Eltern zeigen Zivilcourage

Erstellt am 30. November 2012 von Lux
Im schleswig-holsteinischen Heiligenstedt hat ein 12jähriger Junge über Wochen seine Mitschüler und die Lehrer terrorisiert.
Der 12jährige, der einem polizei- und justizbekanntem Umfeld entstammt, lebt in der Wohnung einer ebenfalls polizeibekannten 17jährigen und verbreitet auch außerhalb der Schule Angst und Schrecken in der 1600 Seelen zählenden Gemeinde.
Die [Polizei] kann nichts tun: Der Zwölfjährige ist nicht strafmündig. Dennoch sei es sinnvoll, Anzeigen zu erstatten, sagt Oliver Michels, Leiter der Ermittlungsgruppe Jugend bei der Kriminalpolizei. Dann könnten die ersten, sanften Schritte, die das Jugendstrafrecht vorschreibt, übersprungen werden, wenn der Junge 14 und damit strafmündig ist.
SHZ
Mit anderen Worten ist dieser Freund und Helfer der Bürger der Ansicht, die Gemeinde müsse sich noch zwei Jahre terrorisieren lassen, bevor die Polizei sich dazu entschliesst, effektive Maßnahmen zu ergreifen.
Das Kind soll noch weiter in den Brunnen gestossen werden, zu Lasten und zum Schaden aller anderen in der Gemeinde.
Die Polizei macht es sich hier eindeutig zu einfach. Zwar ist der 12jährige noch nicht strafmündig, jedoch schließt dies keine polizeilichen Maßnahmen zur Wahrung bzw. Wiederherstellung der öffentlichen Ordnung und der Sicherheit der Bürger aus.
Die Schulleiterin Marlies Latzenberger ist der Meinung, den "ganzen Katalog an erzieherischen Versuchen und Strafen abgespult" zu haben.
Zwei Wochen lang war der Junge vom Unterricht suspendiert. Freitag kam er wieder, musste aber nach Hause geschickt werden. Am Montag ebenso. Aber es bestehe ja Schulpflicht. "Wir versuchen alles, aber wir haben nicht mehr Möglichkeiten", sagt Marlies Latzenberger. "Wir sind absolut machtlos. Eigentlich ist das ein Fall fürs Jugendamt."
Die Schulleiterin laut SHZ
Damit stellt sich die Schulleiterin und dem von ihr geleiteten Lehrerkollegium kein pädagogisches Armutszeugnis aus, sondern sie kapituliert vor einem 12jährigen Kind und beweist die eigene Unfähigkeit.
Insbesondere die Unfähigkeit ihrer Pflicht, den Schutz der ihr anvertrauten Kinder zu garantieren.
Dass diese Schulleiterin dabei nicht alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft hat, versteht sich von selbst. Pädagogische Kreativität, Bereitschaft zur Abhilfe und umfassende Kenntnis der schulisch erzieherischen Sanktionsmöglichkeiten hätten nämlich noch weitere Möglichkeiten erlaubt. U.a. hätte ein Lehrer dazu abgestellt werden können, dem Schüler Einzelunterricht zu verpassen. In Zusammenarbeit mit der Polizei hätte der Schüler nach jeder von ihm begangenen Straftat von der Schule entfernt werden können.
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Wo konfliktscheue Unwillige den Weg vorgeben, da befinden sich Sackgassen.
Dass die Schulleiterin nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hatte, wird wenige Stunden später ersichtlich. Doch dazu später.
"Eigentlich ist das ein Fall fürs Jugendamt", meint die Schulleiterin und hat damit nicht Unrecht, wenn man einmal davon absieht, dass das ein Fall für alle daran beteiligten Behörden ist, die zudem zu einer Zusammenarbeit verpflichtet sind. Nicht nur juristisch betrachtet, sondern vor allem aus Vernunftsgründen.
In erster Linie muss den Mitschülern geholfen werden und in zweiter Linie dem 12jährigen.
Doch was macht das Jugendamt? Die SHZ dazu:
Dort [beim Jugendamt] wurden auch die Eltern schon vorstellig. Die Behörde suche eine Fremdbetreuung, aber die Mühle mahle langsam, klagt die 34-Jährige. Die WBR-Kinder seien täglich durch den "absolut aggressiven" Jungen in Gefahr. Von normalem Schulbetrieb sei nicht zu reden. Selbst Kinder, die nicht als Opfer auserkoren seien, brächen vor Angst weinend zusammen. Weil er nachmittags die Stadt unsicher mache, traue sich ihre Tochter nicht mehr zu ihren Freizeitaktivitäten, ergänzt die andere Mutter. 
Doch dass ein Kind aus einer Schule genommen und in einer Jugendeinrichtung untergebracht wird, sei eine seltene Ausnahme, sagt Harry Strößner, Leiter des Kreisjugendamtes. Ohne auf den Einzelfall einzugehen, erklärt er: Aufgabe der Behörde sei die Unterstützung von Kindern und Eltern im Hinblick auf eine angemessene Erziehungssituation. "Das Jugendamt ist nicht dafür da, den schulischen Ablauf zu organisieren."
Der Jugendamtsleiter Strößner gehört meines Erachtens aus dieser Position entfernt. Das schwammige Geseiere dieses Pädagogen ist unerträglich und gibt Aufschlüsse darüber, weshalb solche Fälle in Deutschland an der Tagesordnung sind. Dahinter steckt System.
"Dass ein Kind aus einer Schule genommen wird und in eine Jugendeinrichtung untergebracht wird", mag eine "seltene Ausnahme" sein, aber diese Möglichkeit besteht und deshalb stellt sich die Frage, weshalb diese Möglichkeit aufgrund der akuten Situation noch nicht durchgeführt wurde?
Ich hätte gerne vom Jugendamtsleiter Strößner gewußt, was er aufgrund der Sachlage unter einer "angemessenen Erziehungssituation" versteht, haben doch schon alle hergebrachten "Erziehungssituationen" eindeutig versagt. Soll erst ein Kind sterben?
Das Jugendamt ist nicht verpflichtet, den "schulischen Ablauf zu organisieren". Das stimmt. Doch das Jugendamt ist dazu verpflichtet, die Schule im "schulischen Ablauf" zu unterstützen, wenn dieser nicht mehr gewährleistet werden kann und insbesondere eine eindeutige Überschneidung mit den Aufgaben des Jugendamtes besteht.
Dass der Jugendamtsleiter Strößner lügt, um seine Unfähigkeit zu kaschieren, verrät uns die zuständige Schulrätin Gisela Zimmermann: "Das Jugendamt habe sich schon Ende Oktober", also vor Wochen, "für zuständig erklärt und eine stationäre Unterbringung im Rahmen der Jugendhilfe genehmigt".
Wo bleibt also die Umsetzung?
Den Eltern ist verständlicher Weise dieses "Ping-Pong-Spiel" zwischen Schule und Jugendamt egal.
Es kann eben nicht sein, dass 25 direkt betroffene Kinder in Angst und Schrecken leben sollen, weil auf einem in die Kriminalität abgerutschten 12jährigen eine fadenscheinige und heuchlerische "Rücksicht" genommen werden soll.
Aus diesem Grund haben sich die Eltern dazu entschlossen, am 28.11. Zivilcourage zu zeigen und ihre Kinder zu Hause zu lassen. Sie sehen darin das "einzige Druckmittel, dass sie haben".
Doch so ein Druck sei der falsche Weg, meint die Schulrätin: "Da setzen sich die Eltern ins Unrecht. Das sollen sie lassen."
Der Schulleiterin sei gesagt, dass dieses Druckmittel zwar illegal ist (es sei denn die Kinder sind z.B. alle am selben Tag erkrankt und können deshalb nicht zur Schule), jedoch legitim.
Und kann es überhaupt Unrecht seitens der Eltern sein, wenn diese ihre Kinder schützen?
Begehen diese Eltern nicht etwa erst dieses "Unrecht", nachdem die Schule, die Polizei und das Jugendamt unrecht handelten?
Doch kommen wir zum glücklichen Ende.
Die Eltern hatten mit ihrer Streik-Drohung Erfolg.
Weil angeblich "alle erzieherischen Möglichkeiten" ausgeschöpft waren und keine "angemessene Erziehungssituation" bestand, haben die Eltern erreicht, dass binnen weniger Stunden ermöglicht wurde, dem 12jährigen ein Hausverbot für die Schule auszusprechen.
Der 12jährige bekommt nun "Einzelunterricht". Er kann sich seine schulischen Aufgaben an einer "Außenstelle der Schule" abholen, so lange, bis für ihn ein Platz in einer Jugendeinrichtung gefunden wurde.
Schule und Jugendamt haben damit bewiesen, dass sie hätten Handeln können, aber nicht Handeln wollten.
Aus welchem Grund auch immer.
Auf Grund dieser Tatsache sollte man jetzt nicht zufrieden zur Tagesordnung übergehen, sondern die Verantwortlichen dafür zur Verantwortung ziehen.
Denn die Verantwortlichen kassieren Monat für Monat vom Steuerzahler mehrere tausend €uro netto dafür, die ihnen übertragene Verantwortung "nach bestem Wissen und Gewissen" zu erledigen.
Wenn diese nicht ihr Geld wert sind, dann sollte man sich schleunigst von ihnen trennen.
Meinetwegen schickt man sie wie zu Zeiten des Alten Fritz in die Marschlande zum Torfstechen, aber eine Leitungsposition in ihrem Fachbereich kann ihnen aufgrund von Unfähigkeit und Unvermögen nicht zugestanden werden.
Unsere Kinder und unsere geleistete Arbeit, ohne die es keine Steuern gibt, sollten uns das wert sein.
Wie sollen diese Leitungskader ihrer Vernatwortung hunderten, wenn nicht tausenden Kindern gegenüber gerecht werden können, wenn sie noch nicht einmal mit einem 12jährigen Jungen fertig werden?
Den Eltern, die von solchen und ähnlichen Problemen genagt werden, sei gesagt, dass es Wege gibt.
Man muss diese nur gehen!
Das ist unser Land, in dem wir auf unserer Art leben wollen!
Den Protest in Heiligenstedt hat eine 34jährige Mutter organisiert, die spontan die Unterstützung aller anderen Eltern erhielt. Dafür sei auch an dieser Stelle dieser Frau gedankt.
P.S. Ich bin in einem Land aufgewachsen, da bekammen die Schüler für ihre Leistungen Auszeichnungen wie Reisen. Heute bekommen Schüler Reisen für ihre Fehlleistungen.
Man mag einwänden, dass es nicht richtig ist, nur Schüler auszuzeichnen, "die dem System entsprechen".
Doch ebenso kann es nicht richtig sein, wenn nur Schüler ausgezeichnet werden, die dem Gegenteil dessen entsprechen. Oder steckt dahinter auch ein System, dem diese dann entsprechen? Allzu vieles deutet darauf hin.