, deren Unabhängigkeit bereits in Zweifel steht. “Aufbauend auf den Vorschlägen der Ethik-Kommission brauchen wir eine breite gesellschaftliche und parlamentarische Beteiligung bei den Fragen zur weiteren Ausgestaltung und Umsetzung der Energiewende”, forderte Tschimpke.
Mit Nachdruck appellierte der NABU-Präsident an Bund und Länder, bei unvermeidbaren Eingriffen in den Naturhaushalt für anspruchsvolle Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen zu sorgen. Als Kernstück des Naturschutzes in Deutschland müsse die Eingriffsregelung dringend gestärkt und nicht etwa aufgeweicht werden. “Jeder Bau eines Gewerbegebiets, eines Windparks oder einer Straße ist eine Beschneidung wertvoller Fläche, die der Natur genommen wird. Nach dem Verursacherprinzip müssen solche Eingriffe mit realen Naturschutzmaßnahmen ausgeglichen werden. Ein ‘Ablasshandel’ durch Geldersatzzahlungen darf nicht gefördert werden”, forderte Tschimpke.
Tschimpke forderte zudem Bundeslandwirtschaftsministerin Aigner auf, den Vorschlag der EU-Kommission zur Agrarreform als Chance für den ländlichen Raum zu nutzen und die Umweltauflagen zu verbessern, statt sie zu verwässern. So gelte es, die ökologischen Vorrangflächen gegen die anhaltende Polemik der Agrarlobby zu verteidigen. Mit der verpflichtenden Schaffung einer “ökologischen Infrastruktur” in der Agrarlandschaft könne ein dringend erforderlicher Beitrag zum Stopp des Artensterbens sowie zum Schutz von Gewässern, Böden und Klima geleistet werden.
In Anbetracht des weltweiten Bevölkerungswachstums und des steigenden Bedarfs an Lebensmitteln, Trinkwasser, Rohstoffen und Energie, riefen die NABU-Bundesvertreter dazu auf, verbindliche Einsparziele zur Reduzierung des absoluten Verbrauchs natürlicher Ressourcen durchzusetzen. In Vorbereitung des Rio+20 Gipfels der Vereinten Nationen müsse sich die EU das Ziel setzen, den jährlichen Materialverbrauch in Europa von derzeit 16 Tonnen pro Kopf auf das global gerechte Maß von sechs Tonnen pro Kopf im Jahr 2050 zu senken.
Scharfe Kritik gab es auch an der Novelle des Kreislaufwirtschaftsgesetzes. Die Bundesregierung müsse endlich den klaren Vorrang für ein hochwertiges Recycling vor der Verbrennung von Abfällen durchsetzen, um damit die Ressourceneffizienz und Rohstoffsicherung in Deutschland deutlich zu erhöhen. Weiterhin forderten die NABU-Bundesvertreter von der Bundesregierung, ihre Blockade einer ambitionierten EU-Richtlinie zur Energieeffizienz aufzugeben und einen umfassenden Markt für Energieeinspar-Dienstleistungen zu schaffen.