Energiehungriges Brasilien hat unstillbaren Appetit

Von Nu
Brasilien, der südamerikanische Schwellenstaat, dessen Dynamik man im alten Europa bewundert, will wachsen. Noch gibt es einen großen Teil der Bevölkerung, der von einem Wohlstand im europäischen Maßstab meilenweit entfernt ist. Aber dieser Teil der Bevölkerung will auch etwas vom Wohlstandskuchen haben. Deshalb setzt die brasilianische Politik erst einmal auf Expansion des Energiekonsums, denn schließlich winken die Ölfunde in den Tiefen des Atlantiks vor der langen brasilianischen Küste und die Wasser des Amazonas, wo es immer noch Flüsse gibt, die man mit einem elektrizitätsproduzierenden Staudamm versehen kann. Fachleute gehen davon aus, dass Brasilien seinen Energieverbrauch bis 2020 um 60% steigern wird.
Wie Wasserkraftwerke haben vorerst oberste Priorität in der brasilianisches Energiepolitik. Im nächsten Jahrzehnt sollen noch 24 Wasserkraftwerke gebaut werden, 10 davon in der Amazonas-Region. Sie sollen auf Grund ihrer Größe 15.000 der 18.000 Megawatt produzieren, die von 2016 bis 2020 in der brasilianischen Stromproduktion neu eingeplant sind. Das größte Staudammprojekt ist das von São Luís do Tapajós, das 6.130 Megawatt produzieren soll. Es produziert damit mehr als doppelt soviel wie das Werk von Jirau in Rondonia, wo es vor kurzem einen Arbeiteraufstand wegen schlechter Arbeitsbedingungen gegeben hatte. Die großen Wasserkraftprojekte wie Belo Monte und eben vorgenanntes Werk in Rondonia sind immer stärker umstritten und stehen im Mittelpunkt brasilianischer und internationaler Kritik. Auch Regierungsstellen geben inzwischen zu, dass diese gigantischen Projekte einen erheblichen Einfluss auf die Umwelt und die dort wohnenden Menschen, insbesondere der indigenen Bevölkerung haben. Dabei verletzt Brasilien auch nationale Gesetze und internationale Vereinbarungen. “Unsere Gesichte ist leider nicht die, gesetzliche Regelungen zu respektieren, sondern sie zu missachten”, erklärt ein Fachmann die Situation.
Es gibt jedoch eine erneuerbare Energiequelle, die in Brasilien in letzter Zeit einen erheblichen Aufschwung genommen hat. Es ist die Windkraft. Die Stromproduktion von dieser Energiequelle soll sich in den nächsten 10 Jahren um das 14-fache erhöhen. Gesmar Rosa dos Santos, Forscher am Institut für angewandte Wirtschaftsforschung (Ipea), glaubt, dass die Aussichten für die Windenergie sich in den nächsten Jahren erheblich verbessern werden. “Man weiß inzwischen, dass das Windkraftpotential sehr groß ist. Man hat eine Planung mit einer gewissen Sicherheitsmarge gemacht, aber die Möglichkeiten sind viel größer, wenn der private Sektor mit Macht auf den Markt drängen wird”, erklärt er. Im Hinblick darauf, dass man damit eine “saubere” Energiequelle zur Verfügung und nicht mit den sozialen Problemen und Umweltbeeinträchtigung zu kämpfen hat, sieht er hier die größten Wachstum Möglichkeiten.
Aber man verzichtet ja nicht gerne auf Großprojekte, mit denen die Energiemonopole das Geschäft im Griff behalten. Der Präsident der Unternehmens für Energieforschung (EPE) ist der Ansicht, dass die Wasserkraft weiterhin Priorität haben wird, aber die Energie aus Windkraft und Biomasse aufholen werden. Dabei könnte Brasilien viel besser dastehen. Nach Ansichten des Präsidenten der brasilianischen Gesellschaft für Erneuerbare Energien und Umwelt (Abeama) hätten viele Probleme vermieden werden können, wenn die Regierungen mehr Anreize für alternative Energien gegeben hätten. Er ist der Meinung: “Weil es billiger ist, verwüstet man. Sie werden Amazonien erledigen, weil sie produzieren müssen. Ich würde nicht auf eine Investition in die Wasserkraft verzichten, aber ich würde auch Anreize für eine Investition in die Solarenergie geben, denn auf dem Sektor sind wir noch sehr zurück.”
Trotz des hohen Anteils an Wasserkraft setzt Brasilien immer noch zu einem großen Teil auf Energiegewinnung aus klimaschädlicher Produktion, insbesondere thermische Kraftwerke, die mit Kohle und Öl betrieben werden. Strittig sind bezüglich der Folgen für die Klimaerwärmung auch Biomasse-Kraftwerke, für die eine Steigerung der Poduktion bis zu 9.000 Megawatt vorgesehen ist.
Und die Nuklearenergie? Die Katastrophe von Fukushima hat die brasilianische Regierung insofern beeindruckt, dass man vom Plan des Baus von neuen Atomkraftwerken abgerückt ist. Wenigstens vorläufig. Befürworter dieser Techniker geben sich optimistisch, dass man die Regierung von diesem Weg wieder abbringen kann. Der Präsident des staatlichen Unternehmens für Energieforschung (EPE), Maurício Tolmasquim, beschreibt warum: “Wir müssen bedenken, dass Brasilien hier ein großes Potential hat, den Vorgang der Anreicherung von Uran beherrscht und das sechstgrößte Vorkommen von Uran auf der Welt hat. Somit sollten wir uns dieser Technologie nicht verschließen.” Die Atomkraftwerke von Angra dos Reis, Angra 1 und Angra 2 produzieren derzeit 2.007 Megawatt. Bis 2016, wenn Angra 3 den Betrieb aufnimmt, soll die Leistung auf 3.412 Megawatt erhöht werden.
Informationsquelle
Energia eólica avança no Brasil, mas fontes tradicionais mantêm prioridade – Brasil Atual