Das LandgerichtLandgericht Braunschweig wies den dortigen Antrag am 10.07.2012 zurück, sodass meine Manantin weiterhin die Bezeichnung “eGO-T” verwenden darf. Das Urteil unter dem Aktenzeichen 9 O 1236/12 (172) ist zwar noch nicht rechtskräftig, aber die äusserst überzeugende Urteilsbegründung liegt nun vor. Im Einzelnen schreibt das Landgericht Braunschweig Folgendes:
Zunächst fehle es jedenfalls am Verfügungsanspruch.
Es könne offen bleiben, ob ein Verfügungsgrund gegeben ist.
Die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 2 UWG sei für den markenrechtlichen Unterlassungsanspruch nicht anwendbar (Teplitzky, wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 10. Aufl., Kap. 54, Rdnr. 20 c fr.; Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl., vor §§ 14 bis 19, Rdnr. 193 fr.; str.).
Die vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Klägerin wäre allein nicht geeignet, eine Dringlichkeit glaubhaft zu machen. Sie sei allerdings ergänzt worden durch die Angaben des Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung. Er habe dort angegeben, dass er seit März wegen der Markenverletzung recherchiere.
Insoweit scheine es ungewöhnlich, dass die Beklagte, die das Zeichen ,ego-T” in ihrer domain führe, nicht sofort aufgefallen sei. Der Geschäftsführer habe aber erklärt, dass er sicher sei von der Beklagten erst im Mai erfahren zu haben.
Dies bedürfe hier aber keine Vertiefung, da es jedenfalls am Verfügungsanspruch fehle.
Es könne offenbleiben, ob eine Verwechslungsfähigkeit der Zeichen angesichts der Kennzeichnungskraft, der Unterschiede der eingetragenen und benutzten Marke (Egot /eGO-T), hinsichtlich der Schreibweise, Aussprache und Bedeutung und der Unterschiede der eingetragen Waren (Klasse 5 Rauchartikel) und der benutzten Waren (Klasse 34 Verdampfungsgeräte) gegeben sei.
Im vorliegenden Fall sei der Rechtsbestand der eingetragenen Marke jedenfalls in hohem Maße fraglich. Dies würde das Gericht in einem Hauptsacheverfahren gemäß Art. 104 Abs. 2 S. 2 Gemeinschaftsmarkenverordnung (GMV) zu einer Aussetzung veranlassen. Die gegebene Wahrscheinlichkeit einer Vernichtung der klägerischen Marke führe dazu, dass sie keine tragfähige Grundlage mehr für den Erlass einer einstweiligen Verfügung biete (vgl. Ingerl/Rohnke, aa0, vor §§ 14 bis 15 d), Rdnr. 209).
Der Beklagte habe glaubhaft gemacht, dass eine bösgläubige Markenanmeldung gemäß Art. 52 Abs. 1 b) GMV vorliege.
Nach der Rechtsprechung des EuGH (C-529/07 – Lindt & Sprüngli/Franz Hauswirth; = GRUR Int 2009, 914) gelten folgende Grundsätze: Die Beurteilung der Frage, ob der Anmelder bei der Anmeldung bösgläubig war (subjektives Tatbestandsmerkmal), müsse anhand der objektiven Fallumstände bestimmt werden”. Bei dieser Prüfung sei das nationale Gericht gehalten, alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die dem von ihm zu entscheidenden Fall eigen sind und zum Zeitpunkt der Anmeldung vorliegen. Im Einzelnen nenne der EuGH ausdrücklich die nachfolgend aufgeführten drei Faktoren:
- Kennen oder Kennen müssen, dass ein Dritter ein gleiches oder ähnliches Zeichen für gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet;
- die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern;
- den Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (vgl. Müller GRUR Int 2012, 417 (418).
Eine Bösgläubigkeit könne vorliegen, wenn der Zeichenanmelder die mit der Eintragung des Zeichens kraft Markenrechts entstehende und wettbewerbsrechtlich an sich unbedenkliche Sperrwirkung zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes einsetze. Die Folge, dass der Kläger für die Zukunft andere Personen im Geltungsbereich des Markenschutzes von der Nutzung des Zeichens ausschließen kann, liege in der Natur der Marke. Dabei handele es sich seinem Wesen nach gerade um ein Monopolrecht. Die insoweit maßgebliche Grenze sei erst überschritten, wenn das Verhalten des Markenanmelders bei objektiver Würdigung aller Umstände in erster Linie auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung eines Mitbewerbers und nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs gerichtet sei (BGH GRUR 2010, 431 (434) – Flasche mit Grashalrn; BGH GRUR, 2008, 621 (623) – AKADEMIKS m. zahlr. Nachw.; BPatG 26 W (pat) 63/07 v. 08.12.2010- Sachsendampf; vgl. a. Fabry, GRUR 2010, 566; Gloy/Loschelder/Erdmann, HdB WettbewerbsR, § 57, Rn. 147 fr.; Köhler/Bornkamm, UWG, 30. A. § 4, Rn. 10.84 fr.; Müller, GRUR Int 2012, 417 (421)).
So liege der Fall hier, schreibt das Landgericht Braunschweig weiter:
Die Klägerin benutze das Zeichen ihres Geschäftsführers gezielt, um ihre Wettbewerber beim Vertrieb von E-Zigaretten zu behindern.
Bei der Anmeldung (30.08.2011) sei dem Geschäftsführer bewusst gewesen, dass das angegriffene Zeichen ,Ego-T” seit langem umfangreich von Wettbewerbern genutzt werde. Dies habe die Beklagte glaubhaft gemacht. Der Geschäftsführer der Klägerin sei langjährig auf dem Markt der E-Zigaretten tätig. Es müsse ihm daher bekannt gewesen sein, dass die jetzt angegriffene Bezeichnung ,eGo-T” von zahlreichen Wettbewerbern umfangreich benutzt wird.
Hinzu komme, dass nach seinem eigenen Vortrag – in der Parallelsache vor dem Landgericht Braunschweig Aktenzeichen 90 1139/12 und in der hiesigen mündlichen Verhandlung – dieses Zeichen nicht von der Klägerin entwickelt oder erstmalig benutzt werde. Es sei vielmehr vorgetragen worden, dass es von einem Hersteller/Entwickler des Produktes – der italienischen Firma Ovale – stamme, die sie beliefert habe. Den Abschluss einer Exklusivvereinbarung konnte die Klägerin gerade nicht glaubhaft machen. Vielmehr sei man vor der Vertragsunterzeichnung im Streit auseinander gegangen. Der Geschäftsführer habe den ihm angebotenen Vertrag nach eigenen Angaben nicht unterschrieben, da er ihn als zu nachteilig empfand.
Es sei ihm daher bei Markenanmeldung bewusst gewesen, dass er von dem Entwickler des Produkts und des Zeichens keinerlei Exklusivrechte erhält und dass es bereits einen Vertrieb der Produkte der Fa. Ovale in Deutschland unter der Bezeichnung „eGO-T“ durch Dritte gab. Der Geschäftsführer der Klägerin wolle so durch die Markenanmeldung faktisch die angestrebte Exklusivvereinbarung erreichen und ein fremdes Arbeitsergebnis für sich monopolisieren. Weiter sei dem Geschäftsführer zu diesem Zeitpunkt schon lange bekannt gewesen, dass es seit 2009 eine elektronische Zigarette der Fa. Janty unter „eGO” auf dem Markt war. Der wesentliche und kennzeichnungsstarke Teil der angegriffenen Bezeichnung „eGo-T” sei daher von einem anderen Unternehmen etabliert worden.
Dass das Zeichen auch tatsächlich zur Behinderung eingesetzt werd, zeige der Umstand, dass nach dem Vortrag in der Sache – 90 1139/12 – unstreitig die Klägerin in mindestens 17 Fällen eine Abmahnung ausgesprochen hat.
Ein weiteres Indiz für die Bösgläubigkeit sei aber der Umstand, dass die Klägerin das angemeldete Zeichen ,Egot” selbst im geschäftlichen Verkehr nicht genutzt habe. Unstreitig benutzt sie das Zeichen für elektronische Zigaretten nur in der Schreibweise, wie es auch von den Wettbewerbern verwendet wird. Sie verwendet weiter einen unterscheidungskräftigen Zusatz (,vinirette eGO-T”, vgl. Anlage ASt 3).
Nach dem neuen Vortrag zur Nutzung von ,Egot” für Zubehör (Anlage ASt 10) sei nach den Angaben des Geschäftsführers die Benutzungsaufnahme erst im Sommer 2012 erfolgt. Sie stehe damit in direkten Zusammenhang mit den rechtlichen Auseinandersetzungen.
Die Anmeldung erfolgte daher nach Auffassung des Landgerichts Braunschweig nicht zum Schutz eines Zeichens, das benutzt wird oder zumindest benutzt werden soll, sondern ausschließlich dazu, sich eine formale Rechtsposition zu schaffen, um Wettbewerber abmahnen zu können und um den Vertrieb eines Konkurrenzproduktes zu verhindern oder zumindest zu erschweren.
Ein Anspruch aus §§ 3, 4 Nr. 9 a) UWG sei ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, so das Landgericht Braunschweig weiter. Substantiierter Vortrag zu diesem Tatbestand sei nicht einmal ansatzweise vorhanden. Eine Herkunftstäuschung sei bereits deshalb fernliegend, weil der Kläger seine Produkte als „Vinirette eGo-T” und der Beklagte seine Produkte als ,G. T.” verkauft.
Es bleibt jetzt abzuwarten, ob gegen diese Entscheidung Rechtsmittel eingelegt wird. Allerdings dürfte die Erfolgsaussichten eines solchen eher kritisch zu sehen sein.
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