Nach langer Zeit habe ich endlich wieder die Geduld, an einem Buch dranzubleiben, bei dem ich Abschnitte mehrmals durchlesen muss, weil so viel drin steht. Kein Buch, das man sich so nebenbei, zwischen Hausaufgaben und kochen reinziehen kann, weil es so seicht ist, sondern ein Buch, das mich in Gedanken begleitet, wenn ich den Geschirrspüler ausräume oder im Garten Nacktschnecken zertrete. Ein Buch, über das ich gerne mit jemandem diskutieren möchte, aber ausser mir interessiert sich wohl keiner für das Thema.
Ich freue mich wieder darüber, wenn ich bei einer Umfrage nach meiner Meinung gefragt werde und lege nicht mehr entnervt auf, weil im Hintergrund drei Kinder im Chor brüllen. Bevor nun alle Meinungsforschungsinstitute zum Telefon greifen, um mich anzurufen, möchte ich betonen, dass ich mich nur über Umfragen freue, bei denen ich nach meinen politischen Ansichten gefragt werde. Ist doch immer ein Genuss, wenn man über alles wettern kann, was einen in den vergangenen Monaten bei der Zeitungslektüre genervt hat.
Wenn wir aus dem Haus gehen, sobald alle anderen weg sind, schaffen es das Prinzchen und ich, zu Fuss einkaufen zu gehen, unterwegs mit ziemlich vielen Leuten zu reden und doch noch rechtzeitig das Mittagessen auf den Tisch zu bringen. Eben noch hätten wir dafür mindestens einen Tag gebraucht, doch seitdem das Prinzchen nicht mehr jeden Regenwurm begrüssen und jede Mauer besteigen muss, überholen wir locker jede Weinbergschnecke, der wir unterwegs begegnen.
Schneit jemand spontan bei uns herein, kann ich fast immer sagen: “Kaffee oder Tee? Ich habe Zeit.” Und fast immer meine ich es ehrlich, denn seitdem ich von zu Hause aus arbeite, kommt es mir nicht so sehr darauf an, ob ich mittags am Computer sitze oder um Mitternacht. Hauptsache, ich schaffe mein Tagespensum.
Ich backe wieder Brot, mache wieder Joghurt und es macht mir wieder Spass, am Sonntagnachmittag Stunden in der Küche zu verbringen, um Falafel selber zu machen.
Sieht ganz danach aus, als normalisiere sich das Leben mit dem Ende der Kleinkindphase wieder. Oder habe ich endlich gelernt, meinen Alltag unseren Lebensumständen anzupassen?