Elterliches Dilemma: Die Sache mit dem “sanften Druck”

Elterliches Dilemma: Die Sache mit dem “sanften Druck”

Mulmiges Gefühl im Bauch: Mitgehen oder nach Hause zurück kehren?

Ihr kennt das bestimmt:

Euer Kind fühlt sich in der Krippe wohl. Eigentlich. Doch morgens, wenn Ihr es hinbringt, klammert es sich an Euch. Es will nicht zurück bleiben, wenn Ihr Euch verabschiedet, um zur Arbeit zu gehen. Es weint und Ihr würdet es am liebsten wieder in den Arm nehmen und mit ihm nach Hause zurück kehren, um den Tag im vertrauten Rahmen gemeinsam zu verbringen. Doch es geht nicht: Ihr müsst (und wollt ja auch) zur Arbeit und das Kind hat es ja gut in der Krippe. Eigentlich. Denn abends heisst es dann von den Betreuerinnen, dass das Kind – kaum wart Ihr weg – mit dem Weinen aufgehört habe und einen guten Tag hatte. Also war es eben doch gut, dass Ihr nicht weich geworden seid, nicht nachgegeben habt und das Kind “mit sanftem Druck” überzeugen konntet (oder eher gezwungen habt?), in der Krippe zurück zu bleiben, obwohl es ja so gerne wieder mit Euch nach Hause zurückgekehrt wäre. Oder? Es war schon gut. Für Euch, für das Kind, für beide. Oder für niemanden?

Ähnliche zwiespältige und herzzerreissende Situationen kennt Ihr, wenn es zum Beispiel darum geht, dass Euer Kind lernen soll (oder doch eher lernen muss?), alleine in seinem Bett, in seinem Kinderzimmer zu schlafen. Eigentlich würde es lieber bei Euch im Bett schlafen. Und vielleicht fändet Ihr das auch schöner. Aber eigentlich ist es auch gut (und richtig?) “sanften Druck” auszuüben, damit es lernt, alleine zu schlafen. Und eigentlich hat es heute, da es unterdessen gelernt hat, alleine zu schlafen, ja auch grosse Freude am eigenen Bett, am eigenen Zimmer. Oder? Also war es schon gut so, dass man ein bisschen streng war. Das Kind ist jetzt stärker, selbstsicherer geworden. Oder? Oder hat es jetzt erst recht Angst vor dem Dunkeln? Ist vielleicht ein Leben lang traumatisiert?

Später kommen weitere, ähnlich gelagerte Situationen auf: Das Kind möchte morgens eigentlich lieber zu Hause bleiben, statt in den Kindergarten oder in die Schule zu gehen. Und eigentlich geht es zwar sehr gerne in den Schwimmkurs, in die Skischule, in den Ferienkurs oder ins Pfadi-Lager, wenn nur dieses “Hingehen, dieser erste Schritt” nicht wäre. Dann kann es nämlich schon vorkommen, dass das Kind weint (manchmal ganz erbärmlich sogar!), sich abdreht, am liebsten alles sausen liesse. Aber eigentlich möchte es ja mitmachen, mitgehen (möchte es das wirklich?). Eigentlich wissen wir Eltern doch ganz genau, dass es grossen Spass hätte, dass es nachher sehr stolz wäre. Oder? Das Kind würde es doch sehr bereuen, wenn es das Ganze nicht “durchziehen” würde, oder?

Fazit: Manchmal ist es eben doch nötig und letztendlich gut, “sanften Druck” auszuüben. Oder? Oder ist das eben genau falsch? Kontraproduktiv?

Kennt Ihr dieses Dilemma? Übt Ihr manchmal “sanften Druck” aus? Wie erkennt man als Eltern, wann dieser noch gut ist bzw. wann er zu einer Überforderung, zu einem Vertrauensverlust führen könnte?


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