Die Werfthalle von Nordic Yards ist ein weithin sichtbares Zeichen der Hansestadt Wismar. Sie beherbergt ein Trockendock, in dem riesige Schiffe gebaut werden – und mittlerweile auch Offshore-Plattformen für Windparks in der Nordsee.
Zu den Geschäftszweigen von Nordic Yards, mit Werften in Warnemünde und Wismar, gehören Spezialschiffe, Schiffe für den arktischen Einsatz sowie Passagierschiffe und Fähren. Anfang 2011 entschied die Geschäftsführung, auch in den Bereich der erneuerbaren Energien zu investieren, genauer gesagt in das Geschäftsfeld der Offshore-Windenergie. “Das war noch vor der Nuklearkatastrophe in Fukushima. Da war von einer Abschaltung der deutschen Atomkraftwerke noch gar keine Rede”, erinnert sich Andreas Amelang, einer der beiden Hauptverantwortlichen im Bereich Offshore Wind bei Nordic Yards.
Für diesen Schritt gab es verschiedene Gründe. Zu auftragsstarken Zeiten verließen rund 16 Schiffe pro Jahr die beiden Werften. Mit rückläufiger Marktnachfrage konzentrierte sich das Unternehmen auf die Anfertigung von Spezialschiffen, zum Beispiel eisbrechende Tonnage und RoPax-Fähren. “Jedes Schiff muss den Anforderungen entsprechend neu konzipiert werden”, sagt Olaf Wunderlich, ebenfalls hauptverantwortlich für Offshore Wind. “Jedes Schiff ist quasi ein Unikat und hat eine längere Entwicklungs-, Bau- und Ausrüstungsphase.”
Bei voll auszustattenden Spezialschiffen gibt es in den letzten Monaten bis zur endgültigen Fertigstellung für die Stahlschiffbauer in der Regel weniger zu tun. “Deshalb haben wir nach Alternativen gesucht, bei denen Stahl auch eine wichtige Rolle spielt”, sagt Wunderlich. Da bot sich der Bau von Offshore-Plattformen an. “Diese Projekte passen sehr gut zum Schiffbau, denn wir wissen, was es bedeutet, im salzhaltigen Medium zu arbeiten”, erklärt Amelang. “Wir wollen diesen Bereich weiter ausbauen, als zweite starke Säule des Unternehmens.”
Und die Firma ist bereits auf einem guten Weg. Weltweit werden derzeit fünf Konverterplattformen gebaut, die die gewonnene Windenergie von Wechsel- in Gleichstrom umwandeln. Drei davon entstehen im Auftrag des Weltkonzerns Siemens bei Nordic Yards in Wismar und Warnemünde. Anfang Mai begannen die Arbeiten an der dritten und bislang weltweit größten Plattform ihrer Art “SylWin alpha”, die mit den beeindruckenden Maßen von 80 Metern Höhe und 82 Metern Länge einst in der Nordsee stehen soll. Von dort aus wird die gewonnene Energie von rund 864 Megawatt an das deutsche Festland weitergeleitet.
Die beiden anderen Konverterplattformen in den Nordic-Docks, “BorWin beta” und “HelWin alpha”, stehen hingegen kurz vor dem schiffbaulichen Abschluss. Das wird bei einem Gang entlang des Wismarer Trockendocks deutlich. Im vorderen Bereich, direkt hinter dem Docktor, wird das zukünftige Fundament der “BorWin beta” zu einem riesigen Stahlkorsett zusammengeschweißt. Dafür wurden die Teile in Warnemünde vorgefertigt. Im hinteren Teil des Docks ragt die sogenannte Topside der Konverterplattform “HelWin alpha” in die Höhe. Sie sieht wie ein gigantischer Wohnblock aus und es ist nur schwer vorstellbar, wie sie in diesem Umfang von Schleppern über die Ostsee gezogen wird, um zukünftig hoch über den stürmischen Wellen der Nordsee zu thronen. Neben den Arbeiten an der Hülle ist auch die Ausrüstungsphase bereits in vollem Gange. In der Plattform befinden sich nicht nur hochsensible Elektrotechnik, sondern auch Werkstätten, Maschinenräume sowie ein Wohnbereich. Eine voll ausgestattete Plattform entspricht in etwa dem Gewicht von 25 Airbus A380. “Sie ist die Schaltzentrale und damit das Herzstück eines Windparks”, sagt Wunderlich.
Vor einigen Jahren sah die Zukunft des Betriebes nicht so rosig aus. Denn im Juni 2009 stellte das damals noch unter Wadan Yards bekannte Unternehmen Insolvenzanträge für die Werften in Wismar und Warnemünde. Doch bereits im August konnte ein neuer Investor präsentiert werden: der Russe Vitaly Yusufov, Eigentümer und Geschäftsführer der damals neu gegründeten Nordic Yards. Im Oktober 2009 konnte die Arbeit in beiden Werften wieder aufgenommen werden.
Zum Geschäftsfeld der Offshore-Projekte sollen zukünftig auch Spezialschiffe gehören, die für den Aufbau und die Wartung der Windanlagen benötigt werden. In diesem Zusammenhang stellt Nordic Yards auf der Zukunftskonferenz “Wind und Maritim” in Rostock nun ein patentiertes Konzept für ein vollkommen neuartiges Errichterschiff vor, den sogenannten “Heavy Installer”.
Während bislang die Komponenten eines Windrades einzeln auf See montiert werden, können nach Vorstellungen von Nordic Yards zukünftig alle Teile an Land zusammengefügt und dann auf dem Schiff stehend bis zum Fundament transportiert werden – und zwar vier Anlagen auf einmal. Der riesige Brückenkran auf Deck kann die Windräder dann zentimetergenau auf die Fundamente setzen. “Unser Heavy Installer hat den großen Vorteil, relativ wetterunabhängig und damit höchst effektiv zu arbeiten – das spart Zeit und Geld beim Errichten von Windparks”, sagt Amelang und fügt hinzu: “Es ist ein ideales Schiff zur Umsetzung der Energiewende in Deutschland.”
Quelle: SVZ.de
Neue Dimension: Die Nordic-Offshore-Chefs Olaf Wunderlich (l.) und Andreas Amelang vor der riesigen Konverterplattform "HelWin alpha", die derzeit in der Wismarer Werft gebaut wird. Foto: Dajana Richter