Eine Sommernachts-Sexkomödie

Erstellt am 20. Mai 2014 von Michael

A MIDSUMMERNIGHT’S SEX COMEDY
(dt.: Eine Sommernachts-Sexkomödie)
USA 1982
Regie, Drehbuch und Hauptrolle: Woody Allen
Dasteller: Woody Allen, Mary Steenburgen, Mia Farrow, José Ferrer, Julie Haggerty, Tony Roberts
Deutschsprachige Kinoauswertung: 1982 unter dem Titel Eine Sommernachts-Sexkomödie
Dauer: 88 min
Bewertung: * * * * *

INHALT:
Drei Paare im ausgehenden 19. Jahrhundert auf Urlaub in freier Natur. Der Erfinder Andrew und seine Frau Adrian, die gerade in einer sexuellen Krise stecken, laden einen befreundeten ältlichen Professor und dessen zukünftige junge Frau und Andrews Freund Maxwell in ihr Landhaus ein. Womanizer Maxwell – er ist Arzt – schleppt noch die sexy Praxishilfe Dulcy mit – und fertig ist der Mix: Unter dem Einfluss vollmondbeschiener Sommernächte geraten die Pärchen auseinander, durcheinander, jede(r) guckt ein bisschen über den Gartenzaun des anderen, man möchte gern fremd gehen, tut es zum Teil auch – und das alles ist ein bischen verklemmt und verschämt.
Dabei wird vor allem über Sex geredet – witzig, intelligent und sarkastisch.

REGIE:
A Midsummernight’s Sex Comedy war einer der ersten Ausflüge des “Stadtneurotikers” in die freie Natur. Er fängt sie mit wunderschönen Bildsequenzen ein, die er mit Orchestermusik von Felix Mendelssohn unterlegt. Doch als wäre es ihm bei der Natur-Inszenierung nicht ganz wohl, beginnt er mittendrin, sich darüber lustig zu machen, indem er plötzlich nur noch Bilder von niedlichen Waldtieren aufeinanderfolgen lässt. Es folgen weitere solcher mit Mendelssohn unterlegter Natur-Sequenzen, welche die Funktion von Zwischenakten übernehmen und die unsere Protagonisten in die Natur einbetten – meist auf komödiantische Weise. Sie sind als Parodien auf Renoir-Idyllen gestaltet. Das Stichwort “Zwischenaktmusik” weist auf die Bühnenhaftigkeit des Films hin. Dialoge stehen klar im Zentrum des Films, der tatsächlich wirkt wie eine Theaterverfilmung. Doch Allen bricht das Theaterhafte mit hübschen visuellen Ideen immer wieder auf, so, dass das statisch-bühnenhaftige nie zuviel Gewicht bekommt.

DREHBUCH:
Woody Allen konzipiert den Film als Romantik-Idylle: Eine kleine Gesellschaft begibt sich in die Natur und erliegt ihrem Zauber. Das magisch-animistsche ergreift Besitz von den Menschen und transformiert sie. Diese romantische Idee untergräbt Allen schalkhaft, indem er die Protagonisten über nichts anderes als Sex reden lässt. Die Natur transformiert die Menschen – insbesondere die Männer – insofern, indem sie das Tier in ihnen herauslockt.
Das setzt Allen in bisweilen witzig-ironischen Dialogen um, die nie plump oder peinlich wirken. Die Protagonisten sind, wie es sich für eine solche “Versuchsanordnung” gehört, Prototypen: Ein pompöser Professor, ein sexbesessener Arzt, ein ungeschickter Erfinder, eine (vermeintlich) dümmliche Krankenschwester, eine frustrierte Ehefrau, eine Frau von Welt. Die Frauenrollen sind eher blass und bleiben daher etwas hinter den scharf gezeichneten Männern zurück.

DIE SCHAUSPIELER/INNEN:
Gut. Nicht grossartig, aber gut. Gefällig.
Allen ist und bleibt ein Kasper – in jeder Rolle immer gleich. Definitiv kein Schauspieler. Der Rest der Crew: Passabel. Mia Farrow überrascht in einer eher erdigen Rolle (obwohl sie im Film Ariel heisst – noch so ein querer Scherz!), sie wurde dafür allerdings für den “Razzie” als schlechteste Schauspielerin des Jahres nominiert. José Ferrer überzeugt als professoraler Wichtigtuer. Julie Hagerty, Mary Steenburgen und Tony Roberts verblassen daneben.
Im Casting liegt der Schwachpunkt des Films. Der einzige.

DEKOR & KOSTÜME:
Man fand ein wunderschönes altes Haus in den Pocantico Hills, in der Nähe New Yorks, inmitten von Wäldern und Auen. Der Drehort wurde auf “Wende zum 20. Jahrhundert” von Speed Hopkins und Carol Joffe zurechtgemacht, was einige sehr schöne Totalen ergibt. Die Kostüme (Santo Loquasto) sind schön, aber unspektakulär – genau passend zum Ton des Films und zur gezeigten Gesellschaft.

DIE DEUTSCHE DVD:
Die DVD von MGM ist leider nicht das Gelbe vom Ei. Das Positive zuerst: Der Film ist in seiner englischen Originalfassung betrachtbar sowie in deutscher, französischer, italienischer und spanischer Synchro. Freundlicherweise gibt es diesmal auch deutsche Untertitel (für Hörgeschädigte) – anders als in einigen anderen alten Woody Allen-Filmen dieses Herausgebers, wo man ohne deutsche Untertitel auskommen muss.
Die Bildqualität lässt zu wünschen übrig: Das Bild ist leicht schwummerig und nicht wirklich scharf.
Und an Extras magelt es ebenfalls: Nur gerade der Trailer zum Film ist vorhanden.
Schade! Der Film hätte eine liebevollere Edition verdient!

VORHER-NACHHER:
Woody Allen drehte vor diesem Film Stardust Memories (1980), danach folgte sein Meisterwerk Zelig (1983).
Mia Farrows “Film davor” war die Liebesschnulze Hurricane, entstanden 1979 unter der Regie von Jan Troell. In dem Film nach A Midsummernight’s Sex Comedy war sie nur zu hören, sie lieh ihre Stimme dem Last Unicorn  im 1982 entstandenen gleichnamigen Zeichentrickfilm von Jules Bass und Arthur Rankin Jr. (dt: Das letzte Einhorn). A Midsummernight’s Sex Comedy war Mia Farrows erster Film mit ihrem späteren Partner Woody Allen – der erste von insgesamt dreizehn.
José Ferrer war vor diesem Film in einer kleinen Rolle im 1981 gedrehten Horrorfilm Bloody Birthday (dt.: Angst) von Ed Hunt zu sehen. Danach trat er, ebenfalls 1982, in einer Hauptrolle in einem weiteren Horror-Streifen auf: Blood Tide (dt.: Das Monster aus der Tiefe) von Richard Jeffries. Ferrers berühmtesten Rollen waren Cyrano De Bergerac im gleichnamigen Film von Michael Gordon (1950) und Toulouse Lautrec in John Hustons Moulin Rouge (1952). José Ferrer führte in sieben Filmen selbst Regie.