„Hier die bestellte Pizza, der Salat und die Flasche Cola; macht neun dreißig und guten Appetit.“ Der nette junge Mann ist schon wieder weg, und ich sitze vor der Primaverapizza garantiert ofenfrisch. Draußen regnet es, es mag schon nach Mitternacht sein und ich habe keine Lust mehr zum Nachdenken. Aber manchmal hat das Nachdenken Lust auf mich, und dann kann man nichts machen – wenn man nicht unhöflich sein will. Und das war so ein Moment.
Ich stelle fest, dass die Pizza schon vorbereitete ist, in acht Teile. Ein Mandala, denke ich, ein wundervolles Kreisbild ein Lebensbild. Und auf jedem Teil ist ein kleinwenig was anderes. Alle acht Teile sind Primavera, Frühling. Ich schließe die Augen. Acht Teile, achtzig Jahre. Vielleicht.
Ich esse den ersten Achtel. Wie gut der schmeckt, so leicht und verspielt. Irgendwie unbeschwert. Und wie bedauerlich, dass es Menschen gibt, denen es nicht vergönnt ist, weiter zu essen. Vielleicht weil eine Katze durch das Fenster springt und die Pizza wegschnappt, oder weil einfach der Stuhl umfällt. Peng, weg. Und der Rest der Pizza verblasst dann einfach.
Nun esse ich den zweiten Teil. Dieser Schmeckt ganz aufregend. Etwas bitter, die Olive. Ich muss unweigerlich an die Teenagerjahre denken. Wegen der Olive, dem Essiggürkchen. Und verträumt verschwindet die Pizza in meinem Mund. Und wieder gibt es Menschen, die nach dem ersten Viertel fertig sind. Manche geben den Rest freiwillig auf, vielleicht weil sie Oliven nicht mögen und noch viele Oliven vermuten. Andere aus Gründen, für oder gegen die sie nichts tun können.
Der dritte achtel schmeckt nun ganz anders. Etwas rassiger, schärfer, temperamentvoller. Beim Essen hat man das Gefühl, jetzt geht’s erst richtig los mit dem essen. Und vielleicht isst man dieses Stück auch mal zu hastig. Zu temperamentvoll. Manch einer verschluckt sich auch dabei. Vielleicht gibt es jetzt plötzlich kleine Geschöpfe um einen rum, die an ihrer eignen Pizza knabbern, an ihrem ersten Achtel.
Und dann kommt das vierte achtel und es schmeckt vielleicht etwas salziger und etwas schwerer. Vielleicht beginnt man über die Pizza nachzudenken und stellt plötzlich fest, dass jetzt schon die Hälfte weg ist und im nu ist man schon am fünften achtel und man fragt sich ob’s das denn schon war, ob so eine Pizza nicht mehr zu bieten hat ja ob man nicht noch mal von vorne beginnen könnte und so weiter. Aber das geht nicht und der fünfte achtel ist auch gleich zu ende.
Der sechste Achtel bietet dann doch noch mal einiges Neues. Da ist vielleicht eine Pfefferschote drauf, da ist gar ein Rädchen Pferdesalami und sonst noch Aromen, die ich gar nicht kenne. Und schon liegt nur noch ein Viertel auf dem Teller. Aber nicht lange, der siebte Achtel ist schon zur Hälfte weg, und er isst sich stressfreier, aber man muss auch vorsichtiger essen, denn lange nicht alle kommen zum achten Achtel, denn sie verschlucken sich vielleicht an einem Olivenstein.
Der letzte Achtel schmeckt ein bisschen wie der erste Viertel, nur tiefer, nur voller. Und manchmal ist das kauen ein bisschen anstrengender. Und dann ist auch dieses Teil weg und ich nicke sanft, satt und müde ein. Es wird still. Der Regen hat nicht nachgelassen und die Nacht ist ein wenig fortgeschritten.