Einfacher Aussteigen?

Einfacher Aussteigen?Geschafft! Keine dauerlächelnden Kandidaten mehr am Strassenrand, (vorläufig) keine mit SVP-Plakaten zugepflasterten Bahnhöfe mehr, keine Flugblatt-Aufdrängungsaktionen mehr in der Innenstadt. Noch ein paar Analysen, noch ein paar zweite Wahlgänge für den Ständerat, und die politische Schweiz kehrt wieder zum Alltag zurück.

Eines der ersten Traktanden, mit denen sich die Neu- und Wiedergewählten beschäftigen werden, wird der Atomausstieg sein. Glaubt man den eiligst hingeworfenen Nachwahl-Analysen, so wird dieser kaum viel mehr als eine Formsache sein. BDP und Grünliberale sind schliesslich Wahlsieger, und beide Parteien wollen den Ausstieg. Dass die Aussteiger der ersten Stunde, die Grünen, ein Viertel ihrer bisherigen Mandate eingebüsst haben, ist in diesen Instant-Analysen kaum einen Nebensatz wert.

Halten wir uns doch mal an die Fakten. An die Tatsache etwa, dass die BDP erst vor ein paar Monaten unter dem Schock von Fukushima von einer glühenden Pro-AKW-Haltung ins Lager der Gegner umgeschwenkt ist. Wer sich nicht erinnert, schaue einmal die Werbebroschüre für die Mühleberg-Abstimmung vom 13. Februar 2011 an. Und wer keine Zweifel hegt, dass die AKW-kritische Haltung anhält, lese doch einmal in der «Berner Zeitung» den gedrechselten Satz von Neu-Nationalrat und BKW-Verwaltungsratspräsident Urs Gasche zum Atomausstieg.

Die Grünliberalen wiederum wollen den Atomausstieg, allerdings wirtschaftsverträglich. Ein schnelles Ende der Atomkraft in der Schweiz ist mit dem Wahlsieg der Bäumle-Partei somit in noch weitere Ferne gerückt. Über 50-Jährige jedenfalls sollten sich keine Illusionen machen, dass sie die Abschaltung des letzten Schweizer AKWs noch erleben.

Auch die CVP will bekanntlich aus der Atomenergie aussteigen – oder wollte dies zumindest bis zum 23. Oktober. Allerdings brauchte Parteipräsident Christophe Darbellay beinahe rohe Gewalt, um die Atombefürworter in den eigenen Reihen vor den Wahlen auf Kurs zu bringen. Und der Initiant der Ausstiegs-Motion, der Walliser Robert Schmidt, wurde von seinen Wählerinnen und Wählern für sein Engagement gegen die Atomkraft gleich mit der Abwahl bestraft.

Geschwächte Grüne, die BDP mit mindestens einem einflussreichen Atombefürworter im Rat, die Grünliberalen mit ihrer Rücksicht auf die Wirtschaft, dazu CVP-Vertreterinnen und -Vertreter, deren Ziel im Herbst wohl eher die Sicherung des eigenen Sitzes statt das Ende der Atomkraft war…

Hat da jemand gesagt, der Ausstieg werde mit dem neuen Parlament einfacher?

Strahlendes Parlament

Die Schweizer AKW-Betreiber sind im neuen Parlament nicht mehr so gut vertreten wie in der letzten Legislatur. Aber zu ein paar Sitzen hat es durchaus noch gereicht.

  • Die Axpo mit dem Rücktritt von CVP-Mann Philipp Stähelin einen Verwaltungsrat der Axpo AG und des AKWs Gösgen im Ständerat – hat aber mit Pankraz Freitag (FDP, GL) immer noch den Verwaltungsratspräsidenten der Axpo Holding sowie des AKWs Beznau «vor Ort».
  • Zurückgetreten ist auch Rolf Büttiker, Solothurner FDP-Ständerat und Verwaltungsrat des AKWs Leibstadt – welches aber mit CVP-Vertreter Pirmin Bischof immer noch in Bundesbern präsent ist.
  • Neu im Parlament ist in der Person von Urs Gasche die BKW. Der BDP-Mann amtet bei der Betreiberin des AKWs Mühleberg als Verwaltungsratspräsident. Erst im vergangenen Frühling ist er als Präsident der kantonalbernischen BDP zurückgetreten, als diese plötzlich den Atomausstieg befürwortete. Entsprechend ausweichend äussert er sich seither, wenn er darauf angesprochen wird: «In der BDP hat es Platz für unterschiedliche Meinungen, wenn man grundsätzlich auf der Parteilinie liegt», sagt Gasche auf eine entsprechende Frage der «Berner Zeitung».

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