Elizabeth Haydon: Die Rhapsody Saga.

Von Lizbirk

Wer hier schon länger dabei ist, kennt das Phänomen ja bereits: manchmal überkommt die Axt ein Bedürfnis nach seltsamer Literatur, derer man sich in der U-Bahn schämen muss. Und so ist es auch gar nicht weiter schockierend, dass ich aus meinen Bücherstapeln eine haarsträubende Fantasy-Trilogie herausgefischt habe, die ich mit Euch teilen will. Achtung, Kollegen, das wird lang:
Es handelt sich dabei um die Rhapsody Saga von Elizabeth Haydon. Mittlerweile dürften es sechs oder sieben Teile sein, hier beziehe ich mich auf die ersten drei Bände.  In Deutschland ist die Reihe unter den total sinnlosen Titeln Tochter der Erde, Tochter des Feuers und Tochter des Windes erhältlich. Vorweg: der Klappentext klang ganz interessant, deshalb hab ich den Kram seinerzeit gekauft (und weil es ein langer Winter  und ich extrem auf Realitätsflucht war).
Es geht um die drei Gefährten Rhapsody (Sängerin), Achmed (Meuchelmörder) und Grunthor (Riese), die vor ihren Verfolgern durch die Erde auf die andere Seite der Welt fliehen. Dabei vergeht irgendwie die Zeit viel schneller und sie kommen erst 1400 Jahre später auf der anderen Seite wieder heraus. In der Zwischenzeit ist ihre Heimatinsel untergegangen, zurück können sie nicht. Man muss also das Beste draus machen und sich in der neuen Welt einrichten. Der gute Achmed unterwirft mal eben ein ganzes Volk und wird König. Rhapsody lernt mal eben an einem Tag eine neue Sprache.
Ach ja, Rhapsody. Haydon wird nicht müde, seitenweise über Rhapsodys Schönheit, Güte und Sanftheit zu schwadronieren. Die Heldin ist nämlich ab-so-lut überirdisch schön, man fasst es kaum! Das blendend güldene Haar, die schlanke Gestalt, die abwechselnd smaragd- und laubgrünen Augen. Hach. Und so naiv: sie weiß nicht einmal, wie schön sie ist, während alle Welt bei ihrem bloßen Anblick den Verstand verliert. Haydon ist selbst so verknallt in ihre Heldin, dass es einen gruselt.
Natürlich trägt Rhapsody das Herz voll Trauer – denn dummerweise ist sie mit 14 von Zuhause weggelaufen und Prostituierte geworden. Grund: auf einem Fest hat das gute Kind einen Typen kennengelernt, nach einer halben Stunde mit dem geschlafen und ihm ewige Liebe geschworen. Und dann taucht der Kerl nicht mehr auf. Liebeskummer! Weltuntergang! Weil man mit 14 natürlich schon weiß, dass man dem Knilch ein ganzes Leben lang hinterhertrauern wird, kann man auch gleich weglaufen und Hure werden.
Da Rhapsody in der neuen Welt das Weglaufen bitter bereut, die Familie aber zwischenzeitlich mit der Heimatinsel in den Fluten versunken ist, adoptiert sie als Ersatz ständig irgendwelche fremden Leute (voll psycho, wenn Ihr mich fragt). Dieses sanfte, engelsgleiche Wesen mit den laubgrünen Augen und dem gebrochenen Herzen. Uaaaaahhhhh!
Ich muss zugeben, dass ich den Weltenentwurf raffiniert und durchdacht finde, und die Grundzüge der Geschichte gefallen mir auch sehr gut. Aber die Autorin erzählt so unfassbar weitschweifig vor sich hin, dass die Story sich im Schneckentempo entrollt. Man könnte glauben, die Romane seien entsprechend detailverliebt, aber Haydon verlobhudelt ihre Zeilen hauptsächlich an die unfassbar schöne Rhapsody (erwähnte ich schon, dass sie laubgrüne Augen hat?). Die übrigen Charaktere sind ihr wohl wurscht, die bleiben farblos bis durchgeknallt.
Kurzum: Der Kitschfaktor ist astronomisch. Die verwirrende Übersetzung tut ihr Übriges dazu – noch nie hat ein Mensch in einem Roman so inflationär „geschmunzelt“. Die Liebesszenen sind mir furchtbar peinlich gewesen: Regenbogenorgasmen, Seelenclinch und inneres Feuer, hhrrrrrrr!
Am lustigsten ist eigentlich, dass irgendein Kritiker im Klappentext die Romane mit Tolkien vergleicht. Ich weiß nicht, was sie dem gezahlt haben. Vielleicht hat er ein paar laubgrüne Kontaktlinsen bekommen.