Energieeffizienz wird zu einer wichtigen aber weiter unterschätzten Energiequelle

Von Energystar @energynet

Staatssekretär Stefan Kapferer (2.v.r.), mit Dr. Fatih Birol, Internationale Energieagentur (2.v.l.), Dr. Peter Blauwhoff, Deutsche Shell Holding GmbH (links) und Prof. Dr. Ottmar Edenhofer, Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (rechts) ©BMWI

In der vergangenen Woche gab es ein wichtiges Ereignis, auf das ich bisher noch nicht eingegangen bin. Auch in anderen Energieblogs wurde es nicht erwähnt. Für die Energiewelt  ist jedoch die jährliche Veröffentlichung des World Energy Outlook von der Internationalen Energieagentur (IEA) ein bedeutendes Ereignis.

Was man lesen konnte, war aber meistens nur geprägt von den üblichen Reflexen. Die IEA propagiere wieder einmal die unendliche Verfügbarkeit der fossilen Rohstoffe und schätze die Preisentwicklung dieser falsch ein. Auch die Wachstumsprognosen der erneuerbaren Energien werden von der IEA wieder falsch eingeschätzt. So die Kritik von Hans-Josef Fell an dem neuen World Energy Outlook, die er sicher auch schon in den letzten Jahren so veröffentlicht hat.

In der Tat ist der World Energy Outlook eine Beschreibung der weltweiten Energiepolitik, die immer noch überwiegend auf fossile Rohstoffe setzt und diese entsprechend hoch subventioniert. Mit 523 Milliarden US-Dollar (im Jahre 2011) wird versucht weiterhin eine scheinbar günstige Versorgung mit fossilen Energieträgern aufrecht zu erhalten.  Die Tendenz ist stark steigend, die Subventionen sind im Vergleich zu 2010 um 30% angestiegen, und um das sechsfache höher als bei erneuerbaren Energien. Hauptgrund für die gestiegenen Subventionen sind die gestiegenen Ölpreise.

Aussagen des World Energy Outlook 2012 zur Bedeutung der Energieeffizienz werden kaum wahrgenommen

Die IEA zieht aber in diesem Jahr eine interessante Schlussfolgerung, auf die kaum jemand in den Medien eingegangen ist. Fast alle haben sich auf die gestiegene Öl- und Gasförderung gestürzt, auf den größten Abschnitt im World Energy Outlook zur Bedeutung der Energieeffizienz ist kaum jemand eingegangen. Lediglich im Blog ecoquent-positions wird kurz auf den Beitrag zur Energieeffizienz auf den Klimaschutz eingegangen.

Der Energieeffizienz wird in der Studie jedoch eine wichtige Option zugestanden, wobei es mit den derzeitigen Anstrengungen bei weitem nicht gelingt das wirtschaftliche Potential auszuschöpfen. Viele Länder wollen ihren Energieverbrauch mit Effizienzmaßnahmen verringern, doch erhebliche Teile des Potentials, besonders im Gebäudesektor, bleiben nach wie vor ungenutzt.

Die Technologien zur Energieeinsparung sind da, es gibt jedoch noch Barrieren auf dem Markt, die ihre wirtschaftliche Umsetzung erschweren. Erfolgreiche Maßnahmen könnten einen gewaltigen Effekt auf die globalen Energie- und Klimatrends erzielen und zu Energieversorgungssicherheit,  Wirtschaftswachstum, sowie zu Umwelt- und Klimaschutz beitragen.

Das Wachstum des weltweiten Primärenergieverbrauchs bis 2035 würde sich um die Hälfte reduzieren. Der Ölverbrauch würde kurz vor 2020 seinen höchsten Stand erreichen und wäre 2035 um fast 13 mb/d (Millionen Barrel pro Tag) geringer – ein Rückgang, welcher der heutigen Fördermenge von Russland und Norwegen zusammen entspräche.

Eine erfolgreiche Umsetzung hängt von den einzelnen Ländern und Sektoren ab, es werden jedoch sechs Grundprinzipien genannt: (Zitate aus der Zusammenfassung des World Energy Outlook 2012, deutsche Ausgabe)

->Energieeffizienz muss deutlich sichtbar gemacht werden, indem ihre Messung verbessert und ihr wirtschaftlicher Nutzen aufgezeigt wird.

 ->Die Bedeutung der Energieeffizienz muss erhöht werden, damit diesbezügliche Fragen Eingang in Entscheidungsprozesse auf Regierungsebene, in der Wirtschaft und in der Gesellschaft finden.

->Die politisch Verantwortlichen müssen Energieeffizienzmaßnahmen erschwinglicher machen, indem sie geeignete Geschäftsmodelle, Finanzierungsinstrumente und Anreize schaffen und fördern, um sicherzustellen, dass Investoren einen angemessenen Anteil an den Erträgen erhalten.

->Durch Kombination von Gesetzesmaßnahmen, von denen zum einen Negativanreize für die am wenigsten effizienten Konzepte ausgehen, und zum anderen Anreize für die Einführung der effizientesten Lösungen, können staatliche Instanzen dafür sorgen, dass energieeffiziente Technologien etabliert werden.

->Kontrolle, Überprüfung und Durchsetzung sind unerlässlich, damit sich die erwarteten Energieeinsparungen tatsächlich einstellen.

->Diese Schritte müssten durch höhere Investitionen in energieeffizienzbezogene Governance‐ und Verwaltungskapazitäten auf allen Ebenen unterstützt werden.

Reaktion in der deutschen Politik auf den World Energy Outlook

In Deutschland wird die Verkündung des WEO und die Bedeutung der Energieeffizienz zur Kenntnis genommen, das Wirtschaftsministerium hat dazu eine Pressemeldung heraus gegeben. Aber eine konkrete Schlussfolgerung und Reaktion gibt es nicht, vermutlich meint man schon auf dem richtigen Wege zu sein. Der Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, Stefan Kapferer, begrüsst, dass der Weltenergieausblick dabei den Stellenwert von Energieeinsparung und Energieeffizienz für die Lösung der langfristigen Energie- und Klimaprobleme hervorhebt. Er sieht darin eine Bestätigung für die von der Bundesregierung beschlossene Energiewende.

Nach Einschätzung der IEA werden im Rahmen der bereits geplanten politischen Maßnahmen zwei Drittel des globalen Energieeffizienzpotenzials nicht ausgeschöpft. Durch die Realisierung dieser Effizienzpotenziale könnte die internationale Staatengemeinschaft jedoch fünf Jahre mehr Zeit gewinnen, um den Umfang der vertretbaren CO2-Emissionen so zu begrenzen, dass das 2°C-Ziel erreichbar bleibt.

Fatih Birol würde auf Energieeffizienz als stärkste alternative Energiequelle wetten

Jetzt werden vermutlich die Solarfreunde wieder schimpfen, dass er die Bedeutung der Solarenergie falsch einschätzt. Doch erst mal der Reihe nach, in einem Interview mit der Website oecdobserver.org sieht Fatih Birol, der Chefökonom und Direktor für Weltenergiewirtschaft der IEA, das Ende des billigen Öls und auch die begrenzten Möglichkeit der Politik auf die Ölpreise einzuwirken. Er sieht die Notwendigkeit eines breiten Energiemixes, aber wenn er eine alternative Energiequelle hervorheben müsste, dann würde er auf Energieeffizienz setzen.

Im globalen Energieeffizienz-Szenario könnte der weltweite Energiebedarf um die Hälfte reduziert werden. Die eingesparte Menge an Öl würde der Produktion von Russland und Norwegen entsprechen und das eingesparte Gas wäre so hoch wie der Bedarf der USA im Jahr 2010. Dies würde auch erheblich wirtschaftliche Potentiale freisetzen. Worauf warten wir dann noch?