Energieeffiziente Gebäudehülle sollte Vorrang vor Anlagentechnik haben

Passivhaus in Darmstadt, Quelle: Johannes Gerstenberg/ pixelio.de

Passivhaus in Darmstadt, Quelle: Johannes Gerstenberg/ pixelio.de

Es gibt glücklicherweise selten Meldungen, die bei mir heftige Widersprüche auslösen. Aber wenn ich selbst erkenne, dass zwei Branchen gegeneinander ausgespielt werden, um selbst Aufmerksamkeit für ein scheinbar vergessenes Thema zu erreichen, dann kann ich eine solche Meldung nicht unkommentiert lassen. Konkret geht es um die Presseinformation des Bundesverbandes Solarwirtschaft e.V. zu Sonnenhäuser, die besser für das Klima sein sollen als Passivhäuser.

Die Nutzung der Solarthermie ist, durch den Erfolg der Photovoltaik in den vergangenen Jahren, in der öffentlichen Wahrnehmung fast in Vergessenheit geraten. Dabei hat auch dieser Sektor ein Wachstum zu verzeichnen und die Anzahl der thermischen Solaranlagen auf den Hausdächern übersteigt in manchen Region die Anzahl der Photovoltaik-Anlagen.

Doch jetzt möchte die Solarwirtschaft einen Schritt weiter gehen und das solare Heizen im Sonnenhaus als Standard etablieren. Dazu wurde eine Studie angefertigt, die besagt, dass Gebäude mit einem hohen Anteil an Solarenergie zur Heizung klimaschonender seien als Gebäude mit mehr Wärmedämmung. Als Beispiel wird dann folgende Aussage gemacht:

Ein Effizienzhaus 70 mit einer kombinierten Pellet- und Solarheizung, bei dem die Solarwärme-Anlage mindestens 60 Prozent des Raumwärme- und Warmwasserbedarfs abgedeckt, stößt nur 2 Kilogramm pro Quadratmeter Nutzfläche im Jahr aus. Der CO2-Ausstoß von einem Passivhaus vergleichbarer Größe mit Gastherme und Trinkwasser-Solaranlage liegt bei 6 Kilogramm – das ist die dreifache Menge.

Dass die Gebäudehülle und die Anlagentechnik gegeneinander ausgespielt werden können, liegt nun mal in der Natur der Energieeinsparverordnung (EnEV), die solche Rechenspiele zulässt. Im Einzelfall sind diese Abwägungen auch sehr sinnvoll für den Planer oder Bauherrn, aber in einer Verallgemeinerung halte ich dies für kritisch und nicht zielführend.

Alleine dieser oben genannte Absatz zeigt doch, dass es sich um eine Vereinfachung handelt, die Äpfel mit Birnen vergleicht und nicht Äpfel mit Äpfel, wie der Geschäftsführer des Sonnenhaus-Instituts in dem Beitrag sagt. Die Heizung in einem Passivhaus kann durchaus mit einer Gastherme und einer Solaranlage für die Trinkwassererwärmung erfolgen, es gibt aber auch viele andere Möglichkeiten. Diese Variante wird eher selten sein in der Praxis, meistens werden Wärmepumpenkompaktgeräte eingesetzt, bei denen die Lüftungsanlage mit integriert ist. Die Lüftungsanlage fehlt hingegen völlig bei dem Sonnenhaus, wie die Detailinformationen der Studie aufzeigen. Wie wird sonst die Abfuhr der Feuchtigkeit aus der Raumluft gewährleistet?

Zu den Äpfeln und Birnen fällt mir noch eines ein. Im Passivhaus-Projektierungspaket wird für den Primärenergiebedarf auch der Haushaltsstrom, sowie evtl. notwendige Energie für Kühlung im Sommer oder für die Entfeuchtung der Raumluft mit einbezogen. Ob dies auch in der Berechnung für das Sonnenhaus enthalten ist, kann man nicht erkennen.

Die Energieeffizienz in Gebäuden bedeutet auch mehr als nur den Heiz- oder Primärenergiebedarf zu verringern. Eine besser gedämmte Gebäudehülle sorgt auch für mehr Behaglichkeit durch höhere Wandoberflächentemperaturen. Energieeffizienz sorgt auch für mehr Hygiene (wo bleibt die Lüftung?) und eine effiziente Gebäudehülle sollte immer Priorität haben. Im Passivhaus wird die Heizung – das sagt die Studie natürlich nicht – nur an wenigen Tagen im Jahr benötigt, z.B. an grauen und kalten Novembertagen. Was passiert aber im Sonnenhaus, wenn im trüben November die Sonne nicht einmal scheint?

Aus der oben genannten Aussage wird die Forderung aufgestellt, dass die Ergebnisse dieser Studie in die Gesetzgebung einfließen sollten, wie z.B. bei der Übernahme der EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht, an der in Deutschland aktuell gearbeitet wird. Abgesehen davon, dass die Berechnung des Primärenergiebedarfs über die aktuell gültige Normung erfolgt, ist für mich nicht erkennbar, wie  diese Studie sich in einer neuen Fassung der Energieeinsparverordnung wieder finden sollte. Eine verbesserte Förderung von Gebäuden mit diesen Parametern könnte man hingegen denken.

Ist die Studie allgemein gültig und umsetzbar?

Dazu muss man sich die Randbedingungen des Sonnenhauses ansehen. Das untersuchte Sonnenhaus hat eine Kollektorfläche von 40 m² auf einem Pultdach mit einer Neigung von 65°. Die solare Wärme wird in einem 8 m³ großen Kombispeicher gepuffert. Damit wird ein solarer Deckungsgrad von 66,5% erreicht, das ist –  ohne Frage – ein sensationell guter Wert. Aber mit Energieeffizienz hat der solare Deckungsgrad nichts zu tun. Wenn das Gebäude noch besser gedämmt wäre, könnte die eingesetzte Energie noch effizienter genutzt werden und man ist weniger abhängig von der Sonneneinstrahlung.

Es wird schwer umsetzbar sein diese große Kollektorfläche auf allen Gebäuden unter zu bringen, um die hohe solare Deckung zu erreichen. Die Nutzung der Solarenergie hängt auch noch vom Standort und der möglichen Ausrichtung des Daches ab. Bei einem Passivhaus hingegen ist man nicht so sehr abhängig von der Lage und der Ausrichtung, auch von der Klimazone ist man nicht abhängig.

Anlagentechnik und Gebäudehülle müssen zusammen optimiert werden

Ich möchte als Gegenvorschlag nicht anfangen zu überlegen, wie ein Vergleich möglich wäre, denn eine allgemein gültige Aussage welcher Gebäudetyp mit welcher Anlagentechnik besser ist, wäre Geschmackssache und im Einzelfall zu entscheiden. Grundsätzlich halte ich es für den falschen Weg Anlagentechnik und Gebäudehülle gegeneinander auszuspielen. Die Verluste über die Gebäudehülle und die Lüftung müssen möglichst weit verringert werden und dann wird die dafür optimale Anlagentechnik ausgewählt – so sollte eigentlich der Ablauf in der Bauplanung sein.

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