Eine Bibliothek mit dem besonderen Etwas

Von Falballa

Stellen dir vor, du hast das Bild in einem Buch im Kopf aber keine Zeit zur Bücherei zu gehen um es auszuleihen und im Internet wirst du auch nicht fündig. Dann kannst du einfach in der Bücherei in Wolfenbüttel anrufen, zumindest in der Sprechstunde, und dann wird ein Mitarbeiter das Bild im Buch scannen und dir zusenden.
Unglaublich? Dachte ich auch erst, aber die Bücherei in Wolfenbüttel öffnet mit der "Online-Sprechstunde" die Türen zu einem neuen Zeitalter und bietet einen weltweit einzigartigen Service. Dieser funktioniert so:
Dieser funktioniert so: Interessenten können anrufen und nach einem Buch fragen. Zu einer vereinbarten Zeit blättert dann ein Bibliotheksmitarbeiter in dem gewünschten Werk, ausgerüstet mit einer hochauflösenden Kamera, die online entsprechende Bilder an den Interessenten sendet: Zum Beispiel von Johann Gottfried Seidlers "Bilder-Bibel" aus dem Jahr 1701. Ein Leser möchte sich auf Seite 59 die Abbildung von der Predigt anschauen.

"Vor allem bei den sehr kostbaren Büchern ist das Online-Lesen sehr praktisch", sagt Bibliotheksdirektor Helwig Schmidt-Glintzer. Und davon habe sein Haus genug. Gerade für ausländische Kunden sei das Angebot eine deutliche Verbesserung. Über Telefon sei es sehr schwierig gewesen zu erklären, wie eine bestimmte Initiale oder das Seitenlayout eines Druckes etwa aus der Reformationszeit aussieht. Insgesamt hielten sich konkrete Anfragen aber noch in Grenzen. Der Service müsse sich wohl erst noch herumsprechen, sagt Schmidt-Glintzer.
Barbara Schleihagen, Geschäftsführerin des Deutschen Bibliotheksverband, hält das Online-Leseangebot für einen "prima Service" - zusätzlich zu den Bestrebungen in den wissenschaftlichen Bibliotheken, die Bücher zu digitalisieren. "Das fällt direkt in die Entwicklung der Digitalisierung und weltweiten Bereitstellung von Informationen, die sich auch Projekte, wie die Deutsche Digitale Bibliothek zum Ziel gemacht haben", sagt sie.

Aber die Bücherei hat noch mehr Neuerungen aufzuweisen: So bietet sie zum Beispiel Handschriften, Drucke und Bücher in einer Online-Datenbank an. Dazu haben sie eine eigens eingerichtete Fotowerkstatt, in der Reproduktionswünsche Digitalisiert werden können. Bereits 7.000 komplett digitalisierte Titel seinen bereits in der Datenbank vorhanden.
Gerade die Handschriftensammlung machte die Bibliothek über die Jahrhunderte berühmt. Im 17. Jahrhundert war ihr Ruhm so groß, dass die damals größte Sammlung Europas als achtes Weltwunder gefeiert wurde. Bibliothekare waren unter anderem Gottfried Wilhelm Leibniz und Gotthold Ephraim Lessing - Männer, die schon damals für den Fortschritt standen.
Zum Bestand gehört auch das 1188 entstandene Evangeliar Heinrichs des Löwen. Nur alle ein bis zwei Jahre, das nächste Mal im Dezember, werde es aus dem Tresor hervorgeholt und gezeigt, sagt Schmidt-Glintzer. Unter die Kamera werde diese Kostbarkeit aber nicht gelegt.

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