Eine Therapie für Aristoteles

Von Privatkino
Titel: Eine Therapie für Aristoteles
Originaltitel: How to write a novel
Autor: Melanie Sumner
Genre: Belletristik
Verlag: Dumont
Format: Hardcover, 352 Seiten
ISBN: 978-3832197964

Inhalt:
Aristoteles „Aris“ Thibodeau ist zwölf Jahre alt und anders, als man vielleicht vermutet, ist sie kein Junge. Eigentlich möchte sie sich selbst finden, was aber gar nicht so leicht ist, wenn man sich um das desolate Liebesleben der Mutter kümmern und den kleinen Bruder Max irgendwie miterziehen muss. Und ihr Vater? Nun ja, seit er tot ist, ist er ihr nicht mehr wirklich eine große Hilfe und überwiegend nur als Geist anwesend.
Eine Therapie ist teuer, so viel weiß Aris, deswegen beschließt sie, sich selbst zu helfen, mit dem Ratgeber „Romane schreiben in 30 Tagen“ möchte sie einen Bestseller landen und zu sich selbst finden.

Meine Meinung:
Das Cover, aber auch der Klappentext verraten schon – für Aris ist schreiben ihre Therapie, um die Last, die sie tragen muss, ertragbar zu machen. Einerseits habe ich mir ziemlich schwer damit getan, wahrzunehmen, dass dieses Mädchen erst 12 Jahre alt ist, viel zu altklug und abgebrüht wirkte sie auf mich, auf der anderen Seite trägt sie eine enorme Verantwortung, besonders ihrer Mutter und ihrem Bruder gegenüber, dass man es ihr abnimmt, auch wenn als Hintergrundgeräusch, immer ein leichter Zweifel bleibt, ob so wirklich eine 12-jährige denkt.

Aris ist also altklug und wie oben geschrieben, kommt ihr Verhalten nicht immer realistisch rüber und trotzdem begeisterte sie mich auf voller Linie. Ihre Gedanken mögen sehr reif sein, aber ihr Sinn für Ironie ist Weltklasse und beeindruckt noch mehr.

Was geschieht jetzt eigentlich im Buch, nun ja, Aris Bruder Max ist in Therapie wegen vielerlei Dinge und da eine Therapie teuer ist, kann sich die Familie nur eine leisten, obwohl Aris sich oft wünscht, auch jemanden zu haben, dem sie alles erzählen kann.
Nicht umsonst heißt es, Papier ist geduldig und so beschließt das Mädchen, einfach ihren Alltag niederzuschreiben, den Tipps aus einem Ratgeber folgend. Es mag auf den ersten Blick langweilig klingen, was soll an einem Alltag einer 12-jährigen auch besonders spannend sein, doch wie erwähnt, Aris ist besonders, ihre Gedanken haben unglaublichen Tiefgang, ihre Worte haben Gewicht und manche Zeilen habe ich einfach fünf-sechs Mal gelesen, weil sie so wunderbar waren, dass ich es einfach nicht über mich gebracht habe, sie so schnell wieder loszulassen.

Und jetzt, ich überlege noch einmal: ist es wirklich ein Kritikpunkt, dass Aris so jung ist und man fast nicht glauben mag, dass ihre Gedanken solch eine Tiefe haben? Nein, weil man manchmal Kinder unterschätzt und ja, wenn man seinen Vater verliert, eine Mutter, die ständig auf der Suche nach Liebe ist, vor sich hat und dann auch noch eine starke Bezugspersonen für den kleinen Bruder darstellt, ja, vielleicht beginnt man die Welt ein wenig mit anderen, reiferen Augen zu sehen.

Abschließend noch kurz zum Schreibstil, der grandios ist, weil man doch die Portion Ironie nur so durch die Seiten fliegt und als ich die Geschichte beendet hatte, wurde es mir richtig schwer ums Herz, weil ich diese Familie nicht gehen lassen wollte, weil ich sofort wollte, dass Aris aus dem Buch hüpft und mit mir einen Kakao trinkt.

Fazit:
Großes Kino eines kleinen Mädchens, was mich auch nach dem Lesen nicht losgelassen und definitiv einen Platz in meinem Herzen gefunden hat.