Eine Frau sieht Rot(e Beete)

Von Antje Radcke @ARadcke

Manchmal hab ich 'nen Vogel. Jedenfalls nähme ich es niemandem krumm, wenn er oder sie mir angesichts meiner aktuellen Rote-Beete-Experimente einen solchen zeigen würde. Aber mein Vogel und ich sind beste Freunde - auch wenn diese Freundschaft mir die eine oder andere, aus einer Piepvogel-Laune heraus experimentierte Küchenkatastrophe beschert. Und damit wertvolle Erfahrungen liefert. Aus Erfahrung werde ich zwar nicht immer klüger, dümmer aber jedenfalls auch nicht. Gestern und heute aber waren mein Vogel und ich bestens gelaunt und die Experimente zu meinem Entzücken geglückt.
Alles fing damit an, dass ich bei "herbivoracious" vor Kurzem ein Rezept für "Corned Beet" (mit "t" und nicht mit "f") entdeckte. Gepökelte Rote Beete. Soso. Wie kommt man denn auf eine solche Idee? Ich fand's so spannend, dass ich das Rezept sofort in meiner "Das-will-ich-unbedingt-noch-Ausprobieren-Liste" speicherte. Da schlummern bereits viele viele Rezepte - und viele schlummern dort seit Monaten wenn nicht gar Jahren. Irgendwie hat der Tag zu wenig Stunden und das Jahr zu wenig Tage - und überhaupt: Wer sollte das alles essen? Die Pökel-Beete aber hat nur drei Wochen gebraucht, um sich dermaßen nach vorne in mein Bewusstsein zu drängeln, dass ich gestern nachgegeben - und Rote Beete gepökelt habe.
Nun besitze ich eine Schüssel voll Rote Pökel-Beete. Und weiß leider noch nicht so genau, was ich damit anfangen soll* - außer jedes Mal, wenn ich an den Kühlschrank gehe, ein Scheibchen zu naschen (schmeckt sehr lecker). Aber das eilt ja nicht. Die Pökel-Beete dürfte ziemlich lange haltbar sein. Ideen sind übrigens herzlich willkommen. Hallo, Kochpoetin, hab mir grad nochmal dein Labskaus angeschaut. Da klingelt was. Müsste doch was Vegetarisches draus werden können. Hallo, Claudia, du bist doch zuständig für die vegetarische Interpretation von Fleischklassikern - könnten wir da nicht mal gemeinsam was überlegen?
Ach so, ja, ich sollte vielleicht erstmal damit rausrücken, was das für'n Zeug ist, das ich da gestern zusammengekocht habe. Bitte aber noch um etwas Geduld. Denn...
... die Fotos von der Pökel-Beete sind irgendwie schwierig. Die Fotografierei der dunkelroten Knollen und Scheibchen erinnerte mich sehr an meine Versuche, in der Sächsischen Schweiz die schwarzen Felsen zu fotografieren. Ich hab mich immer gewundert, warum alle meine Fotos so blöd geworden waren. Ich bin zwar keine Profi-Fotografin und bislang sind mir immer schon mal einzelne Fotos misslungen - aber dass gleich eine ganze Serie schiefgeht, das hatte ich so noch nicht. Bis ichs dann geschnallt hatte - dank eines erhellenden Hinweises meiner Urlaubsbegleitung. Die schwarzen Steine haben alles Licht absorbiert, da blieb fürs Foto nichts mehr übrig. Bei der Roten Beete konnte ich zwar Licht dazuschalten, aber richtig toll wirds damit auch nicht.
Deshalb habe ich eigens fürs Foto-Shooting ein Rezept kreiert, das die notwendige Farbe für diesen Blogpost liefert. Na ja, so ganz stimmt das nicht. Entstanden sind die roten Ravioli, weil ich eben Pökelbrühe übrig hatte und die unbedingt gewinnbringend verwerten wollte. Und weil ich mich mit Eva (der Kochpoetin, siehe oben) so viel über das Färben von Speisen mit Rote-Beete-Extrakten ausgetauscht habe, müssen sie wohl zwangsläufig in meinem Kopf entstanden sein, die Rote-Beete-Ravioli mit Ziegenkäse-Füllung. Das Teigrezept ist in Anlehnung an die Pasta Integrale ohne Ei bei naturkost.de entstanden.
Doch erstmal gehts jetzt hier zu
Corned Beet - Gepökelte Rote Beete



Zutaten (alles bio, ergibt ca. 200 g Pökel-Beete)
Gewürzmischung
  • je 1 Tl. (alles ungemahlen):
    Piment, gelbe Senfsaat, Koriander,
    rosa Pfefferbeeren, schwarzer Pfeffer,
    Kardamom, Zimtblüten
  • 1/2 Tl. ganze Gewürznelken
  • 3 Lorbeerblätter
  • 1 Tl. Orangenschale
Rote Beete
  • 1 kg Rote Beete
  • 15 g Salz
  • 10 g Zucker
  • 500 - 600 ml Wasser

Zubereitung
  1. Für die Gewürzmischung alle Zutaten außer Orangenschale und Lorbeer in einer trockenen Pfanne rösten, bis sie stark duften. Anschließend grob mahlen oder zerstoßen. Lorbeerblätter grob zerbröseln.
  2. Rote Beete waschen, dünn schälen und in ca. 2-3 mm dicke Scheiben schneiden. In einen Topf schichten. Salz, Zucker und alle Gewürze (inkl. Orangenschale) zugeben. Mit so viel Wasser begießen, dass die Rote Beete gerade eben bedeckt sind.
  3. Aufkochen und so lange köcheln, bis die Scheiben gar sind (sie sollten relativ weich sein, aber auf gar keinen Fall zerfallen).
  4. Die Rote Beete in ein Sieb schütten, Flüssigkeit auffangen.
  5. Nun die Scheiben einzeln nebeneinander auf mit Backpapier belegten Backofenrosten verteilen. 
  6. Die Rote Beete im Backofen bei 50°C trocknen - das kann mehrere Stunden dauern. Dabei immer mal wieder nachschauen - die Temperatur sollte nicht zu hoch sein. Das Ziel sind keine knusprigen Rote-Beete-Chips (auch sehr lecker) sondern weiche lederartige Scheiben. Ein Dörrapparat wäre hier sicher besser geeignet (steht auf meiner Wunschliste).
  7. Wenn die Scheiben getrocknet sind (dürfen auf der Unterseite auf keinen Fall mehr nass sein), aus dem Ofen nehmen und abkühlen lassen.
  8. Pökel-Beete in verschlossenem Behälter im Kühlschrank aufbewahren. Zur Weiterverwendung empfiehlt Michael Natkin von "herbivoracious", die Rote-Beete-Scheiben nach Bedarf zu entnehmen und die Scheiben in Wasser einzuweichen (so wie man das von getrockneten Tomaten kennt). 
* [Nachtrag, 13.04.2013] Die Pökelbeeete ist noch immer in bester Verfassung, allerdings schon deutlich dezimiert. Es hat sich herausgestellt, dass die roten Scheibchen einen köstlichen Sandwich-Belag hergeben. Mit Frischkäse, Meerrettich und Salatblatt perfekt für die Verpflegung unterwegs. Ich habe sie übrigens nicht vorher eingeweicht, die Konsistenz ist perfekt.]
    Die Pökelbrühe eignet sich hervorragend für die Zubereitung von 
    Rote-Beete-Ravioli mit Ziegenkäse-Meerettich-Füllung

    Zutaten (alles bio, reicht für mindestens 15 große Ravioli)
    Ravioliteig
    • 250 g feinst gemahlener Hartweizen
    • 1/2 Tl. Salz (bei stark gesalzener Flüssigkeit evtl. reduzieren oder weglassen) 
    • 2 El. Olivenöl
    • ca. 150 ml Rote-Beete-Brühe (oder Saft, evtl. ähnlich gewürzt wie oben)
    Füllung
    • 200 g nicht allzu trockener Ziegenfrischkäse
    • Salz
    • 1/2-1 Tl. abgeriebene Zitronenschale
    • Meerrettich nach Geschmack (frisch oder aus dem Glas)
    • Olivenöl, Parmesan, Kresse und Pfeffer zum Anrichten

    Zubereitung
    1. Hartweizenmehl sieben und die herausgesiebte Kleie noch einmal mahlen (z.B. in einer Kaffeemühle). Kleie wiederum sieben und die restlichen groben Partikel entfernen (bei mir waren es nicht mehr als 2 g).
    2. Alle Zutaten mit den Knethaken des Handmixers gründlich verkneten. Teig auf die Arbeitsfläche schütten (bei Naturholz empfiehlt sich wegen der Farbe eine Silikonmatte) und ca. 15 min kräftig kneten, dabei evtl. weitere Flüssigkeit zufügen.
    3. Der Teig sollte nach dem Kneten gut formbar und elastisch sein (Probe: Teig zur Kugel formen, Kugel mit der Handfläche flachdrücken - wenn der Teig jetzt sichtbar wieder Richtung Kugelform strebt, ist er lange genug geknetet).
    4. Teig abgedeckt 30 min ruhen lassen (so abdecken, dass die Oberfläche nicht antrocknen kann).
    5. In der Zwischenzeit die Füllung bereiten: Ziegenkäse glattrühren, mit Salz, Zitronenschale und Meerrettich würzen. Abschmecken. Der Meerrettich darf ruhig kräftig durchschmecken, da er beim Kochen oft an Aroma verliert - aber auch nicht so kräftig, dass er Tränen in die Augen treibt (falls er beim Kochen stabil bleibt).
    6. Teig dünn zu einem Rechteck ausrollen, die Hälfte markieren. Eine Hälfte gleichmäßig in Quadrate einteilen (die Linien z.B. mit einem Messer leicht markieren). Auf jedes Quadrat einen Teelöffel voll Füllung setzen. Alle zukünftigen Ravioli-Ränder mit Wasser bepinseln, damit sie später besser zusammenkleben.
    7. Zweite Teighälfte darüberklappen. Ravioli ausschneiden und die Ränder ringsherum fest mit einer Gabel zusammendrücken.
    8. Ravioli in siedendes Wasser geben und garen. Sobald die Teigtaschen an der Oberfläche schwimmen, noch einige Minuten weiterköcheln lassen (evtl. ein Probeexemplar vorkosten).
    9. Ravioli auf Tellern anrichten, mit Olivenöl beträufeln, mit Parmesanspänen und Kresse bestreuen. Pfeffer (z.B. Kubebenpfeffer) darüber mahlen.
      Guten Appetit!