Im Gefolge des 100. Weltfrauentages stellen wir Ihnen hier auf dem Cirquent Blog Frauen vor, die bei Cirquent tätig sind und fragen sie nach ihrer Meinung zu den Themen weibliche Stärken, Kinder und Karriere und natürlich zur Frauenquote. Heute sprechen wir mit Martina Kudicke. Sie ist Senior Consultant Versicherungen bei Cirquent.
Cirquent Blog: Stichwort Männerdomäne IT: Ist es heute noch immer so, dass Männern die IT-Welt gehört respektive Männer die Welt der IT-Beratung dominieren?
Martina Kudicke, Senior Consultant Versicherungen bei Cirquent
Martina Kudicke: Ja, ich denke heute ist dies sogar stärker der Fall als früher. Als ich mit meinem Studium begann – ich bin eine der ersten Informatikerinnen Deutschlands – hatten alle Studienanfänger die gleichen Startchancen. Keiner hatte Erfahrung im Umgang mit Computern und es gab keinerlei Vorurteil, dass Informatik nur was für Männer sei. Die Frauenquote im Studium war damals höher als heute. In den „Gründerjahren“ der IT gab es – vor allem in innovativen, mittelständischen Beratungshäusern wie Softlab – eine hohe Bereitschaft, Mütter in Teilzeit zu beschäftigen, ihnen anspruchsvolle Aufgaben zu geben und mit flexiblen Arbeitsbedingungen den Spagat zwischen Familie und Beruf zu ermöglichen. In der Beratung beobachte ich inzwischen, dass die Kunden dazu übergehen, Berater nicht mehr zu 100 Prozent zu engagieren – und dennoch gilt heute der Wunsch nach Teilzeit als „Karriere-Killer“.
Cirquent Blog: Gibt es besondere weibliche Kompetenzen, die bei der Arbeit in der Beratung/ IT-Projekten zum Tragen kommen, oder zählen allein Erfahrung und Fach-Know-how?
Martina Kudicke: Erfahrung und Fach-Know-How bilden die Basis. Was ich an Kolleginnen aber häufiger beobachte als an Kollegen, sind Kompetenz-Kombinationen, z.B.: Professionalität gepaart mit Pragmatismus, Leistungsorientierung gepaart mit Kooperationsfähigkeit und Führungsstärke gepaart mit Einfühlungsvermögen. Scheinbar widersprüchliche Multi-Kompetenzen sind meiner Meinung nach das Erfolgsgeheimnis der reinen Frauen-Führungstruppe in meinem letzten Großprojekt. Im „Service Test“ bei der Münchner Rück gab es einen ganz besonderen „Spirit“, der uns zu großen Leistungen antrieb und der immer noch nachwirkt.
Cirquent Blog: Gesetzliche Frauenquote – pro oder kontra?
Martina Kudicke: Pro – leider muss man muss die Unternehmen zu ihrem Glück zwingen. Die oben beschriebenen weiblichen Kompetenzen sind in den oberen Führungsetagen viel zu wenig vertreten.
Cirquent Blog: Ist das Thema Emanzipation heute durch? Oder sind da gar Rückschläge zu verbuchen? Zum Beispiel scheint es heute wieder „normal“ zu sein, dass Frauen bei der Hochzeit den Namen ihres Mannes annehmen. Vor 10, 15 Jahren war das komplett anders!
Martina Kudicke: Emanzipation hängt nicht am Familiennamen. Basis der Emanzipation sind für mich gleiche Ausbildungs-, Beschäftigungs- und Entwicklungschancen für Männer und Frauen. Für die Ausbildungschancen sorgt der Staat, Beschäftigungs- und Entwicklungschancen bietet die Wirtschaft. 100 Prozent gleiche Chancen für Männer und Frauen in allen Bereichen wird es wohl nie geben. Aber Emanzipation heißt, dass man die gegebenen Chancen bis an die Grenzen nutzt und diese dabei in Richtung auf die magische 100-Prozent-Marke vorantreibt. Das ist ziemlich anstrengend, vor allem wenn es allein die Frau ist, die Familie und Beruf unter einen Hut bringen muss. Die „klassische“ Rollenverteilung ist bei uns immer noch weit verbreitet. Für mich gehört deshalb in einer Familie zu einer emanzipierten Frau immer auch ein emanzipierter Mann. Solange sich das nicht in weiten Teilen der Gesellschaft durchgesetzt hat, bleibt das Thema Emanzipation „offen“. Die Lösung liegt für mich in flexiblen Arbeitszeiten für Männer und Frauen – und an Karrierewegen, die nicht an einen Vollzeitjob gebunden sind. Ich hoffe, dass Cirquent dabei wieder zu seinen innovativen Anfangszeiten zurückfindet.
Cirquent Blog: Männer, die Elternzeit nehmen, galten noch vor ein paar Jahren als Exoten. Ist da ein Änderung in Sicht?
Martina Kudicke: Ich sehe inzwischen viele Männer Elternzeit nehmen. Das finde ich positiv. Die Arbeitgeber gewöhnen sich daran, dass auch Männer aus familiären Gründen mal eine Weile „ausfallen“ können. Für die Gleichberechtigung und Unabhängigkeit der Frauen bringt das aber nur dann etwas, wenn die Frauen dabei ihren Männern auch wirklich die Verantwortung für das Kind überlassen und die Zeit nutzen, sich beruflich wieder zu positionieren. Jede Frau sollte sich klar machen: Nach ca. 18 Jahren ist das Thema „Kinder“ durch. Wer dann ohne Beruf dasteht, ist wirtschaftlich vom Mann abhängig. Angesichts der heutigen Scheidungsquoten sollten Frauen (und eigentlich auch Männer) das unbedingt vermeiden. Auch wegen der Arbeitsplatzrisiken in der heutigen Zeit, sollte jeder Partner notfalls allein die Familie ernähren können.