Ein Weltenbummler tourt durch Europa - und entdeckt Amsterdam

Meine Zeit in London war leider schon wieder um und eine neue aufregende Zeit in Amsterdam stand mir bevor. Ich flog von London Stansted and das liegt ein wenig ausserhalb, ist aber aufgrund verschiedener Shuttle Angebote trotzdem gut zu erreichen. Der Flug selbst dauert nur knapp 40 Minuten, gerade mal genug Zeit fuer die Flugbegleiter, ihren Getraenkewagen einmal durch den Gang zu schieben. In Amsterdam Schiphol angekommen, erwartete mich eine freudige Ueberraschung; meine ehemaligen Arbeitskollegen aus Kanada, Emilie und Diane empfangen mich im Eingangsbereich. Wir wollten uns zwar in Amsterdam treffen, aber dass sie mich abholen wuerden, damit hatte ich nicht gerechnet. Die Freude war gross und ich war ihnen sehr dankbar, schliesslich ist es immer schoen, abgeholt zu werden und auch einfacher, weil man einfach jemandem hinterzulaufen braucht, ohne sich zurechtfinden zu muessen.

Per Zug ging es zur Central Station, wo Emilie ihr Fahrrad stehen hatte. Ihr Plan war gewesen, dass wir zwei weitere Fahrraeder leihen und zum hostel radeln. Das waere allerdings mit meinem Gepaeck gar nicht gegangen, da ich mit dem schweren Rucksack keine Balance haette halten koennen. So nahmen Diane und ich die Strassenbahn und Emilie radelte. Nach einer kurzen Dusche im hostel gings dann schon wieder los, schliesslich blieb nicht viel Zeit, die Stadt zu erkunden (nur ein voller Tag und der angebrochene Montag). Wir entschieden uns fuer eine Bootstour durch Amsterdams Grachten und hatten das Boot fast fuer uns alleine. Bei solch einer Bootstour kann man sich wunderbar einen Ueberblick ueber die Stadt verschaffen und erhaelt gleichzeitig ein paar nuetzliche Infos. Zum Beispiel ergeben alle Kanaele zusammengerechnet eine Laenge von 1000km! Ausserdem ist Amsterdam auf Stegen erbaut, weil es sich auf sumpfigem Gebiet befindet und allein die Central Station, der Hauptbahnhof der Stadt, steht auf 9000 Stegen! Die Beschaffenheit des Untergrunds ist der Grund fuer die oftmals schiefen Haeuser der Stadt, die manchmal nur durch die Nachbarhaeuser aufrecht erhalten zu werden scheinen. Schon eine kurze Zeit nach meiner Ankunft begriff ich recht schnell, wer in Amsterdam das sagen hat. Die Fahrradfahrer! Das riesige Meer von Fahrraedern an der Central Station uebertrifft alles, was ich bisher gesehen habe und auf den Strassen gibt es mehr Raeder als Autos. Was die Verkehrsregeln betrifft, haben die Zweiraeder Vorfahrt vor den vierraedrigen Gefaehrten, was diese natuerlich auch rigoros ausnutzen. Zusammengenommen nehmen die Fahrradspur und die Strassenbahnschienen mehr Platz ein als die normale Strasse fuer Autos und das macht die ganze Stadt weniger hektisch; gerade im alten historischen Teil der Stadt mit den endlosen Grachten. Nach dem Trip ging es zum Nieuwmarket (neuen Markt), wo wir endlich was assen. Auch hier wieder ein Grund zum Schmunzeln, ein Radler wird "Schneewittchen" genannt. Das gefiel mir sogut, dass ich von da an nur noch Schneewittchen bestellte.

Nach dem Essen (es war inzwischen schon 19 Uhr) machten wir uns auf den Weg zum Anne Frank Huis (Haus), wo wir mal wieder auf eine Schlange trafen. An diese hatte ich mich mittlerweise gewohnt und es ging eigentlich auch recht schnell voran. Das Museum hat bis 22 Uhr geoeffnet und das ist wohl auch der Grund, warum es dort auch abends noch so geschaeftig ist. Ausserdem ist die Geschichte von Anne Frank weltweit bekannt und zieht deshalb viele Besucher an. Leider war es dort so voll, dass man sich nicht wirklich auf die Schautafeln usw einlassen konnte, weil man eigentlich nur in einer Schlange mitlief, sich alles anschaute und dann weitertrabbte, weil hinter einem auch schon wieder zig Leute warteten. Ein bisschen schade, aber man kann es ja niemandem veruebeln, dass er dort war. Eigentlich war das Anne Frank Haus nicht ganz das, was ich mir erhofft hatte. Das fing schon an beim aeusseren Erscheinungsbild, ein Haus schoen hergerichtet und renoviert ist nicht das, was ich mir als Versteck vorgestellt hatte. Dann kann man zwar die Raeume im hinteren Teil des Gebaeudes besichtigen, in denen sich die zwei Familien versteckt hielten, aber auf Wunsch von Otto Frank (Annes Vater) stehen dort keine Moebel. Sehr interessant war das Buecherregal, hinter welchem wir hindurchliefen und welches den Zugang zum Versteck verdeckte. Eine gute Tarnung und eigentlich haetten die Nazis die Franks nicht finden koennen, wenn sie nicht verraten worden waeren. Von wem ist bis heute unklar und wird wohl auch nicht mehr ermittelbar sein. Trotz fehlender Moebel stellt das Museum sehr gut die Lebensumstaende der beiden Familien dar. In Annes Zimmer haengen sogar ein paar der Bilder und Zeitungsausschnitte, die damals ihre Wand schmueckten. Sie war halt nur ein einfaches Maedchen, das sich fuer Filme, Models und die koenigliche Familie interessierte.

Punkt 22 Uhr wurden wir rausgeschmissen und weil wir alle recht muede waren, verabschiedeten wir uns und ich ging ins Bett. Schlaf fand ich leider keinen, denn in meinem 20 Betten Zimmer (leider hat dieses hostel nur solche grossen Schlafraeume) schnarchte eine aeltere Bewohnerin so laut, dass sie die einzige Schlafende war. Und da mein Bett direkt neben ihrem stand, bekam ich die Lautstaerke volle Breitseite ab! Selbst meine Ohrstoepsel halfen nicht viel. Als wenn das nicht genug gewesen waere, waren die zwei aelteren Damen am naechsten Morgen recht frueh wach und konnten es nicht lassen, sich in normaler Zimmerlautstaerke zu unterhalten. Eine bodenlose Frechheit, wenn man bedenkt, dass viele endlich mal Schlaf gefunden hatten und nun schon wieder durch die zwei geweckt wurden. Manche Leute kennen einfach keine Ruecksicht!

Da Emilie und Diane noch Sachen fuer ihre Schule zu erledigen hatten, vertrieb ich mir den Dienstag Vormittag allein, lief herum und fotografierte, kaufte Souvenire und fand mich auf einmal beim Einkaufen von Klamotten, die mir in die Augen stachen und die ich in Deutschland nicht finden konnte. Nachmittag mietete ich mir dann ein Fahrrad, denn ein Amsterdam Besuch ist ohne das Radeln kein vollstaendiges Erlebnis, traf mich mit den beiden und nach dem Mittag gings dann weiter mit dem sightseeing. Wir radelten zu all den grossen Museen und Galerien (Van Gogh, Rembrandt usw), genossen das Wetter (welches bisher einfach nur fantastisch gewesen war) und holten dann irgendwann noch Agnes ab. Agnes kenne ich auch von Kanada (die drei kennen sich schon laenger) und obwohl sie ne knappe halbe Stunde von Amsterdam entfernt wohnt und an diesem Tag gearbeitet hatte, ist sie trotzdem extra fuer mich nach Amsterdam gekommen. Zusammen gingen wir in eine Kneipe zum Abendessen und es gab viel zu erzaehlen. Nach dem Essen war es an der Zeit, mein Stativ und all den anderen Kram aus dem hostel zu holen, denn meine Nachtfotografie stand noch auf dem Plan. Agnes musste dann den letzten Zug schaffen, da sie am naechsten Morgen wieder frueh raus musste und auch Diane verabschiedete sich bald von uns, da auch sie noch den Zug nach Hause nehmen musste (sie lebt 45 Minuten von Amsterdam entfernt und hatte die letzten Naechte bei Emilie uebernachtet). Emilie und ich fuhren noch durchs naechtliche Amsterdam bis auch wir uns verabschiedeten, weil ich am naechsten Morgen frueh am Flughafen sein musste. Es war so toll, die drei wiederzusehen und ueber die guten alten Zeiten zu plaudern. Von Kanda vermisse ich vorallem die Leute, mit denen ich zusammengearbeitet habe und da ist es immer toll, wenn man sich mal wieder sehen kann, schliesslich sind die Lebewohl, die man den meisten Leuten sagt, fuer immer.

Amsterdam hat mir sehr gut gefallen. Die Stadt hat Flair und es herrscht eine entspannte Atmosphaere. Es gibt dort keine Hochhaeuser (zumindest nicht in den Stadtteilen, die ich gesehen habe) und besonders im historischen Teil ueberwiegen die engen Giebelhaeuser, die dicht an dicht gebaucht sind und teilweise bis ans Wasser reichen. Viele Haeuser sind schmal, aber sehr hoch, weil man per Breite fuer den Grund und Boden bezahlt hat. Das fuehrt dazu, dass die Treppen manchmal so steil sind, dass man kaum groessere Gegenstaende bewegen kann. Gerade bei Umzuegen bereitet das grosse Probleme, die die schlauen Amsterdamer ganz einfach geloest haben. An fast jedem Giebel sieht man einen Haken und eine Seilwinde, mit deren Hilfe sperrige Moebelstuecke nach oben oder unten transport werden.

Nach einer weiteren schlaflosen Nacht wachte ich Mittwoch zu Regen auf, aber bis ich alles gepackt hatte und das hostel verlies, hatte sich der Regen schon wieder verzogen. Eine neue Etappe stand mir bevor - die antike Stadt Rom!


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