Hans Tietze und seine Frau Erika Tietze-Conrat dürften nur wenigen Menschen in Österreich noch ein Begriff sein. Am ehesten noch jenen aus der Zunft der Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker. War Hans Tietze doch zu Beginn des vorigen Jahrhunderts in Wien dafür verantwortlich, dass die großen Museen nach dem Ersten Weltkrieg und dem Zerfall der Monarchie ihre bis heute noch aufrechte Struktur erhielten. Erika Tietze-Conrat war die erste Frau, die 1904 an der Universität in Wien in Kunstgeschichte promovierte. Das allein würde schon ausreichen, sich des Ehepaares zu erinnern.
Jedoch gibt es noch zwei weitaus triftigere Gründe: Denn der Besonnenheit, aber auch dem aktiven Einsatz von Hans Tietze verdankt Österreich, dass die Sammlung der Albertina auch tatsächlich in unserem Land bleiben konnte. Denn zweimal bestand die Gefahr, dass sie aus Reparationsgründen ins Ausland veräußert werden hätte sollen. Tietze, damals Referent für museale Angelegenheiten im Unterrichtsministerium, konnte diesen kunsthistorischen Supergau abwenden. Heute kann sich niemand von uns vorstellen, was ein tatsächlicher Verlust dieses Kulturschatzes für Österreich bedeutet hätte.
Nun, mehr als ein halbes Jahrzehnt nach dem Tod des Ehepaares – das von den Nazis als Juden in die USA flüchten musste und dort in den 50er Jahren im Abstand von vier Jahren verstarb – wird ihrer mit der Benennung von neuen Ausstellungsräumen in der Albertina gedacht. „The Tietze Galleries for Prints and Drawings“ wird zukünftig auf 450 Quadratmetern ausschließlich Zeichnungen und Druckgrafik zeigen. Das Kunsthistoriker-Ehepaar musste kurz nach seiner Emigration in New York ihr Hochzeitsbild verkaufen. Gefertigt von niemand Geringerem als dem jungen Oskar Kokoschka. Ein wunderbares Bild, das die beiden frisch Vermählten in einer gekonnten Komposition auf der Leinwand vereint. Wie schwer muss ihnen dieser Schritt gefallen sein und wie groß muss die Demütigung gewesen sein, das Land nicht mehr betreten zu dürfen, das diesem Paar so unendlich viel verdankt.
Es ist nur recht und billig, dass ihr Name nun durch die Ausstellungsfläche in einer der Welt bedeutendsten Grafiksammlungen zu lesen ist. Dadurch besteht zumindest die Chance, dass das für Österreich so wichtige Ehepaar völlig in Vergessenheit gerät. Eine späte, längst überfällige Ehrung. aber an einem Platz, der besser nicht ausgesucht werden hätte können.