Einladungen

Von Wellenklang

Früher kamen Einladungen mit der Post. Je nachdem ob es sich um handgeschöpftes Bütten oder einfaches Briefpapier vom Feinkost Albrecht handelte, konnte der Empfänger bereits vor dem Öffnen erahnen oder rätseln , ob demnächst mal wieder der feine Zwirn aus der Mottenkiste befreit wird.

Natürlich macht das heute niemand mehr. Wer was auf sich hält bittet per Social Media. Facebook, Twitter und Co nutzen den unbegrenzten Teilungsradius um zu Veranstaltungen zu bitten.  Plopp im Fenster oder Dingeling bei What’sApp und die Nachbarin möchte Ihren Hochzeitstag mit der ganzen Siedlung im Sportheim feiern, plopp ein Charityunternehmen bittet zum Kuchenbasar und Plopp die Mädels feiern ihren Geburtstag dieses Jahr stilecht in einem alten Leuchtturm. Ich muss mir nur die Mühe machen und zwei Dinge klären. Habe ich Zeit und habe ich Bock? Danach kann ich, anstatt selbst zu Füllfederhalter und Papier greifen zu müssen oder das Telefon in die Hand zu nehmen, einen von drei Buttons pushen und schon bin ich dabei, weiß das noch nicht oder kann nicht. Meine Auswahl darf geliked werden oder kommentiert, was mir sofort ein reales Feedback gibt, ob sich die anderen Eingeladenen über mein Erscheinen freuen oder nicht. Und wenn ich feststelle das mir die Gästemischung persönlich nicht zusagt, hat Facebook seine Buttons so aufbereitet das ich bis kurz vor Veranstaltungsbeginn noch absagen kann.

Fast täglich flattern Veranstaltungen dank Social Media ins Haus. Mit von der Partie sind solche, bei denen die Veranstalter willkürlich ihr Publikum animieren zum SummerSale, einem Konzert, nem Festival oder Ähnlichem  zu erscheinen. Dabei sind auch Einladungen zu Galerieeröffnungen, Firmenjubiläen, dem alljährlichen Surfworldcup. Alles Events die man nicht zwingend besuchen muss und bei denen es dem Einladenden relativ egal ist , ob nun genau meine Person dort erscheint oder nicht. Für ihn zählt ausschließlich die Quantität. Wenn Du zu der Gruppe gehörst die regelmässig solche Veranstaltungen absagen und sich dann im bereitstehenden Erklärfenster aus der Teilnahmepflicht schreiben sei appeliert: “Das interessiert dort keine Sau!” Ehrlich nicht. Mach Dir nicht die Mühe. Hier gehts wirklich nur um  Zahlen für die  KampagnenUschi.

Den Grossevents folgen die Informationsveranstaltungen der GuerillamarketingFront, auf denen mir suggeriert werden soll, das, wenn ich mitspiele, ein Haus auf Mallorca, die Yacht in Pollenca und der jährliche Karibikurlaub meine Zukunft sein werden. Ich muss nur das Produkt gewinnbringend verscherbeln. Hierbei handelt es sich vorzugsweise und in der Regel um ein Mittelchen die Gesundheit zu stärken, den Erfolg zu vergrössern, den Stress dank modernster Technik zu minimieren und und und. “Komm herein- be part of the game.” Die Einladenden sind allesamt erfolgreiche Businessleute, immer schick und adrett, das nötige Kleingeld parat, so dass Du wirklich kurzfristig überlegst ob das ‘Süsse Nichtstun’ nicht auch was für Dich wäre. Du musst ja lediglich nur ein paar Anteile kaufen, diese weiterverticken und den Leuten erzählen das dieses Produkt genau das ist was die Lösung all ihrer Probleme herbei führt.  Genau das und das Einzige. Was anderes hilft nicht. So ist der Plan. Und bist Du erfolgreich im Märchenerzählen kannst Du Dich in wenigen Jahren entspannt zurücklehnen und den Rubel für Dich rollen lassen. Scheißegal ob das Pulver was taugt ode rnicht. Hauptsache die Abrechnung stimmt. Bestes Beispiel ist für mich die derzeit rollende LifePlus Kampagne. Im vergangenen Monat habe ich nicht weniger als fünf Absagen zu solchen “Informationsveranstaltungen” rausgehauen. Einmal war es ein Yogaabend im engen Kreis, ein anderes Mal eine Charityveranstaltung hinter deren Maske sich ebenfalls die Firma verbarg. Was ich übrigens besonders verwerflich finde. Den Hilfegedanken für seinen Geldbeutel missbrauchen. Beinahe wäre ich hingegangen. Mit Charity bekommt Ihr mich immer. Da mir der Name der Organisation jedoch nicht vertraut war musste Bruder Google ran. Und siehe da- organisiert vom Pillenriesen, vermarktet von ihm und geleitet von den Opinionleadern, soll das Ganze transparent und uneigennützigen Charakter haben. Wenn nebenher noch das eine oder andere Neuopfer aquiriert wird kann doch niemand was dagegen haben oder?! Leute! Ich selektiere Euch aus und wenn Ihr mich mit Artikeln bombardiert, die mir erzählen das ich Vitaminpillen einwerfen muss um meinen Körper zu stählen und nicht einfach Obst, Gemüse und ein bisschen Verstand, dann bin ich nur genervt und nicht interessiert. Und nein! Ich glaube ebenfalls nicht das unser Gemüse aufgrund überdüngter Äcker keine Power mehr hat. Was für ein Schwachsinn! Jedes Kind weiß das Hollandtomaten natürlich weniger Vitamin haben als die Einheimischen. Und wenn die Amis zu blöd sind die vernünftig selbst zu kultivieren, um genug Vitamin zu bekommen und Glashausware einwerfen, dann ist das so. Aber es betrifft mich nicht.  Ich kann mir meine Tomate aus dem Garten holen und weiß Gott- die hat alles was sie braucht.

So bin ich Tag für Tag am ordnen diverser Einladungen. Will ich, will ich nicht, weiß ich nicht- drei Buttons die entscheiden.

Am liebsten habe ich Geburtstags- und Partyeinladungen. In unserer schnelllebigen Zeit kann man da schnell mal durcheinander kommen. Hat man die Vielzahl der Veranstaltungen und seinen Kalender nicht im Griff, kann es vorkommen das der Paul einen auf der Zugspitze zum Apreswandern erwartet, während man in Hamburg bei Tanja den 35. Geburtstag rockt. Wenn Paul todtraurig und einsam  morgens anruft und Du ihm betrunken von der Reeperbahn Helenes Atemlos entgegenbrüllst, ist es nicht unwahrscheinlich das er Dich aus der Liste der Einzuladenden für ewig verbannt. Pauls können sehr nachtragend sein. Das ist ein Manko, dem Facebook sich ja vielleicht auch irgendwann mal annimmt. Dieser Erinnerungsbutton ist mir persönlich nämlich noch immer zu klein.  Die Vielzahl der Einladungen sorgt für mehr Freizeitstress. Dabei sollen wir doch unseren Geist entspannen von den Turbulenzen des täglichen Lebens. trotzdem mag ich das , wenn da die Einladung zum Geburtstagskuchen via Facebook kommt. Der Kreis der Eingeladenen ist übersichtlich und ich kann mich schnell kurzschließen was denn als Geschenk angebracht ist. Überraschungspartys und andere Geheimsitzungen lassen sich auf die SocialMedia- Art ebenfalls hervorragend organisieren. Praktisch und unkompliziert.

Ganz unten in meiner Einladungsschublade habe ich, und ich muss das jetzt rauskramen, die Stilblüten eingelagert. Diese können einem durchaus die Laune verderben. Ich meine wer bekommt schon gerne eine Einladung, die mit den Worten endet- “Los! Ihr faulen Säcke, rennt mit mir um den See! Danach fühlt ihr Euch besser!” oder als Aufhänger- “Ich habe 20 Kilo abgespeckt und miste meinen Kleiderschrank aus. Komm doch gerne vorbei, die meisten Sachen sind wie neu und vielleicht gefällt Dir ja was. Es gibt auch Obstsalat.” Leute! Sowas will kein Mensch hören, geschweige denn lesen! Wo ist Euer Anstand. Es gibt Dinge im Leben die diplomatisch angebracht sicherlich einen gewissen Erfolg mit sich bringen. Ein  “Ihr faulen Säcke” oder “vielleicht gefällt Dir ja was” impliziert keinesfalls das ich es eigentlich nicht nötig hätte.

Derartige Einladungen betrachte ich als persönlichen Affront. Dafür ist mein Fell nicht dick genug- noch nicht!

In diesem Sinne- humpele ich jetzt zum Briefkasten. Vielleicht liegt ja eine Einladung drin, geschrieben auf feinstem Büttenpapier und mit einem Hauch Rosenwasser betupft.

Und warum ich humpele erzähl ich bald.