Eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache!

Es steht nicht gut um das Image der deutschen Sprache. Wann immer ein James-Bond-Bösewicht besonders hart sein soll, hat er einen deutschen Akzent. Im Optimalfall sagt er noch ein paar deutsche Sätze. Fertig ist die dunkle Seite der Macht.

Was man dabei mitunter vergessen kann: Wie schön die deutsche Sprache eigentlich ist. Daher lohnt es sich, einmal innezuhalten und mit ein paar häufigen Vorurteilen aufzuräumen.

Deutsch: Eine raue Sprache?

Deutsch gilt als raue Sprache. Mit harschem, abgehacktem Klang. Wie ein rostiges Reibeisen oder eine scheppernde Schreibmaschine. Im Gegensatz zum melodiösen Englisch, zum temperamentvollen Italienisch oder zum harmonischen Französisch.

Dass die deutsche Sprache für viele so harsch klingt liegt auch an den vielen Konsonanten: Wörter wie Strumpf oder Ernst sind für viele, die Deutsch als Fremdsprache lernen, erstmal unaussprechlich.

Und, zugegeben, es klingt tatsächlich etwas furchteinflößend, wenn Engländer versuchen, angstschlotternd auszusprechen.

Dabei haben wir den vielen Konsonanten einiges zu verdanken. Denn die deutsche Sprache ist dadurch einmalig lautmalerisch.

Lautmalerei: Klirrende Kälte und prasselndes Feuer

Im Deutschen können wir Wörter so betonen, dass sie sich fast wie die bezeichnete Tätigkeit selbst anhören: Schnauben, poltern, donnern. Schnarchen, bruzeln, krachen. Im Deutschen knistert und prasselt ein Lagerfeuer, Wasser brodelt, Bienen summen und der Wind kann brausen.

Wenn man kleinen Kindern eine Geschichte vorliest und dabei von klirrender Kälte spricht, von klappernden Hufen, von stotterndem Sprechen oder von mächtigem Grollen, dann wird aus einer simplen Erzählung schnell ein bestauntes Erlebnis.

Aber Deutsch hat auch einen schlechten Ruf, weil die Sprache als schwer zu lernen gilt. Mark Twain, der amerikanische Schriftsteller, hat einmal geschrieben: “Aufgrund meiner philologischen Studien bin ich überzeugt, dass ein begabter Mensch Englisch (außer Schreibung und Aussprache) in dreißig Stunden, Französisch in dreißig Tagen und Deutsch in dreißig Jahren lernen kann.”

Deutsch ist schwierig

Stimmt, die deutsche Sprache ist schwierig. Komplex. Aber sie macht es uns auch manchmal leicht. Denn sie ist sehr wandlungsfähig. Durch Vorsilben können wir aus nur einem Verb ein Tätigkeitswort mit ganz unterschiedlichen Bedeutungen bilden.

Zum Beispiel gehen.

Man kann etwas angehen, in etwas aufgehen, man kann etwas begehen, durchgehen, jemanden hintergehen, mit jemandem mitgehen, einfach losgehen, etwas umgehen, weggehen, auf jemanden zugehen. entgegengehen, hinaufgehen, fortgehen, ergehen, zergehen, zurückgehen.

So viel Bedeutung, so wenig Aufwand. Das kann doch auch für der, die, das ein wenig entschuldigen, oder?

Nein? Na gut, stimmt schon, Englisch ist mit nur einem Artikel leichter zu erlernen. The girl, the boy, the cow.

Im Deutschen: Das Mädchen, der Junge, die Kuh. Logisch ist das nicht, man muss es einfach lernen. Da ist es kein Wunder, dass sich Englisch in so vielen Bereichen schon als lingua franca durchgesetzt hat.

Aber auch das wird mittlerweile immer wieder beklagt. Angeblich gebe es zu viele Anglizismen in der deutschen Sprache. Dabei ist es das, was Sprache ausmacht. Sprache ist nicht statisch, sie verändert sich ständig.

Deutsch: Zu viele Anglizismen?

Es gibt ja auch genug deutsche Wörter, die es geschafft haben, in die Sprachschätze anderer Sprachen aufgenommen zu werden. Weltschmerz zum Beispiel. Ebenso der Kummerspeck, die Eselsbrücke und der Ohrwurm.

Amerikanische Kinder gehen auch in den Kindergarten, französische Schüler benutzen Tintenkiller und auch das Waldsterben gibt es nicht nur in Deutschland.

Kreative Wortbildung

Überhaupt Wortkomposita. Die Bildung eines neuen Wortes durch die Zusammensetzung (mindestens) zweier bekannter Wörter. Es gibt keine Sprache, mit so kreativen Wortbildungsmöglichkeiten wie das Deutsche.

In anderen Sprachen lassen sich Wörter wie Donaudampfschiffahrtskapitänswitwe oder Weltpokalsiegerbesieger nur durch viele Präpositionen herstellen. Im Englischen sähe das dann aus wie folgt: The widow of the Captain of a Danube steam ship. Oder: the defeater of the Champions League winner.

Im Deutschen können wir hemmungslos lange Wörter kreieren: Zum Beispiel das Rindfleischetikettierungsüberwachungsaufgabenübertragungsgesetz.

Oder die Gleichgewichtsdichtegradientenzentrifugation.
Oder die Telekommunikationsüberwachungsverordnung.
Oder die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft.

Und mit diesen Komposita kann man auch ziemlich lustige neue Wörter kreieren. Den Chefwitzlacher zum Beispiel. Die Landungsklatscher, Turnbeutelvergesser oder Festnetztelefonierer.

Das Deutsche ist auch einzigartig, wenn es um die Bildung sehr komplizierter Sätze geht. Das weiß jeder, der im Deutschunterricht schon mal Thomas Mann lesen musste.

Das bedauert mit Sicherheit auch jeder Simultanübersetzer, der immer noch auf das Verb wartet, während die Kollegen schon beim Feierabend sind. Denn im Deutschen wird bekanntlich das Verb an das Ende des Satzes gesetzt. Und dann muss man im Zweifel recht lange warten.

Wann kommt endlich das Verb?

Aber dank deutscher Schachtelsätze lässt sich Erleben eben auch in aller Komplexität ausdrücken.

Soll heißen: Im Deutschen sind wir nicht gezwungen, unsere Sinneseindrücke in kurzen, aufeinanderfolgenden Hauptsätzen wiederzugeben. Sondern wir können alles auf einmal sagen.

So wie Literaturnobelpreisträger Thomas Mann in seinen “Buddenbrooks”: „Die Konsulin Buddenbrook, neben ihrer Schwiegermutter auf dem geradlinigen, weiß lackierten und mit einem goldenen Löwenkopf verzierten Sofa, dessen Polster hellgelb überzogen waren, warf einen Blick auf ihren Gatten, der in einem Armsessel bei ihr saß, und kam ihrer kleinen Tochter zu Hilfe, die der Großvater am Fenster auf den Knien hielt.”

Dafür lieben wir sie, die deutsche Sprache.


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