Die Leiterin der Staatsanwaltschaft von Barcelona, Concepción Talón, 59 Jahre alt, hat der Zeitung "El Pais" ein Interview gegeben. Dabei geht es in erster Linie um die katalanische Unabhängigkeitsbewegung und das Referendum von 2017, das zur Verhaftung von katalanischen Politiker/-innen führte, die jetzt seit 2 Jahren in Untersuchungshaft sitzen, ohne dass der Prozess bisher abgeschlossen wurde.
Diese Verhaftungen wurden europaweit und auch von der UNO als völlig überzogen angesehen und man kann deshalb zu Recht von "politischen Gefangenen" in einem angeblich demokratischen und Menschenrechte respektierenden spanischen Staat sprechen. Die lange Dauer des Prozesses wird auch darauf zurückgeführt, dass den Inhaftierten nicht die Gelegenheit gegeben werden sollte, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen. Dies ist ja bekanntlich erst möglich, wenn der inländische Rechtsweg ausgeschöpft ist.
Mit Frau Talón äußert sich nun eine Repräsentantin der spanischen Justiz, die erkennbar immer noch von einer reaktionären Rachsucht der Zentralisten in Madrid geprägt ist. Die Zeitung schreibt, dass die Staatsanwältin im Interview Klartext sprach, der sie sogar selbst erschreckt habe.
Gefragt, ob die katalanischen Politiker in der Haft zu schonend behandelt würden, antwortet sie mit einem klaren "auf jeden Fall". "Sie sind nicht behandelt worden wie andere. Da haben sich sogar die normalen Gefangenen beschwert. Sie haben eine hohe Zahl von Besuchen bekommen. Wir haben auch personelle Veränderungen in der Leitung der Gefängnisse beobachten können...."
Auf die Frage, ob im Falle eine Verurteilung die Gefangenen ihre Strafe in Katalonien verbüssen könnten, antwortet sie: "Die Staatsanwaltschaft bezweifelt die Neutralität der katalanischen Regierung auf Grund der bisherigen Erfahrungen. Falls die Gefängnisverwaltung bereit ist, dass sie wie alle anderen auch behandelt werden, können sie dort bleiben. Aber falls wir einen begünstigende Behandlung bemerken, können sie nicht dort bleiben. Es geht um das Prinzip der Gleichheit und Gesetzlichkeit, dann würde die Staatsanwaltschaft handeln."
Aus diesen Aussagen kann entnommen werden, dass die spanische Justiz weiterhin auf einem Auge blind ist und das nicht per Zufall. Der Putschist Tejero konnte damals seine Strafe unter günstigsten Bedingungen verbüssen, der Königsschwiegersohn Urdangarin, der wegen Korruption eine Haftstrafe verbüssen muss, tut dies unter den wohlwollenden Augen der ach so strengen Justiz und kann die Vergünstigungen genießen, die man katalanischen Politikern nicht zugestehen will. Es gibt noch viele Beispiel dieser völlig parteiischen Justiz und die eiserne Staatsanwältin aus Barcelona ist ein Symptom für diese selbstverständliche Einseitigkeit.
Sie wird auch gefragt, was sie tun würde, wenn die gefangenen Politiker nach Verurteilung zu einer Gefängnsstrafe, begnadigt würden. Auch hier ist ihre Antwort knallhart: "Von einer Begnadigung zu sprechen ist völlig außerhalb jeder Diskussion. Wenn eine Strafe ausgesprochen wird, dann muss sie auch vollzogen werden. Man muss das Urteil auf sich nehmen. Das funktioniert auch als Prävention, die auch schon funktioniert: Es hatte viele Politiker schon schon motiviert, sich ein wenig zurück zu halten......"
Angesprochen auf die Sympathieen in der katalanischen Gesellschaft, die die in Haft befindlichen katalanischen Politiker genießen: "Ja sie sind täglich in den Medien mit ihren persönlichen Angelegenheiten.... aber es gibt auch gewöhnliche Gefangene, die persönliche Probleme haben und die Gesellschaft weiß das nicht".
Hier der Versuch die Politiker als gewöhnliche Kriminelle wie Mörder und Diebe hinzustellen. Die Behandlung dieser Politiker sollte nach Ansicht von Frau Talegón auf möglichst demütigende Art und Weise erfolgen, vermutlich stellt sie sich eine Behandlung vor, wie sie die Madrider Regierung ihnen bei ihrer Verhaftung zukommen ließ. Auch bei der Begnadigung zeigt sich die Staatsanwältin von ihrer beinharten Seite, obwohl Begnadigungen von der spanischen Regierung, insbesondere der konservativ-reaktionären Rajoy- und Aznar-Regierungen der PP gang und gäbe waren. Begnadigt wurden vor allem solche Kriminelle, die zusammen mit den Regierungsparteien über ein Korruptionsnetz verbunden waren.
Auch genießt das Königshaus eine völlige Straffreiheit, die durch die Verfassung garantiert wird, so daß der inzwischen zurückgetretene König Juan Carlos, von dem inzwischen bekannt ist, dass er über korrupte Praktiken zu einem der reichsten Männer Spaniens wurde, nicht belangt werden kann und die Justiz auch keinerlei Interesse zeigt, das zu ändern.
Deshalb ist die Scheinheiligkeit dieser Staatsanwältin, die leider die Macht hat ihre unverfrorene Parteilichkeit auszuüben, an Frechheit eigentlich nicht zu überbieten.Tatsächlich geht es nur um Hass gegen alle diejenigen die das alte Bild Spaniens als Vaterland aller Spanier, repräsentiert durch den König, nicht akzeptieren. Spanien ist aber eine Vielvölkerstaat, dem man unter Berufung auf einen Diktator eine staatliche Organisation überstülpte, die nicht zu diesem Land passt. Madrid hat immer noch nicht kapiert, dass eine friedliche Zukunft nur möglich ist, wenn seinen Gliedstaaten (zur Zeit "autonome Regionen") eine tatsächliche Autonomie gegeben wird und sie gleichberechtigt in einem bundesstaatlichen Gebilde mitreden können und sogar die Alternative haben über ein Referendum über ihre Unabhängigkeit abzustimmen.
Siehe auch:
Die Behandlung der katalanischen Gefangenen zeigt die ganze Arroganz der spanischen Regierung
Kriminelle in Spanien haben gute Aussichten auf Begnadigung
Spanien muss sich seiner Geschichte stellen, dann kann auch Katalonien seinen Platz finden