Während zahlreiche Gemeindepfarrer sogar die Abschaffung der Militärseelsorge fordern, wird diese von gewissen LINKE-Politikern verteidigt.)
WEIMAR. (fgw) Tonangebende VIP’s der Partei »Die LINKE«, wie Bodo Ramelow und Gregor Gysi, blocken stets jedwede laizistischen Forderungen ihrer eigenen Parteimitglieder gebetsmühlenartig mit zwei Totschlag-Argumenten ab: Die Kirchen seien Verbündete im Kampf für den Frieden und gegen den Sozialabbau. Daher verbiete sich für die Partei und ihre Fraktionen jedwede Kirchenkritik und erst recht jeder praktische Schritt zur Realisierung der von der Weimarer Verfassung (und damit auch vom bundesrepublikanischen Grundgesetz) seit 1919 (!) gebotenen Trennung von Staat und Kirche. (Nebenbei: Nicht anders verfahren auch andere Bundestagsparteien, wenn es um dieses Thema geht!)Lassen wir hier mal das Stichwort »Verbündete gegen den Sozialabbau« weitgehend außer acht. Dazu nur soviel: Die Kirche(n) sind seit mehr als 1500 Jahren in erster Linie ein Wirtschaftsunternehmen - bis heute als mit Abstand größter Großgrundbesitzer und seit dem Ende des Feudalismus auch als Großkapitalisten in Industrie, Handel, Medien und Banken. Hier agieren sie nicht anders als jeder andere Monopolkapitalist. Über die Rechte, Arbeits- und Lohnbedingungen in den Unternehmungen in bischöflichem Eigentum ist bereits viel geschrieben worden; mehr als eine Million Männer und Frauen können allein in Deutschland davon ein garstig Lied singen.
Am Montag dieser Woche, also am 20. Januar 2014, rechtfertigte der von Bodo R. und Gregor G. angehimmelte Nikolaus Schneider (man ist ja so verzückt, wenn dieser einem bei evangelischen Kirchentagen huldvoll die Schulter tätschelt) im Deutschlandfunk die weltweiten Kriegseinsätze der Bundeswehr. Und was gab der evangelische Friedensapostel Nikolaus da u.a. von sich? Nun, ganz im Tonfall und in der Wortwahl anderer Friedens- und Menschenrechtsapostel (Ronald Reagan und der Bush-Krieger George Dabbeljuh) bekannte der Vorsitzende des Rates der evangelischen Kirche in Deutschland (EKD): »Aber die Welt ist noch nicht das Reich Gottes und es gibt das Böse als einen realen Machtfaktor.«
Soso, »das Böse«… Wer oder was ist das? Nun, es sind immer die anderen. Es sind diejenigen, die man unterwerfen und ausbeuten will, die sich das nicht gefallen lassen, die unbotmäßig gegenüber der »gottgewollten« Macht von Kapital, Amts-Sessel und Altar sind.
Von den o.g. Politikern, die sich links nennen, sich auf Liebknecht und Luxemburg berufen, war bis jetzt kein Widerwort zu dieser Kriegspredigt zu hören.
Im Gegensatz zu diesen Männern ließ solch deutliche Kriegspredigt aber eine pensionierte Pastorin nicht ruhen. Horsta Krum, langjähriges Mitglied der Christlichen Friedenskonferenz, meldete sich öffentlich zu Wort. In der Tageszeitung »Junge Welt« vom 01. Februar schreibt sie unter der Überschrift »Krieg als notwendiges Übel« u.a. dies:
Selig sind die Friedfertigen - unter diesem biblischen Zitat hat die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) diese Woche eine Stellungnahme zum Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan veröffentlicht, in der sie nach ethischen Kriterien für einen ›gerechten Frieden‹ fragt.
Wie sonst auch, arrangiert sich die EKD mit den Mächtigen. Krieg wird beispielsweise als ›militärische Friedensmission‹ bezeichnet. Zwar zieht das Papier eine realistische Bilanz der Situation in Afghanistan und schildert ungeschönt die katastrophalen Zustände, unter denen die Zivilbevölkerung leidet. Aber immer wieder wird diese Bestandsaufnahme relativiert. Die Verantwortlichen werden damit entlastet. (…)
Und der EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider demonstrierte im Deutschlandfunk-Interview am Montag in aller Deutlichkeit, daß die Regierenden von seiner Institution auch in Zukunft kein ernsthaftes Veto befürchen müssen, wenn Deutschland weiterhin Kriege führt. (…)
Nach Einschätzung Schneiders hat die Bundeswehr insgesamt ›Voraussetzungen verbessert, daß Frieden geschaffen werden kann‹. Gleichwohl ist ihm bewußt, daß Krieg ›mit den Worten Jesu‹ nicht zu rechtfertigen ist. Aber die heutige Welt sei eben ›noch nicht das Reich Gottes‹. Will der Theologe Schneider damit suggerieren, Jesus habe seinerzeit in einer weniger gewalttätigen, ungerechten und konfliktbeladenen Welt gelebt als wir? Oder meint er, der Gottessohn sei eben zu naiv gewesen? (…)
Die deutsche evangelische Kirche beruft sich auf den mutigen Martin Luther. Warum kann sie nicht sagen: Krieg tötet, und die Überlebenden schädigt er in nicht zu rechtfertigender Weise? Sie kann es nicht, solange die enge personelle und strukturelle Verflechtung von Kirche und Staat in der Bundesrepublik weiter besteht, solange die Kirche finanziell vom Staat anhängig ist und dies auch nicht anders will. So lange werden wir vergebens auf ihr klares Nein zum Krieg warten.
Nun, die Pastorin hat voll und ganz recht! Eine Anmerkung sei aber gestattet zu ihrem Satz im vorigen Absatz, der da beginnt »Sie kann es nicht…« Ja, die enge personelle und strukturelle Verflechtung von Kirche und Staat ist ein wichtiger Grund, aber leider nicht die ganze Wahrheit. Zu der gehört, daß »die Kirche« vor allem fester Bestandteil des kapitalistischen Wirtschaftssystems ist.
Die Theologin Krum plädiert ohne Wenn und Aber für den Laizismus, also für das Verfassungsprinzip der Trennung von Staat und Kirche. Und sie schreibt in aller Eindeutigkeit, so lange dies nicht durchgesetzt sei, »so lange werden wir vergebens auf ihr [der Kirche; SRK] klares Nein zum Krieg warten.«
Aber solche klaren Erkenntnisse prallen von gewissen Bischofsfreunden ab, die deren sonntägliche Kanzelpredigten für bare Münze nehmen (wollen). Dabei lautet doch eine alte Volks-Weisheit über die Priesterkaste: »Sie predigen öffentlich Wasser und saufen heimlich Wein.« Wobei heute solche Friedensapostel wie Nikolaus Schneider den Wein sogar öffentlich (siehe die Sendung im Deutschlandfunk) saufen können, da sie viele Menschen, vor allem die ihnen hörige Politikerkaste sowie devote Lohnschreiber mit ihrer Heuchelei schon weitgehend besoffen geredet haben und kaum noch ernste Kritik befürchten müssen.
Daher gilt nach wie vor für wirkliche Friedenskämpfer, Horsta Krum ergänzend: »Es rettet uns kein höh’res Wesen, kein Gott, kein Kaiser, noch Tribun, uns aus dem Elend zu befrei’n, das können wir nur selber tun.«
Unsere Verbündeten im Kampf für den Frieden, gegen den Krieg, das sind nicht »die Kirche(n)«, das ist nicht die Priesterkaste. Unsere Verbündeten, das sind dagegen viele, sehr viele einzelne und konkrete Mitglieder von Religionsgemeinschaften, einschließlich vieler aktiver und pensionierter Kleriker! Auf solche Menschen sollte, ja muß, linke Politik hören, und nicht stattdessen kritiklos-devot den Bischöfen die Füße küssen!
Siegfried R. Krebs
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]