Einheitsfronten im Kapitalismus

Mit der Financial Times Deutschland ist es ein bisschen wie mit der DDR, von der mir mal jemand sagte “gerade als sie anfing, Spaß zu machen, ist sie untergegangen”. Jedenfalls hat die FTD festgestellt, dass der Kapitalismus daran schuld ist, dass das Bier nicht mehr schmeckt. Denn es gibt nur noch vier internationale Braukonzerne, die mit einer globalen Einheitsbrühe Rekordumsätze zusammenbrauen. Soviel zur Legende, der Markt sorge dafür, dass es mehr Auswahl und bessere Produkte geben würde. In Deutschland gibt derzeit noch einen halbwegs funktionierenden Biermarkt, weshalb der globale Mangel an Geschmack derzeit noch nicht so krass auffällt, aber aufmerksame Biertrinker werden gewiss schon bemerkt haben, dass in den vergangenen Jahrzehnten sehr viele lokale Marken und Biersorten verschwunden sind. Davon mal abgesehen, dass Bier zu den Dingen gehört, die seit der Euroumstellung ganz schön viel teurer geworden sind.

Die FTD hat den unerträglichen Massengeschmack aber noch an anderer Stelle entdeckt, und zwar an einer noch viel ärgerlicheren: Der aktuellen Architektur – denn “modern” mag ich zu so etwas gar nicht sagen:

Mag man im Falle Bier als Konsument noch auf Alternativen zurückgreifen können, ist man in einem anderen, noch ärgerlicherem und vor allem langfristig irreversiblem Fall den Nachteilen des Kapitalismus ungeschützt ausgeliefert: Im Falle der modernen Architektur. Seit Jahrzehnten spricht sie nicht nur der auf anderen Gebieten an Fahrt gewinnenden Idee der Nachhaltigkeit Hohn, da sich die mittlere Lebensdauer sowohl von Büro- als auch Wohnimmobilien kontinuierlich verkürzt. Zudem beleidigt sie permanent unser Auge – im besten Fall langweilt sie es.
Was heutzutage in wohlhabenden Städten, von finanzkräftigen Bauherren, erfahrenen Entwicklern und erfolgreichen Architekten im freien Spiel der Märkte für eine gut betuchte Klientel an Immobilien ausgespien wird, ist nicht nur eine ästhetische Zumutung, sondern trägt zur Verödung der Innenstädte bei.

Frankfurt wird gerade an einer exponierten Lage am Main in Form des in Bau befindlichen “Maintor-Quartiers” mit einer weiteren belanglosen Ansammlung von Schuhkartonhäusern zugemüllt. Wäre es nur auf Frankfurt beschränkt – geschenkt. Doch diese fantasielosen Kubenkomplexe verbreiten sich in ganz Deutschland und tragen zur Austauschbarkeit der Städte bei. Mit dem deutschen Baurecht ist das nicht zu exkulpieren – es ist die kranke Ausgeburt kosten- und konsensgetriebener Kleingeister im Kapitalismus.

Wie wahr. Wenn ich in Berlin mit der Stadtbahn zur Arbeit fahre, sind derzeit einige Baustellen zu besichtigen, auf denen Schreckliches en masse zu sehen ist: Sie sehen nämlich alle gleich aus! Und schlimmer noch: Man kann bereits genügend fertiggestellte Beton-Hochbunker betrachten, die genauso aussehen, wie die, die noch dazu gebaut werden. Bei den Einheitsfronten in frischem Betongrau zitieren die schießschartenartigen Fensterlöcher der Motel-One-Neubauten fast schon ironisch die nicht weniger schießschartenartige Gestaltung des Grimm-Archivs – wobei ich der strengen Gestaltung der Bibliothek durchaus etwas abgewinnen kann – das erinnert an die Reihen der Bücherregale im Innern. Aber müssen deshalb sämtliche anderen Neubauten wie misslungene Bibliotheksneubauten aussehen?! Ich finde es im Grunde gut, dass die Gegend um den Berliner Hauptbahnhof endlich bebaut wird, vom Hauptbahnhof mal abgesehen sah es dort ja wie ein Atombomben-Testgebiet aus. Aber was jetzt dort im Gange ist, lässt wünschen, dass die Bebauung nur zum Testen neuer Abrisstechniken dienen wird.

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