Elternvorsätze

Von Beautifulvenditti

Vor zehn Jahren:
„Findest du es nicht auch schrecklich, wie all diese Eltern von grösseren Kindern von einem Anlass zum anderen hetzen? Fussballtraining, Blockflötenstunde, Maltherapie und danach noch kurz zu einer Geburtstagsparty. Also wenn unsere Kinder mal gross sind – zuerst müssen wir natürlich noch ein paar Kinder mehr haben als diesen einen süssen Karlsson – dann kommt so etwas nicht in Frage. Wir lassen uns doch nicht zum Chauffeur unserer Kinder degradieren. Klar, die eine oder andere Freizeitaktivität werden wir wohl erlauben müssen, aber erst, wenn sie alt genug sind, selber zu gehen. Und zeitintensive Dinge wie Fussball sind verboten. Wir wollen doch nicht jeden Sonntag auf dem Fussballplatz herumstehen und uns langweilen.“

Vor fünf Jahren:
„Okay, ganz so einfach wird es wohl nicht, hart zu bleiben. Der FeuerwehrRitterRömerPirat rennt jetzt schon wie ein Verrückter den Fussbällen hinterher und Luise wird wohl eines Tages reiten wollen. Aber wir haben ja noch viel Zeit, darüber nachzudenken. Wenn sie dann zehn oder elf sind, können wir dann ja sehen.“

Vor drei Jahren:
„Einfach toll, dass Karlsson jetzt Geige spielen will. Und er kann sogar selber hingehen, weil es so nahe ist. Was meinst du, sollen wir unsere Grenzen ein wenig ausweiten? Zwei Freizeitaktivitäten pro Kind, das müsste drinliegen.“

Vor zwei Jahren:
„Also gut, zwei Freizeitaktivitäten pro Kind und dann noch die Jungschar dazu. Aber das muss reichen. Und sobald sie können, sollen sie mit dem Bus in die Jungschar fahren.“

Vor einem Jahr:
„Dann lass uns mal sehen: Karlsson spielt Geige, geht in die Jungschar und möchte jetzt noch ins Orchester gehen. Luise hat mit Querflöte angefangen, will weiterhin ins Ballett gehen und natürlich auch in die Jungschar. Tja, und dann ist da noch die Therapie, aber die muss wohl sein. Der FeuerwehrRitterRömerPirat muss noch ein Jahr warten mit Jungschar und Musikinstrument, aber Fussball sollte jetzt eigentlich drin liegen. Nun ja, komm, wir versuchen, ihn davon abzubringen. Landhockey wäre doch auch ganz toll und wir haben doch gesagt, Fussball kommt nicht in Frage.“

Vor einem halben Jahr:
„Jetzt, wo Luises Ballettstunde über längere Zeit ausfällt, braucht sie wohl einen Ersatz. Sie liegt mir schon die ganze Zeit in den Ohren damit. Und wann rufst du jetzt endlich den Fussballtrainer an? Der FeuerwehrRitterRömerPirat mag nicht mehr länger warten. Nein, Karlsson soll nicht mit einem zweiten Musikinstrument anfangen, er kommt ja bald in die Fünfte, da hat er keine Zeit für noch mehr. Ja, ich weiss, er will, aber es geht nun mal nicht.“

Heute:
„Hmm, wie schaffen wir das bloss? Also am Montag, da musst du unbedingt pünktlich von der Arbeit zurückkommen, denn da muss ich um Viertel nach vier mit dem Zoowärter in den Schwimmkurs. Und dann müssen wir noch die Nachbarn fragen, ob sie Karlsson zur Orchesterprobe mitnehmen. Ach ja, hast du den Leichtathletik-Trainer angerufen? Der FeuerwehrRitterRömerPirat hat sich jetzt endlich entschieden, er will nicht mehr Fussball spielen. Ach so, du hast bereits alles organisiert? Toll. Wann soll es denn losgehen? Am Freitagabend? Ja, dann müssen wir schauen, wer ihn bringt und wer ihn abholt. Du, der Mittwoch wird auch etwas streng. Luise muss gleich nach dem Mittagessen in die Querflötenstunde, dann fahre ich sie zur Therapie und du bringst die beiden Jungs zum Kürbisschnitzen. Dann holst du Luise von der Therapie ab und ich bringe sie  zur Theaterprobe. Ja, ich weiss, am Mittwoch hat sie etwas zu viel los, aber das Theaterprojekt dauert ja nur bis Februar, danach wird es wieder ruhiger. Wie? Dann will sie ins Volleyball? Mal sehen, ob das auch noch drin liegt. Nein, am Samstag ist keine Jungschar, aber nächste Woche müssen wir dann gut planen. Ach, heute sass ich neben dieser schrecklichen Mutter im Bus. Den ganzen Weg über hat sie mit ihrer Tochter geklönt, weil sie nicht alle Freizeitaktivitäten unter einen Hut bringt. Reiten, Pfadfinder, Fussballtraining und Gesangsunterricht. Und dann hat sie sich auch noch beklagt dass keine Zeit für den Kinderchor bleibt. Völlig übertrieben, wenn du mich fragst…“