Aloa ihr Lieben <3
Ich wünsche euch einen wundervollen 2. Advent und einen fröhlichen Nikolaustag.
Anlässlich zum Nikolaus, haben Sina Müller und die Tardis eine wundervolle Nikolausgeschichte mit und von den berühmten Protagonisten Josh & Emma ausgepackt.
Hier aber erst einmal ein paar Zeilen über meine liebe Sina Müller, die ich auf einer Buchmesse niemals missen möchte. Denn ohne sie ist der Besuch nur halb so schön. Sina kennengelernt zu haben, war eine Bereicherung an Freude, Herzlichkeit und Freundschaft. Ich werde sie auf ewig stalken. :D
Sina Müller, geboren 1977 in Freiburg und ein waschechtes "Bobbele", ist eine kleine, verrückte, zuckersüße und vor allem bezauberte Person. Man sieht sie an und muss mit ihr lachen. Sie hat eine tolle Ausstrahlung und wirkt beruihgend. Sie selbst ist aber ein Mensch, der schnell aufgeregt ist und auch bei ihren Lesungen weiche Knie bekommt.
Mit ihrem Sohn Liu (5 Jahre) und ihrem Partner Ralph lebt sie seit Generationen in Freiburg. Dort schreibt sie gerne auf der Terasse im Sonnenschein und legt dabei gerne die Füße hoch. Schön entspannt, kann sie die schönsten Liebessituationen schreiben.
Weitere Infos über die Autorin und ihre Werke:
- Ein Intervie mal anders
- Steckbriefe und vieles Wissenswertes
~ Ihre Werke ~- Josh & Emma #1 - Soundtrack einer LiebeMeine Rezension
- Josh & Emma #2 - Portrait einer LiebeMeine Rezension
- Lena in Love bei AmazonMeine Rezension
- Schneegestöber (Weihnachts-Anthologie)Meine Rezension
- ZimtSternKüsse (Weihnachts-Anthologie) bei Amrûn
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Josh & Emma – Besuch bei Amy von Sina Müller
~ Nikolaus ~
Ich blickte in diese strahlenden Augen und mich überkam augenblicklich das schlechte Gewissen. Warum nur hatte ich mich gestern so abgeschossen? Zum Glück begleitete mich Nik und konnte ein bisschen Energie versprühen.
Ein kleines Mädchen saß gerade neben mir. Mit kurz geschorenem Schopf und strahlend blauen Augen. Neben ihr stand ein metallener Ständer, an dem ein Beutel mit einer durchsichtigen Flüssigkeit hing, dessen Inhalt in einem stetigen Topf Tropf Tropf in ihre Venen rieselte.
Nik und ich hatten gerade ein paar Songs gespielt, unplugged und es kam mir eher so vor, als spielten wir im Wohnzimmer des Bandhauses. Dabei saßen wir auf einem cleanen Flur der Berliner Charité. Abteilung Onkologie. Ein paar Jugendliche hatten sich einen Besuch von uns gewünscht und ich konnte Carol dazu überreden, einen Abstecher hierher zu machen. Zum Glück hatte sie bei dem
Argument eingelenkt, dass solche Charity-Aktionen immer einen positiven PR-Effekt hatten. Zum Kotzen, dass wir immer alles verargumentieren mussten. Wie sehr sehnte ich mich nach den Zeiten, als ich noch selbst entscheiden konnte, wann und wo ich spielte. Nun hatte ich eine Kindergärtnerin an meiner Seite, die das für mich entschied. Immer meine Karriere im Auge.
Carol schaute schon wieder nervös auf die Uhr. Unser Flug würde in drei Stunden gehen. Dublin stand auf dem Plan. Ich ignorierte es, dass sie die Augen verdrehte und mir mit einem Nicken bedeutete, dass es Zeit wurde, aufzubrechen. Ich wollte aber noch ein paar weitere Momente hier verbringen. Ein bisschen Freude in den Alltag der Kinder bringen, der gezeichnet war von Krankheit und Schmerz. Ich versuchte, ihnen ein bisschen was zurückzugeben, ihnen ein bisschen Energie zu schenken, einen Lichtblick in das Dunkel zu bringen. Ich lachte mit ihnen, alberte mit ihnen und sang für sie. Und ich bewunderte jeden einzelnen für seine Kraft.
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Die letzten Wochen und Monate hatte ich mich im Selbstmitleid gesuhlt. Noch immer tat es weh, ohne Emma zu sein. Jeden verdammten Tag stand ich auf und zwang mich dazu, weiter zu machen. Unzählige Male hatte sie versucht, mich anzurufen. Aber ich war zu sauer gewesen, der Schmerz saß zu tief. Irgendwann hatte sie aufgegeben. Auch das war mir nicht recht gewesen. Was sie heute wohl machte? Wahrscheinlich saß sie mit Kevin in München und ließ es sich gut gehen. Sie würde lachen, sich über ein kleines Nikolausgeschenk von ihm freuen und wahrscheinlich keinen Gedanken an mich verschwenden. Sie würde ihr Leben leben – so wie sie es gesagt hatte. Ich schluckte und verscheuchte die Gedanken an sie. Jetzt einzuknicken wäre unfair gegenüber all den tapferen Kids. Sie hatten mehr zu ertragen als ein gebrochenes Herz.
Wobei – wenn ich mich so umblickte, war ich mir nicht sicher, wer von uns lebendiger war. Sie, die im ihr Leben kämpften. Oder ich, der sein Leben verfluchte.
„Habt ihr noch einen Wunsch?“, fragte ich und schaute mich um. Bleiche Gesichter blickten mir entgegen. Doch alle schienen zufrieden, lächelten und strahlten aus ihren teils wimpernlosen Augen. Ich konnte mir nur ansatzweise vorstellen, wie der Alltag in diesem nach Desinfektionsmittel riechenden Räumen war. Trist, trostlos, hoffnungslos. Darüber konnte auch die bunte Weihnachtsdeko nicht hinwegtäuschen, dass hier Krankheit das vorherrschende Thema war. Ich nahm mir fest vor, nicht mehr in meinem Selbstmitleid zu versinken, mir vor Augen zu führen, dass ich gesund war. Immerhin das. Das Mädchen neben mir schmiegte sich noch einmal an mich. Ich nahm sie in den Arm und drückte sie einmal, bis sie quietschte. Wie schmal sie war. Wie zerbrechlich.
„Also, ihr Lieben, wir müssen langsam los. Ich wünsche euch noch einen super Nikolaus. Carol hat noch einen ganzen Packen Geschenke für euch. Habt viel Spaß damit und werdet ganz bald gesund, ja?“ Alle lachten, applaudierten und ich stand von dem weich gepolsterten Stuhl auf.
„Äh, Josh. Hätten Sie … äh, hast du noch einen kurzen Augenblick. Amy war zu schwach, um an der Feier teilzunehmen. Aber ich glaube, ihr würde es sehr gut tun, wenn du kurz zu ihr gehen könntest.“
Die braunhaarige korpulente Schwester mit sanften Augen formte ein stummes Bitte mit ihren Lippen. Ich warf Carol einen schnellen Blick zu und erntete ein Augenverdrehen, als ich ihr bedeutete, dass ich noch kurz wohin gehen würde.
„Oh, das ist der Wahnsinn. Amy ist eine ganz Liebe. Sie hat gerade eine Chemo hinter sich und es geht ihr nicht besonders. Leukämie. Sie wartet dringend auf eine Stammzellspende aber im Moment sieht es nicht sehr gut aus. Sie kann ein bisschen Aufmunterung gebrauchen.“ Ich nickte und verdrängte das dumpfe Gefühl, das sich in meinem Bauch breit machen wollte. Es war seltsam zu einem fremden Menschen zu gehen und all das Leid zu sehen. Die Angst vor dem Tod. Die Schmerzen. Ich wollte helfen. Und wenn ein paar Minuten meiner Anwesenheit ihren Tag erhellen konnten, dann ließ ich mich zu gerne darauf ein, von Carol eine Strafpredigt abzubekommen.
Wir bogen um eine Ecke und Schwester Anita öffnete die Tür zu einem schummrig beleuchteten Raum. Überall standen Apparate, die piepsten und blinkten. Ich räusperte mich tonlos.
„Amy, Süße. Schau mal, wer dich besuchen möchte.“ Anitas Stimme klang fröhlich. Und sanft. Die Bettdecke raschelte und ein zartes Mädchen versuchte sich aufzusetzen. Anita war zur Stelle und fuhr das Kopfteil des Bettes ein bisschen nach oben. Ich sog die Luft ein, als ich in Amys Gesicht blickte. Mein Magen zog sich zusammen. Die Ähnlichkeit war zu groß. Mein Herz raste schmerzvoll und alles, was ich denken konnte war: 'Gott-sei-dank ist das nicht sie. Nein, nein, nein. Beruhige dich. Sie sieht ihr nur ähnlich.'
„Hi“, flüsterte ein dünnes Stimmchen und ein schwaches Lächeln huschte über das gezeichnete Gesicht.
„Hey Amy!“ Anita schob mir einen Stuhl an Amys Bett und bedeutete mir, dass es okay war, wenn ich näher trat.
„Weißt du überhaupt, wer ich bin?“
„Klar!“, ein Mundwinkel hob sich.
„Hier wird seit Tagen über nichts anderes gesprochen. Ich habe mich ziemlich geärgert, dass mich die Chemo diesmal so aus der Bahn geworfen hat.“ Sie hustete und ihr Gesicht krampfte sich vor Schmerz zusammen. Ich wechselte einen unsicheren Blick mit Anita. Sie nickte aber nur und zog ihre Lippen zu einem bedauernden Lächeln hoch.
„Alles gut, ich habe noch ein bisschen Zeit für dich.“ Ich setzte mich neben sie und ehe ich es mich versah, hielt ich ihre Hand. Ihre zarte kleine Hand, die aus nichts als Haut und Knochen zu bestehen schien. „Du hast dich erschrocken, als du mich gesehen hast“, stellte sie ohne Umscheife fest.
„Nein … ja, du sieht jemandem sehr ähnlich.“„Einer Freundin?“
„Ex-Freundin.“ Ich lächelte sanft. „Sie hat auch so wunderschöne Augen wie du.“
„Bist du immer so nett?“ Ihr Grinsen strahlte eine unbändige Lebensfreude aus. Sie musste hübsch sein, hätte der Krebs sie nicht so fest im Griff. „In letzter Zeit nicht, fürchte ich.“ Ich hatte meine Launen ganz schön ausgelebt, mich mich so ziemlich jedem angelegt. Auch mit Marc. Ich sollte dringend mit ihm Frieden schließen, er hatte mir nur helfen wollen. Und ich hatte nichts Besseres zu tun, als ihn rund zu machen. Dabei konnte er nichts dafür, dass sie mir noch immer fehlte. So sehr. Gut, ich war ziemlich sauer gewesen, dass Emma mich nach alldem, was wir gemeinsam erlebt hatten, einfach ohne Vorwarnung abgeschossen hatte. Ich verstand es noch immer nicht. Kevin war der Schlüssel. Ihm hatte ich es zu verdanken, dass sie ihr Leben leben wollte. Dass sie kein Vertrauen in unsere Beziehung hatte. Wir hätten es schaffen können. Wir hätten es verdammt nochmal schaffen können. Aber Emma hatte sich für Kevin und somit gegen mich entschieden. Vielleicht war das besser so. Vielleicht hatte sie so eine Chance auf ein ganz normales Leben, das ich ihr nie hätte bieten können.
„Dann solltest du dich in Zukunft bemühen. Das Leben kann echt zu kurz sein für Dinge, die man im Nachhinein bereut, weißt du?“ Sie lächelte mich wissend an. Ich drückte ihre Hand und legte den Kopf schief. Kein Mitleid. Nur kein Mitleid. Das – so hatten uns die Schwester davor gesagt – ist
etwas, dass die Patienten überhaupt nicht wollten.
„Erzählst du mir von ihr?“ „Von wem? Emma?“ Sie nickte unmerklich. „Was willst du denn wissen?“ Ich blickte auf iher Hand, die zart wie ein neugeborenes Küken in meiner Hand lag. Kraftlos. Leblos.
„Alles!“, lachte sie leise auf. Ich blickte verstohlen auf die Uhr. Carol würde mich lynchen. Aber ich brachte es einfach nicht fertig, dieses zarte Mädchen zurück zu lassen.
„Okay. Ich habe Emma im Frühjahr kennengelernt. Sie ist mir auf dieser Party aufgefallen, auf die mich Tom geschleppt hat. Ich bin eigentlich nur mitgegangen … ach egal. Sie stand da, in einer Horde hübscher junger Menschen und schien sich überhaupt nicht wohl zu fühlen. Ihre Natürlichkeit hat mich, glaube ich, am Meisten beeindruckt. Ich hatte das Gefühl, dass ich alles ungefiltert aus ihrem Gesicht lesen könnte. Sie trug keine Maske, wie es so viele Menschen im Showbizz tun.“ Ich hielt inne und erinnerte mich an unseren ersten Abend. Wie unbeschwert alles gewesen war. Wie leicht und wunderschön.
„Wie sieht sie aus?“ „Sie sieht dir unheimlich ähnlich. Deshalb habe ich vorhin auch ersteinmal tief eingeatmet. Sie hat auch so wache grüne Augen, braune lockige Haare und einen zarten Teint. Hast du im Sommer Sommersprossen?“ Amy hustete wieder. Sie drücke meine Hand fest zusammen und ich gab ihr Zeit, sich wieder zu beruhigen.
„Ja, wenn ich mal die Sonne gesehen habe in den letzten Jahren, dann hatte ich unzählige davon. Aber ich mochte sie nicht sehr.“ Sie blickte mich aufmerksam an. Ihr Geist schien wach zu sein und nicht besonders gut in diesen kranken Körper zu passen.
„Ich stehe voll auf Sommersprossen. Aber ich glaube ich habe ihr das nie gesagt.“ Ich presse meine Lippen zu einem entschuldigenden Lächeln zusammen.
„Das hättest du mal tun sollen. Verschiebe nie, jemandem zu sagen, wie sehr du ihn liebst. Es könnte nämlich plötzlich zu spät sein.“
„Es ist schon zu spät“, seufzte ich und lächelte tapfer.
„Du liebst sie noch.“ Sie drückte meine Hand und ich war erstaunt, wieviel Kraft sie hatte. Ich zuckte mit den Schultern. Ja, ich liebte sie noch. Daran änderte der Schmerz, der sich in mein Herz bohrte wenn ich an sie dachte, nichts.
„Worauf wartest du dann noch?“
„Woher weißt du denn so viel über die Liebe?“, neckte ich sie und versuchte das Gespräch wieder auf sie zu lenken.
„Ich habe vielleicht einen kranken Körper, aber kein krankes Herz. Ich liebe und leide wie jedes andere Mädchen auch.“
„Und? Hast du einen Freund?“ Ich wollte das Gespräch wieder auf sie lenken und merkte zu spät, dass es vielleicht das falsche Thema war. Sie seufzte auf. „Ich war zu früh, zu krank.“ Ein Mundwinkel hebte sich bedauerlich. Im nächsten Moment grinste sie aber schon frech.
„Hey, dann mach schnell, dass du gesund wirst.“ Ich hörte Schritte auf dem Flur. Die Tür zu Amys Zimmer wurde aufgerissen.
„Josh, kommst du? Wir müssen los.“ Carol nickte zum Ausgang. Sie wirkte in ihrem kurzen Kostüm seltsam Fehl am Platz. Die kalten Neonröhren im Flur warfen ein unvorteilhaftes Licht auf ihr Gesicht. Sie lächelte einmal in Amys Richtung und hob die Hand.
„Hi, Liebes. Gute Besserung. Sorry, dass ich dir Josh entführen muss, aber unser Flieger geht gleich. Hier hast du noch eine CD und ein paar andere Dinge, die dir sicher gefallen werden.“ Sie stakste auf ihren High Heels an Amys Bett und legte die verpackten Sachen auf den Nachttisch, immer darauf bedacht ja nichts zu berühren.
Ich lächelte Amy kurz an und stand auf. Sie hielt mich noch immer fest. Ein Blick aus ihren traurigen Augen und mein Entschluss stand fest.
„Ich komme gleich wieder, okay?“, flüsterte ich ihr zu und strich einmal über ihre Wange. Unsanft schob ich Carol aus der Tür und schloss Amys Tür.
„Ich kann hier noch nicht weg. Nicht jetzt“, startete ich und fuhr mir durch die Haare. Ich war müde, hatte keine Lust auf eine Diskussion mit Carol.
„Josh, du kennst das Mädchen doch gar nicht. Unser Flieger geht in zweieinhalb Stunden. Wir müssen noch zum Hotel unsere Sachen holen und einchecken. Du weißt, dass wir mindestens 90 Minuten vor Abflug im Flughafen sein müssen“, zischte sie leise.
„Gib mir eine halbe Stunde.“ Warum fragte ich sie überhaupt um Erlaubnis? Ich war alt genug, um meine Entscheidungen selbst zu treffen.
„Nein. Josh, ich meine es ernst. Wir haben in Dublin gleich noch ein Interview und du musst dringend schlafen. Also reiß dich zusammen, sag der Süßen auf Wiedersehen und Abmarsch.“ Ich schloss die Augen, presste Daumen und Zeigefinger an meine Nasenwurzel.
„Okay. Eine halbe Stunde. Einer von den Jungs soll mein Gepäck mitnehmen und ich komme direkt an den Flughafen.“ Ich hob den Blick und funkelte sie an.
„Nein. Du fährst nicht alleine zum Flughafen. Bist du verrückt?“ Ihre Stimme überschlug sich.
„Dann lass Oskar da, was weiß ich. Eine halbe Stunde, komm schon Carol. Was ist schon eine halbe Stunde?“ Ich lächelte sie sanft an, legte den Kopf schief. Und bettelte. Sie blickte mich traurig an, als ich wieder eintrat.
„Du musst wohl gehen, oder?“ Wieder dieser Husten zu hart und zu stark für dieses kleine zierliche Geschöpf war. Ich atmete geräuschvoll aus, zog den Stuhl wieder an ihr Bett und nahm ihre Hand. „Ich habe noch eine halbe Stunde. Was wünscht du dir? Soll ich etwas für dich singen?“ Ich versuchte das Gepiepse der Apparaturen auszublenden, das Flimmern der Monitore. Diese op-grüne Bettwäsche war wirklich unvorteilhaft. Sie sah krank aus. Und bleich. Aber das war sie ja.
„Kannst du mir vielleicht etwas vorlesen? Ich mag deine Stimme und ich lese da gerade ein Buch, das ich sehr liebe. Aber im Moment strengt es mich zu sehr an, es selbst zu lesen.“ Sie lächelte schwach. „Es wäre echt der Hammer, wenn du das für mich tun könntest.“
„Natürlich, Süße. Das mache ich gerne.“ Erinnerungen machten sich in mir breit. Das letzte Buch, das ich eingelesen hatte, war 'The little Prince' gewesen. Für Emma.
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Ich blickte in diese grünen wundervollen Augen, die mich so sehr an Emma erinnerten. Die Linie ihrer Wangenknochen. Das zarte Kinn. Lediglich der Mund war anders. Amy deutete auf ein Buch auf ihrem Nachttisch. Eine Liebesgeschichte, von der ich bislang nichts gehört hatte. Ich blätterte zu der Stelle, in der ein herzförmiges Lesezeichen steckte und räusperte mich.
Die nächste halbe Stunde entspannte sich Amy, ließ sich von meiner Stimme entführen in die Geschichte, die sie so sehr liebte. Sie schloss die Augen und das Gepiepse der Apparate wurde regelmäßiger. Ab und zu huschte ein leises Lächeln über ihr ausgemerkeltes Gesicht. In mir wechselte sich das Gefühl, hier etwas Gutes zu tun ab mit Trauer, Mitleid. Mit Sorgen, dass sie es nicht schaffen könnte und Zuversicht, denn Amy schien ein willensstarkes Mädchen zu sein.
Als die halbe Stunde um war und ich schweren Herzens das Buch zuklappte, dachte ich, Amy wäre eingeschlafen. Ihr Atem ging regelmäßig. Ruhig und entspannt. Ihr Husten hatte sich in den letzten dreißig Minuten wirklich im Rahmen gehalten. Langsam, ganz langsam entzog ich ihr meine Hand und legte ihre langen, dünnen Finger auf das grüne Leintuch. Ich blieb einen Moment unschlüssig neben ihrem Bett stehen, betrachtete sie. Noch immer erkannte ich Emma in ihr und betete, dass sie niemals in so einem schwachen Zustand sein würde. Egal, was zwischen uns vorgefallen war, so etwas wünschte man niemandem. Ich strich ihr sanft über die Wange, darauf bedacht, sie möglichst leicht zu berühren. Einen Moment überlegte ich bevor ich ihr einen schnellen Kuss auf die Wange gab. Ein Zeichen, dass sie etwas besonderes war. Sie schlief und schien von alledem nichts mitzubekommen.
„Werde gesund, Amy. Bitte, kämpfe weiter“, flüsterte ich und spürte den Kloß in meinem Hals. Der Besuch auf dieser Station hatte mich tiefer berührt als alle bisherigen Charity-Aktionen und ich war froh, dass ich mich bei Carol durchgesetzt hatte. Leise schlich ich zur Tür und öffnete sie.
Ich warf einen letzten Blick auf das schlafende Mädchen, als ich noch einmal ihre Stimme vernahm: „Vergib ihr, was auch immer sie getan hat. Das Leben ist zu kurz, um nachtragend zu sein.“
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Hattet ihr auch Gänsehaut? Waaahhh so schön traurig diese Geschichte und auch so wahr.
Liebste Sina. Ich liebe es wie du schreibst und wie du bestimmte Gefühle in mir auslösen kannst. Vielen lieben Dank dafür. Schreib ja weiter und hör nicht damit auf :*
❅ Weihnachtliche Grüße Sina und Sasija aus der Tardis ❅