Eine Geldmenge gibt es nicht

Von Cangrande

Nicht jede Währungsreform ist schmerzhaft.
1958 erfolgte z. B. in Frankreich eine Währungsreform, die in der Wikipedia so beschrieben wird:
"Da durch die Inflation die Preise 'unhandlich viele Nullen' bekommen hatten, wurde 1958 die Einführung des Nouveau Franc (NF) zum 1. Januar 1960 verfügt. Ein NF, seit 1963 offiziell nur noch Franc (F) genannt, entsprach 100 alten Francs (anciens francs). Die alten Franc-Münzen konnten als Centimes weiter verwendet werden."
Was bedeutete das für die Geldmenge: Hatte die sich vermindert - oder nicht?
Die richtige Antwort lautet weder ja noch nein, sondern "das kommt darauf an, was man unter 'Geldmenge' versteht".

Wir haben uns daran gewöhnt, den Begriff "Geldmenge" für so klar definiert zu halten wie, beispielsweise, "D-Mark".
In Wahrheit ist er das aber nicht, denn es gibt ZWEI Geldmengen. Damit sollte beiläufig auch geklärt sein, wie meine Überschrift zu lesen ist: Nämlich mit der Betonung nicht auf "Geldmenge" (wie wohl jeder zunächst annehmen wird), sondern auf "Eine"!
Ein Denkmodell soll verdeutlichen, warum es der Begriff Geldmenge in zwei Kategorien aufgeteilt werden muss. (Damit meine ich die grundsätzliche Ebene, nicht die statistische Abgrenzungsfrage, ob man M1, M2, M3 usw. zur Geldmenge rechnen sollte.)
Die Zahlen der nachfolgend von mir präsentierten Denkmodelle werden in der Größenordnung oft unrealistisch sein und deshalb vielleicht lächerlich erscheinen; das ändert aber nichts an der Aussagekraft.
- Zum einen werde ich versuchen, Sachverhalte möglichst durchgängig einheitlich zu fassen, in dem ich beispielsweise ein Klümpchen (westfälisch; hochsprachlich: Bonbon ;-) ) als "Wareneinheit" verwende. Wer sich daran stört, dass es dabei gelegentlich  zu grotesken Verzerrungen kommt, der mag seine eigene Phantasie spielen lassen und gedanklich entweder eine andere Wareneinheit einsetzen oder die Geldeinheit abändern.
- Zum anderen will ich die beispielhaft genannten Beträge im Rahmen unserer Vorstellungskraft halten, die wenigstens bis zum Millionenbereich gehen sollte. Milliarden oder Billionen kann jeder für sich selber einfügen, wenn das im gegebenen Zusammenhang von der Dimension her sicherlich realistischer wäre.
Zurück zur französischen Währungsreform von 1958.
Die Untergliederung des Franc in Frankreich war der Centime, 100 Centimes ergaben einen Franc. (Also das gleiche System wie bei uns, wo 100 Pfennige eine D-Mark ausmachten, oder gegenwärtig in der Europäischen Währungs Union 100 Cent einen Euro.)
Nehmen wir an, vor der Umstellung hätte es 100 Mio. - alte - Centimes (also 1 Mio. - alte - Francs) gegeben. Nach der Reform, die einfach im Wegstreichen von 2 Nullen bestand, gab es also nur noch 1 Mio. - neue - Centimes = 10.000 - neue - Francs.
Die Geldmenge hatte ich insofern vermindert, als nur noch 1/100stel der alten Centimes-Menge (und entsprechend der Francs-Menge) in Umlauf war.

Eine Katastrophe?
Nein: Das hat keinen Hund gestört.
Warum nicht? 
Weil sich die kaufkraftwirksame Geldmenge, oder, wie man auch sagen könnte, die "Geldwertmenge" überhaupt nicht verändert hatte.
Um diesen Sachverhalt gedanklich in den Griff zu kriegen, unterteilen wir das Wort Geldmenge in zwei präzisere Begriffe:
  • Geldeinheitenmenge und
  • Geldkaufkraftmenge (oder Geldwertmenge).
Das wiederum im Modellbeispiel erläutert:
  • Die Geldeinheitenmenge war mit der französischen Währungsreform dramatisch geschrumpft. Bezogen auf die Basiseinheit (kleinste Geldeinheit) in unserem Modell von 100 Mio. auf 1 Mio.
  • Die Geldkaufkraftmenge (Geldwertmenge) war dagegen unverändert geblieben.
Um uns auch das leichter fassbar zu machen, stellen wir dem Begriff der Geldeinheit den Begriff der Wareneinheit zur Seite.
Diese Wareneinheit sei das mit dem geringsten Kostenaufwand herstellbare und deshalb das billigste Produkt in der gesamten Volkswirtschaft. Und als solches hatten wir bereits oben ein Klümpchen identifiziert.
Nehmen wir an, zum Zeitpunkt X (konkret setzen wir dafür einfach das Jahr 1900 ein) hätte ein Klümpchen einen Centime gekostet; man hätte also mit einer Geldeinheit (oder "Basiseinheit"; damit ist hier immer die kleinste Einheit eines Währungssystems gemeint) eine Wareneinheit (ebenfalls die billigste und somit kleinste Einheit eines Warensystems) kaufen können.
Dann trat (warum auch immer) eine Inflation ein, und irgendwann kostete ein Klümpchen 100 Centimes. Die aus dem Geld-Güter-Verhältnis abgeleitete reale Basiseinheit Geld beträgt jetzt also 100 Centimes (die rein im Geldsystem definierte nominale Basiseinheit entspricht dagegen immer der kleinsten Münze, selbst wenn man dafür nichts - mehr - kaufen kann).
In einer solchen Lage macht es absolut Sinn, zwei Nullen zu streichen: Denn es gibt keine Ware (mehr), die man mit 50, oder selbst mit 99 Centimes erwerben könnte. Also machen wir aus 100 alten einen neuen Centimes, und jetzt entspricht eine nominale Basiseinheit Geld wieder einer Basiseinheit Waren. Bzw. aus anderer Sicht betrachtet sind nunmehr die reale und die nominale Basiseinheit Geld identisch, indem beide bei 1 liegen: Ein Centime kauft - wieder - 2 Klümpchen.)
Bei diesem Denkmodell müssen wir allerdings einen wesentlichen Sachverhalt im Hinterkopf behalten.
Nehmen wir an, die Wirtschaft in Frankreich sei seit Beginn unseres Modells (das wir willkürlich mit dem Jahr 1900 angesetzt hatten) statisch gewesen, also die Produktion nicht gestiegen. Dann muss aber dennoch, wegen der Geldentwertung, die Geldmenge gestiegen sein.
Wir hätten 1900 mit 1 Mio. Centimes 1 Mio. Klümpchen kaufen können, 1957 mit 100 Mio. Centimes ebenfalls (nur) 1 Mio. Klümpchen und 1958 wieder, wie zu Anfang, 1 Mio. Bonbons für 1 Mio. Centimes.
Nehmen wir an, Geldvermehrung und Preissteigerungen wären stetig immer parallel gelaufen. Dann müssen wir konstatieren, dass die Geldkaufkraftmenge (Geldwertmenge) sich in dem gesamten Zeitraum nicht geändert hat. Wenn etwa anno 1920 ein Klümpchen 20 Centimes gekostet hätte, dann hätte das System eine Geldeinheitenmenge von 20 Mio. Centimes haben müssen, um (in separaten, aber gleichzeitigen Transaktionen) 1 Mio. Bonbons verkaufen zu können. (Auf den Einzelfall bezogen hätte also die reale Geldeinheit 20 Centimes betragen.)
Somit steht (logischer Weise) auch bei diesem (und jedem anderen) Zwischenstand in unserem Denkmodell einer stark gestiegenen Geldeinheitenmenge eine völlig unveränderte Geldwertmenge gegenüber.
Für meine weitere Argumentation ist es wichtig, dass ich oben im Modell eine statische Wirtschaft als Bedingung für die Gültigkeit festgehalten hatte.
Der vorliegende Text richtet sich nämlich gegen die Behauptung vieler "Austrians" (oder, wie ich sie nenne, "Vulgärösterreicher"), wonach angeblich "jede gerade vorhandene Geldmenge ausreichend ist".
So behaupten beispielsweise Thorsten Polleit und Michael Prollius in ihrem Buch "Geldreform. Vom schlechten Staatsgeld zum guten Marktgeld" (S. 28 der 3. Auflage 2014 - vgl.
Online-Leseprobe) (meine Hervorhebung):
"Die Höhe der verfügbaren Geldmenge ist nicht entscheidend für die Fähigkeit des Geldes, als Tauschmittel zu dienen. Eine Geldmenge in Höhe von zum Beispiel 10 000 Mrd. Euro wäre so gut und so schlecht wie eine Geldmenge in Höhe von 1000 Mrd. Euro oder 500 Mrd. Euro. Grundsätzlich gilt, dass jede gerade vorhandene Geldmenge ausreichend ist."
Dieses Mantra hat Ludwig von Mises seinen Jüngern der österreichischen Schule der Wirtschaftswissenschaften (dafür steht hier der englische Kurzbegriff "Austrians" bzw. die deutschsprachige Kurzfassung als "Österreicher") vorgebetet, und nach meinem Eindruck plappern ihm das mehr oder weniger alle heutigen Anhänger dieser Schule nach. (Ich bezeichne diese Jüngerschar als "Vulgärösterreicher", weil sie zu einem eigenständigen Durchdenken der Gesamtproblematik nicht willens und/oder unfähig sind.) 

 So behauptete z. B. auch der (verstorbene) "Austrian" Roland Baader in dem Interview „Wir werden wieder das Beten lernen“ aus dem Jahr 2005 (meine Hervorhebung):
"
Smart Investor: Muß die Geldmenge nicht der jeweiligen Gütermenge angepaßt werden?
Baader: Nein. Jede Geldmenge ist ausreichend zur Abwicklung der Gütertransaktionen
."

Das ist falsch, soweit es um die Geldmengeneinheiten geht.
[Freilich muss ich Baader für eine andere Information Anerkennung zollen, auch wenn die Finanzkrise hier nicht zur Debatte steht:
"Smart Investor: Haben Sie eine Vorstellung, wann unser Wirtschaftssystem zu Bruch gehen könnte?
Baader: Seriöse Analysen zeigen eine kumulative Spitze mehrerer negativer Trends im Jahr 2008, jedenfalls für die USA. Das muß aber nicht heißen, daß es erst dann – ja noch nicht einmal, daß es schon dann „mulmig“ wird."]

Den Stammbaum des Mythos von der Beliebigkeit der Geldmenge für die realwirtschaftliche Transaktionsmenge haben WILLIAM BARNETT II und WALTER BLOCK in ihrem Papier "ON THE OPTIMUM QUANTITY OF MONEY" mit einschlägigen Zitaten der "österreichischen" Autoritäten Ludwig von Mises und Murray N. Rothbard aufgezeichnet.
Dabei äußern sich die beiden Autoren sogar ein wenig kritisch gegen die alten Autoritäten. Aber letztlich schaben sie als gläubige Austrians dann doch nur an der Oberfläche des Problems herum. (Und zahlreiche Passagen in diesem Aufsatz erinnern mich von Relevanz und intellektueller Qualität her an scholastische Debatten über die Anzahl der Engel, die auf eine Nadelspitze passen.)
Jedenfalls fassen sie die Positionen der österreichischen Schule zur Geldmenge folgendermaßen zusammen (meine Hervorhebung):
"It is pretty well established within Austrian economics that the Optimum quantity of money is whatever level is established at any given time. The logical implication of this claim is that any amount of the commodity that intermediates trade will do as well as any other in acquitting this task. This being the case, there is no social or even private gain to be obtained by anyone adding to the money stock."
Die Schlussfolgerung, die sie daraus ziehen, ist zwar logisch (wenn auch nicht in der Realität) korrekt. Wenn man allerdings die Prämisse akzeptiert, dass jede gerade 'im System' vorhandene Geldmenge nicht bloß ausreichend, sondern sogar optimal für die Abwicklung der realwirtschaftlichen Transaktionen ist, dann sehe ich nicht, mit welcher Rechtfertigung Austrians gegen Zentralbanken wettern, welche die Welt mit Geld fluten. Denn egal, wie viel Geld eine Notenbank (oder auch die Geschäftsbanken, oder, hypothetisch, ein Goldminenbesitzer) in die Wirtschaft pumpt, hätte man ja immer eine optimale Geldmenge.
Barnett II/Block zitieren dann
- aus dem Buch "Human Action" (auch z. B. hier verfügbar) von Ludwig von Mises (meine Hervorhebungen):
"
As the operation of the market tends to determine the final state of money’s purchasing power at a height at which the supply of and demand for money coincide, there can
never be an excess or a deficiency of money
. Each individual and all individuals together always enjoy fully the advantages which they can derive from indirect exchange and the use of money, no matter whether the total quantity of money is great or small. ..... The quantity of money available in the whole economy is always sufficient to secure for everybody all that money does and can do
."
- aus dem Essay "Man, Economy, and State" von Murray N. Rothbard (meine Hervorhebungen):
"... we have just seen that as the stock of money in society changes, the objective Exchange-value of money changes inversely (though not necessarily proportionally) until the money relation is again in equilibrium. When there is less money, the exchange-value of the monetary unit rises; when there is more money, the exchange-value of the monetary unit falls. We conclude that there is no such thing as “too little” or “too much” money, that, whatever the social money stock, the benefits of money are always utilized to the maximum extent. ..... An increase in the supply of money confers no social benefit whatever; ..... it simply benefits some at the expense of others, as will be detailed further below. Similarly, a decrease in the money stock involves no social loss. For money is used only for its purchasing power in exchange, and an increase in the money stock simply dilutes the purchasing power of each monetary unit. Conversely, a fall in the money stock increases the purchasing power of each unit. ..... One of the most important economic laws, therefore, is: Every supply of money is always utilized to its maximum extent, and hence no social Utility can be conferred by increasing the supply of money."
[Charakteristisch für die Diskussionstaktik der Austrians ist es übrigens auch, wenn hier Rothbard zwar darauf hinweist, dass Inflation eine Gruppe von Wirtschaftssubjekten begünstigt; aber verschweigt, dass dasselbe auf die Deflation (für andere Gruppen) zutrifft.]

Derartige Behauptungen, wonach die Geldmenge gleichgültig für die Funktionsfähigkeit der Realwirtschaft sei, sind falsch.
Das können wir uns wiederum am oben eingeführten Denkmodell der französischen Klümpchen-Wirtschaft klarmachen.
Wir wandeln unser Ausgangsbeispiel von einer statischen zu einer dynamisch wachsenden Volkswirtschaft ab:
  • Die Bonbonproduktion habe sich von 1900 - 1957 von einer auf zwei Millionen verdoppelt.
Dann gibt es je nach den sonstigen gedanklich gesetzten Rahmenbedingungen verschiedene Möglichkeiten:
1) Unveränderte Transaktionsmenge, unveränderte Geldeinheitenmenge:
Nehmen wir an, im Ursprungsmodell hätten wir 2 Mio. Wirtschaftsteilnehmer, und jeweils ein Paar (also 2) von diesen hätten EIN Klümpchen umgeschlagen (der eine als Verkäufer, der andere als Käufer). Und das wäre in der gesamten Wirtschaft bei allen Transaktionspartnern gleichzeitig passiert.
Dann musste im Ausgangsszenario jeweils 1 Mio. Wirtschaftssubjekte je eine Wareneinheit (Bonbon) zum Verkaufen haben, und die andere Million der Wirtschaftssubjekte benötigte je eine Geldkaufkrafteinheit (also 1900 = 1 Centime, 1957 = 100 Centimes) zum Kaufen.
Die Anzahl der Transaktionen war eine Million.
Wenn diese Zahl konstant bleiben soll, aber nunmehr 2 Millionen Bonbons umgesetzt werden müssen, müssen in jeder einzelnen Transaktion nunmehr ZWEI statt ein Bonbon umgeschlagen werden.
Da wir in dieser Variante die gleiche Geldmenge haben, kostet ein Bonbon im Jahr 1957 nur noch 50 (statt ursprünglich 100) Centimes.
Bzw. umgekehrt kauft nunmehr die gleiche Geldeinheitenmenge (100 Centimes) die doppelte Gütermenge (2 Bonbons).
Somit hat sich bei unveränderter nominaler Geldmenge (Geldeinheitenmenge) die reale (kaufkraftbezogene) Geldmenge (Geldkaufkraftmenge oder Geldwertmenge) verdoppelt.
Wir gehen davon aus, dass sich der Aufwand für die Bonbonproduktion nicht erhöht hat und haben es somit mit einer wohlstandsmehrenden Rationalisierungsdeflation zu tun, bei der dieselbe Gütermenge für weniger Geld (oder eine größere Gütermenge für dasselbe Geld) zu bekommen ist.

2) Unveränderte Transaktionsmenge; verdoppelte Geldeinheitenmenge;
Natürlich könnten wir auch stipulieren, dass die Geldmenge verdoppelt wurde. Dann stünden 1957 für 2 Mio. Klümpchen 200 Mio. Centimes zur Verfügung, so dass EIN Bonbon 100 Centimes kosten würde - genau wie in unserem Ausgangsszenario.
Aber die Steigerung der Geldmenge hätte keine wohlstandssteigernde Wirtschaft; wenn ich eine Million (gleichzeitiger) Transaktionen habe, dann kann ich die auch mit 100 Mio. Centimes abwickeln, oder gar mit nur 1 Mio. (also oben nach der Währungsreform). Wobei dann, weil 1 Centimes 2 Bonbons kauft, die (transaktionsbezogene) "nominale Wareneinheit" (das meint die kleinste bei einer Transaktion umgeschlagene Warenmenge) nunmehr ZWEI Klümpchen wären. So gesehen, kauft jetzt eine nominale Geldeinheit zwei reale = eine nominale Wareneinheit(en). Entsprechend kann man auch sagen, dass eine nominale Geldeinheit (1 Centime) nunmehr zwei realen Geldeinheiten (2fache Bonbonkaufkraft) entspricht. (Das ist ja bei einer Deflation, also einer Kaufkraftsteigerung des Geldes, auch logisch). Sodass zwei reale Geldeinheiten eine nominale bzw. zwei reale Wareneinheit(en) kaufen.
3) Unveränderte Transaktionsmenge mit halbierter Geldeinheitenmenge möglich?
Was freilich unter diesen Systembedingungen nicht funktioniert, ist eine Reduzierung der Geldeinheitenmenge auf 500.000 Centimes. Dann können nur noch die Hälfte an (gleichzeitigen) Transaktionen abgewickelt werden, denn jeder Käufer muss ja mindestens die kleinste verfügbare Geldeinheitenmenge in der Hand haben.
Selbstverständlich kann man sich vorstellen, dass alle 500.000 Centime-Münzen entzweigehackt werden, und dann jeder Käufer eine halbe Münze erhält. Aber dann haben wir wiederum 1 Mio. Münzen als Basiseinheit. Ob wir die nun Franc, Centime, 1/2 Centime oder 1/100 Centime nennen, ist für die benötigte Menge an nominalen Geldeinheiten unerheblich: Um eine Million Transaktionen mit gleichem Warenwert (gleichzeitig) abzuwickeln, brauchen wir eine Million Geldeinheiten mit dem entsprechenden Wert.
Anders gesagt: Bei gleichbleibender Transaktionsmenge brauchen wir eine mindestens gleichbleibende nominale Geldeinheitenmenge.
Wenn wir für jede Transaktion die Geldeinheitenmenge 1 ansetze, brauchen wir für die Summe der Transaktionen diese mal die Geldeinheitenmenge 1. Also für 1 Mio. Transaktionen 1 Mio. Geldeinheiten. Es können auch 100 oder 100 Millionen Geldeinheiten pro Transaktion sein. Aber niemals weniger als eine, weil niemand einen Kauf mit weniger als der kleinsten Geldeinheit bezahlen kann: Dafür gibt es per definitionem weder eine Münze, noch einen Kontoeintrag. Und wenn man die Münzen zerhackt, oder auf dem Konto 1/2 Centime bucht, dann ist eben das die (neue) kleinste Geldeinheit.
4) Steigerung der Transaktionsmenge mit unveränderter Geldeinheitenmenge möglich?
Nehmen wir an, wir wollen in unserem System neben den parallel laufenden 1 Mio. Bonbonverkäufen noch einen Autoverkauf abwickeln, wobei die Herstellungskosten des Autos den Herstellungskosten von 1 Mio. Klümpchen entsprechen sollen. (Und - in allen unserer Denkmodelle - sämtliche Verkäufe zum Herstellungspreis erfolgen sollen.)
Dann müssen wir die Geldmenge um den Wert von 1 Mio. Klümpchen steigern, also, je nach Klümpchenpreis, um 1 Mio. (1900) oder 100 Mio. (1957) Centimes auf 2 Mio. bzw. 200 Mio. Centimes.
Sowohl die Klümpchenkäufer wie der Autokäufer müssen das Geld in der Hand haben, und weil lt. Systembedingung alle diese Transaktionen gleichzeitig erfolgen sollen, muss auch die gesamte Geldmenge für alle Transaktionen in der Wirtschaft vorhanden sein.
Nur so kann unsere Modellwirtschaft jetzt 1 Mio. Bonbons für 1 Mio. oder 100 Mio. Centimes umsetzen, und gleichzeitig ein Automobil für ebenfalls 1 Mio. oder 100 Mio. Centimes.
In diesem Beispiel haben wir die Transaktionsmenge zwar nur um 1 auf 1.000.001 gesteigert. Aber die - nennen wir sie: - "Transaktionswertmenge" verdoppelt (von 1 Mio. oder 100 Mio. auf 2 Mio. oder 200 Mio. Centimes).
Das war erforderlich, weil in der einen Transaktion ein Gegenstand umgeschlagen wurde, der dieselben Herstellungskosten hatte wie die Waren aus den anderen 1 Mio. Transaktionen zusammen. Unter dem Herstellungspreis kann niemand (auf Dauer) eine Ware verkaufen.
Aus dem Vorgesagten folgt, dass wir in unserem Modell eine UNTERGRENZE identifiziert haben, unter welche die Geldeinheitenmenge bei einer gegebenen(parallelen) Transaktionsmenge nicht sinken kann, bzw. bei einer angestrebten (parallelen)Transaktionsmenge nicht sinken darf.
Sie setzt sich zusammen aus der Summe der Herstellungskosten pro jeweiligem Transaktionsgegenstand, ausgedrückt in Basiseinheiten.Anschaulich dargestellt:
  1. 1.000 Bonbonverkäufe à 1 Centimes = 1.000 Centimes
  2. 20 Brotverkäufe à (ggf. durchschnittlich) 100 Centimes = 2.000 Centimes
  3. 50 Schuhverkäufe à (ggf. durchschnittlich) 10.000 Centimes = 500.000 Centimes
  4. 200 Bekleidungsverkäufe à durchschnittlich 5.000 Centimes = 1.000.000 Centimes
  5. 2 Autoverkäufe à (ggf. durchschnittlich) 1 Mio. Centimes = 2.000.000 Centimes.
In der Summe brauchen wir also für unsere 1.272 Transaktionen mit höchst unterschiedlichen Warenwerten eine Geldeinheitenmenge von 3.503.000 Centimes. Beachte, dass wir die Herstellungskosten hier letztendlich nicht absolut definiert haben, sondern relativ zueinander, aufbauend auf den Herstellungskosten eines Klümpchens als Basiseinheit. Die Verkäufer können also keinen einzigen Preis senken, ohne dass er unter ihre Herstellungskosten absinken würde.Dementsprechend können wir von den 3.503.000 Centimes bei der gegebenen Transaktions(kosten)menge nicht einen einzigen Centime wegnehmen. Tun wir es doch, kann irgendeine der Transaktionen nicht stattfinden. (Weil wir, realitätskonform, die Rahmenbedingung aufgestellt hatten, dass keine Transaktion unter dem Preis für die Herstellungskosten erfolgen darf.) Wollen wir die Summe der Transaktions(kosten)menge steigern, MUSS die Menge der Geldeinheiten steigen.Wollen wir die Summe oder den Wert der Transaktions(kosten)menge senken, KANN die Menge der Geldeinheiten sinken - muss es aber nicht. Warum nicht?  Wir haben oben bereits mit sehr einfachen Annahmen den Beweis erbracht, dass KEINESWEGS mit  jeder beliebigen Geldeinheitenmenge jede beliebige Transaktionsmenge abgewickelt werden kann, und schon damit den gegenteiligen Aberglauben der Austrians falsifiziert.In der weitaus komplexeren Realität entpuppt sich dieser Glaube aber sogar als noch dümmer, als unser Schlichtmodell enthüllt. Denn in der Wirklichkeit gibt es Stauseen (oder Flutpolder) für das Geld: Das Sparen. Die Möglichkeit für die Wirtschaftssubjekte, ihr Geld nicht auszugeben, sondern zu horten ("sparen"), macht es höchst unwahrscheinlich, dass unsere gedachte Volkswirtschaft tatsächlich mit (im obigen Beispiel) 3.503.000 Centimes auskommt, wenn sie 1.272 Transaktionen mit den oben angegebenen Produktkosten bewerkstelligen will. Vielmehr dürfen wir vermuten, dass wir (beispielsweise) 6.000.000 Centimes "in der Wirtschaft" haben müssen (d. h. dass die Akteure unseres Systems 6 Mio. Centimes besitzen müssen), um Transaktionen im Wert von (vereinfachend abgerundet) 3,5 Mio. Centimes durchzuführen. Die restlichen 2,5 Mio. Centimes fläzen sich faul unter Kopfkissen herum, liegen auf Sparkonten, wurden grade im Spielcasino gegen Chips eingetauscht ..... usw.Die Menge der gesparten Gelder schwankt natürlich ständig. Das bedeutet: Je mehr Geld gespart wird, desto höher muss die Geldeinheitenmenge im System sein, um gleichzeitig eine gegebene Transaktions(kosten)menge zu verarbeiten. Wobei die ideale Transaktions/kosten/menge diejenige ist, die eine maximale Güterversorgung sichert (und vielleicht/hoffentlich auch zur Vollbeschäftigung führt).Geben die Sparer ihr Geld aus, kann natürlich die Geldmenge im System sinken, ohne die Transaktions/kosten/menge zu beeinträchtigen.Idealer Weise SOLLTE sie in diesem Falle (bei unterstellter Vollauslastung der Kapazitäten) sogar sinken. Denn wenn eine steigende Geldmenge einer gleich bleibenden Gütermenge nachjagt, ist Inflation die zwangsläufige Folge.Woraus freilich umgekehrt folgt, dass eine steigende Geldmenge "in der Wirtschaft" keineswegs zwangsläufig zu Preissteigerungen führen muss. Entscheidend ist insoweit, ob das Geld dann auch ausgegeben wird - oder gespart. Generell kann man sagen, dass die Austrians die Effekte des Geldsparens in der Regel ausblenden, vernachlässigen oder verharmlosen.  Die vulgärösterreichische Volkswirtschaftslehre ist eine realitätsferne Einfachdenke, und fristet völlig zu Recht an den Universitäten und in der ernsthaften wissenschaftlichen Diskussion bestenfalls ein Nischendasein. Sie bildet die Realität nicht adäquat ab, führt zu dogmatischen Phantasiekonstrukten wie oben aufgezeigt (Beliebigkeit der Geldmenge für Realwirtschaft) und ist daher völlig ungeeignet, unsere Einsicht in die Wechselwirkungen von Geldwirtschaft und Realwirtschaft zu vertiefen.  ceterum censeoZerschlagt den €-Gulagund den offensichtlich rechtswidrigen Schlundfunk der GEZ-Gebühren-Gier-Ganoven!Textstand vom 10.02.2015. Für Paperblog-Leser: Die Original-Artikel in meinem Blog werden im Laufe der Zeit teilweise aktualisiert bzw. geändert.