Elektrische Zigaretten: “eGO-T” oder viel Dampf um nichts – auch das Oberlandesgericht Braunschweig sieht für die Klägerseite wenig Aussicht auf Erfolg

Erstellt am 14. November 2012 von Stscherer

Der Streit um die Bezeichnung “eGO-T” befindet sich inzwischen in der zweiten Instanz, nachdem das Landgericht Braunschweig die vermeintlichen Ansprüche der Klägerseite auf Unterlassung schon zurückwies. Ich berichtete darüber in zwei Blogeinträgen:

Händler für elektrische Zigaretten unterliegt im Wettbewerbsstreit gegen Konkurrenten: der Streit um “eGo-T” und “egot” oder viel Dampf um Nichts! « Rechtsanwaltssozietät Scherer & Körbes.

Elektrische Zigaretten: “eGO-T” oder viel Dampf um nichts – die Entscheidungsgründe des Landgerichts Braunschweig « Rechtsanwaltssozietät Scherer & Körbes.

Auch das nun zuständige Oberlandesgericht Braunschweig gibt den Anträgen der Gegenseite wenig Aussicht auf Erfolg und will deswegen “kurzen Prozess” machen: es erliess am 25.10.2012 einen Beschluss, nach dem es die Berufung zu Gunsten meiner Partei nach §522 Abs.2 ZPO erledigen will.

Dazu schreiben die dortigen Richter des Senats Folgendes:

Oberlandesgericht Braunschweig

2 U 1 117/12

9 O 1236/12 (172) Landgericht Braunschweig

Beschluss

In dem Rechtsstreit

der Vinirette GmbH,

Verfügungsklägerin und Berufungsklägerin,

gegen

die Global Trading UG

hat der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig durch den Richter am Oberlandesgericht Herborg als Vorsitzenden, den Richter am Oberlandesgericht Dr. Redant und den Richter am Oberlandesgericht Wichmann

am 25.10.2012 beschlossen:

Die Verfügungsklägerin wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, ihre Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 10.07.2012 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Gründe:

1 .

(…)

2.

a) Die Berufung der Verfügungsklägerin hat jedoch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Das Landgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit zutreffenden Erwäguflgen abgewiesen.

Demgegenüber hat die Berufungsbegründung keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die zu einer anderen Bewertung der Sach- und Rechtslage führen würden. Es fehlt jedenfalls an dem gemäß den §§ 920 Abs. 2, 936 ZPO glaubhaft zu machenden Verfügungsgrund.

Der Verfügungsklägerin steht insbesondere kein Anspruch auf Unterlassung aus Art. 9 Abs. 1 lit.b, Abs. 2 GMV zur Seite.

aa.) Bei dem von der Verfügungsbeklagten verwendeten Begriff ,eGo-T” handelt es sich um eine beschreibende Angabe nach Art. 12 lit. b GMV. Unstreitig gibt es zahlreiche Hersteller von elektronischen Zigaretten, deren Produkte unter der Bezeichnung ,eGo-T” vertrieben werden. Nach der von dem Geschäftsführer der Verfügungsklägerin selbst geschilderten Entstehungsgeschichte soll das Unternehmen Ovale, welches seine elektrischen Zigaretten bei dem in China ansässigen Unternehmen Joyetech fertigen Iässt, erstmalig die Bezeichnung ,eGo-T” verwendet haben. Sowohl Ovale als auch Joyetech hätten verschiedene Abnehmer beliefert, so dass zahlreiche ,eGo-T”-Produkte auf dem europäischen Markt aufgetaucht seien. Die Verfügungsklägerin habe zunächst mit Ovale zusammengearbeitet, diese Zusammenarbeit später beendet und lasse nun selbst von mehreren Herstellern produzieren, wobei sie ebenfalls die Bezeichnung ,eGo-T” verwendet. In einer solchen Situation, die durch die Verwendung des Begriffs ,eGo-T” durch mehrere Hersteller und Händler gekennzeichnet ist, vermag diese Bezeichnung aber nicht auf einen bestimmten Betrieb als Herkunftsquelle hinzuweisen, sondern beschreibt vielmehr das Produkt als solches. Dies entspricht auch der Verkehrsauffassung. Die Verfügungsbeklagte hat sich auf die Anlagen AG 2 – AG 5 aus dem zur Geschäftsnummer 90 1140/12 vor dem Landgericht Braunschweig geführten einstweiligen Verfügungsverfahren bezogen und so glaubhaft gemacht, dass der Begriff im Verkehr als Typbezeichnung verstanden wird. Selbst die Verwendungspraxis der Verfügungsklägerin, die zur Kennzeichnung der Herkunft zum Beispiel die Zusätze ,Vinirette” oder ,OVALE” benutzt, legt dieses Verständnis zugrunde.

Ergänzend ergibt sich der beschreibende Charakter auch namentlich aus der von der Verfügungsbeklagten vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn Dac Sprengel vom 31.05.2012, dem Vorsitzenden des Verbandes des eZigarettenhandels. Danach handelt es sich bei ,eGo-T” um einen Produkttyp, gekennzeichnet durch das eGo-System, also 650 mAh-Akku mit manueller Aktivierung und Verdampfergewinde des Typs 510 mit Tankverdampfer. Weiter soll der Produkttyp ,eGo” erstmals im Jahre 2009 von dem niederländischen Unternehmen Janty auf den deutschen Markt gebracht worden sein, woraufhin andere Hersteller und Händler gefolgt seien. Bei dem Tankmodell ,eGo-T” handele es sich um eine Weiterentwicklung des Urtyps, wobei das T für Tank stehe. 90% aller Händler weltweit vertrieben den Modelltyp ,eGo-T”. Daraus folgt, dass der Verkehr unter der Bezeichnung nur die Kennzeichnung eines bestimmten Systems versteht, mit der Bezeichnung aber keinen Herkunftshinweis verbindet. Die Bezeichnung ,eGo-T” ist mithin beschreibender Natur.

Die Benutzung durch die Verfügungsbeklagte entspricht auch den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel, so dass kein Verbietungsrecht besteht. Die Verfügungsbeklagte verwendet den Begriff “eGo-T” nur, um eine elektronische Zigarette mit bestimmter Bauform zu bezeichnen und so den Typ klarzustellen.

bb) Schließlich steht einem Unterlassungsanspruch der Verfügungsklägerin aber auch entgegen, dass es sich um eine bösgläubige Markenanmeldung handelt und die Verfügungsbeklagte dies glaubhaft gemacht hat. Zwar ist grundsätzlich von der Rechtsgültigkeit der eingetragenen Gemeinschaftsmarke auszugehen (Art. 99  bs. 1 GMV); der Bindungsgrundsatz erfährt jedoch eine Durchbrechung im Falle des absoluten Schutzhindernisses der bösgläubigen Markenanmeldung gemäß §8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG, Art. 52 Abs. 1 lit. b GMV (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 10. Auflage, § 14 Rn. 26), zumal insoweit im Eintragungsverfahren keine Prüfung stattfindet (Eisenführ/Schennen, a. a. O., Art. 52 Rn. 6). Zumindest im Falle offenkundiger Schutzunfähigkeit ist der Verfügungsgrund zu verneinen (Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Auflage, Rn. 209 vor§§ 14- 19).

So liegen die Dinge im Streitfall. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Bösgläubigkeit des Anmelders im Sinne von Art. 52 Abs. 1 lit. b GMV umfassend zu beurteilen, wobei alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen sind. Dazu zählen die Tatsache, dass der Anmelder weiß oder wissen muss, dass ein Dritter ein gleiches oder ähnliches Zeichen für eine gleiche oder mit dem angemeldeten Zeichen verwechselbar ähnliche Ware verwendet, weiter die Absicht des Anmelders, diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern, und schließlich der Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen genießen (EUGH, Urt. v. 11.06.2009 C-529/07, GRUR Int 2009, 914 (Goldhase) Lindt & Sprüngli./.Hauswirth).

Ist – wie hier – eine bestimmte Verwendung in dem betreffenden Wirtschaftssektor üblich, besteht eine Vermutung dahin, dass der Anmelder von der Verwendung eines gleichen oder ähnlichen Zeichens für die betreffenden Waren Kenntnis hatte (vgl. EUGH, a. a. O.).

Auch die Absicht der Behinderung ist ausreichend glaubhaft gemacht. Sie ergibt sich aus einer Bewertung der Gesamtumstände. Zum einen ist unstreitig, dass die Veffügungsklägerin die angemeldete Marke selbst nicht für ihre Zigaretten verwendet. Eine Nutzung der Marke ,Egot” findet erst seit Sommer 2012 für Zubehör (Liquids) (Anlage ASt 10) statt. Da die Nutzungsaufnahme somit in die Zeit nach Beginn der streitigen Auseinandersetzung fällt, liegt der Verdacht nahe, dass dies nur geschieht, um so dem Nichtbenutzungsvorwurf zu begegnen. Jedenfalls Iässt die Anlage ASt 10 keinen Rückschluss auf einen entsprechenden Benutzungswillen bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung zu. Unabhängig hiervon schließt ein eigener Benutzungswille die Bösgläubigkeit aber auch nicht aus. Die Behinderungsabsicht muss nur das wesentliche Motiv sein. Dies liegt indes nahe, wenn ein ersichtlich vorbenutztes Zeichen angemeldet wird. Es ist dann Aufgabe des Anmelders, den Verdacht der Bösgläubigkeit zu widerlegen (vgl. Ströbele/Hacker, a. a.O., § 8 Rn. 695 m. w. N.). Das ist hier nicht geschehen.

Zum anderen hat die Verfügungsklägerin sofort 17 Abmahnungen ausgesprochen, und dies bei einer erst seit dem 08.03.2012 eingetragenen Marke. Richtig ist zwar, dass die Verteidigung der Marke und die Abwehr von Markenverletzungen dem Zweck der Marke immanent sind. Deshalb könnte dieser Umstand allein die Bösgläubigkeit nicht begründen. Er ist aber im Rahmen der Gesamtabwägung mit zu berücksichtigen.

Des Weiteren hat die Verfügungsklägerin, wie sic.h aus § 1 der Ermächtigung gemäß Anlage Ast 2 ergibt, weitere für ihre Mitbewerber wesentliche Bezeichnungen “eGo-T” und ,eGo-C” zur Markeneintragung angemeldet, womit offenbar alle auf diesem Sektor einschlägigen Begriffe für die Verfügungsklägerin monopolisiert werden sollen.

Schließlich genießt das Drittzeichen auch rechtlichen Schutz. Insoweit genügt der Eingriff in den Besitzstand irgendeines Vorbesitzers. Es muss sich nicht um denjenigen des Verfahrensgegners handeln (vgl. BPatG, Beschl. v. 12.08.2009 – 26 W (pat) 156/03, GRUR 2010, 431 – Flasche mit Grashalm). Ein schützenswerter Besitzstand ergibt sich hier daraus, dass der Verkehr mit dem von der Verfügungsbeklagten verwendeten Zeichen ,eGo-T” einen bestimmten Typus E-Zigaretten verbindet. Das Zeichen genießt in den maßgeblichen Verkehrskreisen Bekanntheit, was auf der Leistung sämtlicher das Zeichen verwendender Wettbewerber, ihrer Marktpräsenz und ihrer Werbeaufwendungen beruht. Diesen Erfolg will die Verfügungsklägerin für sich vereinnahmen, was kein berechtigtes Ziel darstellt, welches ihrer nach alledem anzunehmenden Bösgläubigkeit entgegenstehen könnte.

b) Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO liegen ebenfalls vor. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten (§ 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 ZPO).

Es besteht binnen 2 Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme oder Berufungsrücknahme. Der Senat weist vorsorglich darauf hin, dass sich die Gerichtskosten des Berufungsverfahrens im Falle einer Berufungsrücknahme auf die Hälfte ermäßigen (Nr. 1222 KV GKG).

Die Klägerseite dürfte also erhebliche Schwierigkeiten haben, mit ihren Forderungen durchzudringen.

Photo: G.T. Global Trading Germany UG