Die Geschwisterposition soll für die Entwicklung wichtiger sein als der Einfluss, den Eltern auf ein Kind ausüben können. Dennoch geben sich Eltern die grösste Mühe, Liebe und Aufmerksamkeit auf ihre Kinder möglichst gerecht zu verteilen.
Bei der Geburt unseres Kleinen wurden auch wir mit dieser Herausforderung konfrontiert: Wir schenkten dem Grossen besondere Aufmerksamkeit, da er sich durch seinen Bruder hätte entthront vorkommen können. Als Erster auf die Welt zu kommen, ist ja schon sehr hart: zuerst genoss er unsere ungeteilte Aufmerksamkeit, alle Lebensstationen wurden akribisch dokumentiert und Ereignisse wurden von der gesamten Verwandtschaft gefeiert. Doch kaum kam der Bruder auf die Welt, war Schluss damit – so seine Sicht der Dinge.
Allen unseren Bemühungen zum Trotz findet der Grosse heute noch alles ungerecht und blendet aus, was uns der Kleine nun vorwirft, nämlich, dass der Grosse es sei, der immer neue Kleider und Schuhe bekomme, alles zum ersten Mal als Erstes tun dürfe und am meisten Fotos hätte.
Welcher von beiden ist nun im Vor- oder Nachteil? Niemand oder beide, doch das werden die Buben nie begreifen. Der Grosse wird den Anspruch auf unser Aufmerksamkeitsmonopol nie aufgeben, während der Kleine stets das Gefühl begleiten wird, nur unbeachteter Mitläufer zu sein.
Was bleibt uns Eltern übrig, als in jeder Situation möglichst fair zu handeln – selbst im Wissen, dass wir aus Bubensicht alles eh nur falsch machen können?
Jedenfalls hat sich der Kleine kürzlich seinen eigenen Chindsgirucksack zum baldigen Kindergarteneintritt aussuchen dürfen! Alles neu und exklusiv für ihn! Was er nicht zu wissen braucht: da er in Sachen Kindergarteneintritt den Grossen einholt und dieser im Sommer erst in den zweiten Kindergarten übertritt, kam für einmal das Vererben der Ausstattung des ältern Bruders nicht in Frage. Fair oder nicht – Hauptsache der Kleine ist glücklich!
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Wie wirkt sich die Geschwisterposition bei Euch aus? Wer fühlt sich wie benachteiligt?