Als ich den Rhabarberkuchen nach dem Rezept meiner Oma mütterlicherseits verbloggte, oder den "sauren Käs", wie ihn mein Vater von früher kennt, wurde mir bewusst, dass ich über gar nicht so viele typische Familienrezepte verfüge. Die meisten meiner eigenen Klassiker, die ich regelmäßig zubereite, habe ich woanders aufgegabelt. Meine Oma väterlicherseits (die einzige meiner Großeltern, die noch lebt) ist eine tolle Köchin. Sie besuchte mich zusammen mit meinen Eltern in der letzten Woche. Es war schon länger mein Wunsch, mindestens eines ihrer Rezepte mit ihr zuzubereiten und alles festzuhalten. Dabei entschieden wir uns für Wuchteln, ein Hefegebäck, das man frisch aus dem Ofen mit Vanillesauce genießen kann. Das Backen der Wuchteln hat sie von ihrer Schwiegermutter beigebracht bekommen, und es geht hat seinen Ursprung bei den Ungarndeutschen in der Nähe von Elek. Richtung Osteuropa in Österreich und Ungarn sind Süßspeisen dieser Art beheimatet, wie eben auch die Wuchteln oder Buchteln.
Zu viert in der Küche hatten wir bei der Zubereitung sehr viel Diskussionsstoff, aber auch sehr viel Spaß. Und ich habe bei der Zubereitung brav mitgeschrieben, sodass ich nun ein weiteres Familienrezept verbloggen kann und jeder von uns nochmal für sich selbst üben kann. Ich muss vor allem das Formen (Schleifen im Fachjargon) der Teigkugeln noch üben.Wenn ich Hefeteig mache, dann lasse ich ihn meist nur den fertigen Teig gehen. In diesem Prozess gibt es mehrere Gehphasen für den Teig, die ich so nicht kannte. Herausgekommen ist aber in der Tat ein besonders fluffiger Hefeteig - es lohnt sich also doch. Und die Wuchteln waren grandios - mit selbstgemachter Vanillesauce nach diesem Rezept ein wahrer Hochgenuss. Und ich freue mich an einem weiteren, besonderen Familienrezept, dass es in mein Backrepertoire und auf den Blog geschafft hat.
Wuchteln (mit Vanillesauce)
1 kg Mehl (405er Weizenmehl)520 ml Milch1 TL Salz42 g Hefe200 g Zucker1 Ei250 g weiche Butter (125 g für den Teig und 125 g für den Belag)200 gemahlene Haselnüsse6 EL Zucker
Von den 520 ml Milch 100 ml abwiegen und in einem Topf leicht erwärmen (nicht über 35°C). Die Hefe hineinbröseln und 1 TL Zucker dazugeben. Alles ca. 10 Minuten an einem warmen Ort, z.B. der ausgeschalteten Herdplatte, gehen lassen.
Das Mehl in eine große Schüssel sieben. 1 TL Salz sowie 200 g Zucker dazugeben. Die Hefe-Milch-Mischung darüber gießen und nur ganz kurz und leicht mit einem Kochlöffel mit dem oberen Teil des Mehls verrühren. Mit einem Geschirrtuch und darüber einer Plastikfolie abgedeckt alles 15 Minuten gehen lassen.
Währenddessen den Rest der Milch leicht erwärmen.
Nach einigen Minuten den Rest der Milch in die Schüssel geben. Das Ei sowie die 125 g Butter hinzufügen. Den Teig gut kneten und dann mindestens 30 Minuten (besser länger) gehen lassen (wieder mit einem Geschirrtuch und darüber einer Plastikfolie abgedeckt ).
Nun den Rest der Butter erwärmen und in einen tiefen Teller füllen. Die gemahlenen Haselnüsse ebenfalls in einen Teller geben und mit 6 EL Zucker vermengen.
Jetzt werden aus dem Teig Kugeln bzw. Wuchteln geformt (auf einer leicht bemehlten Arbeitsfläche mit der Hand gleichmäßige Kugeln formen - zur genauen Technik des sogenannten "Schleifens" bitte bei meinen Eltern anfragen). Bei uns gab es 28 Stück à 70 g. Die Teigkugel nochmals mit einem Geschirrtuch abgedeckt ca. 15 Minuten gehen lassen.Die Kugeln danach zunächst in der geschmolzenen Butter wenden und dann in der Haselnuss-Zucker-Mischung wälzen.Die Wuchteln in eine bzw. zwei gefettete Auflaufform geben und ein allerletztes Mal 15 Minuten gehen lassen. Inzwischen den Ofen auf 180°C (Ober- und Unterhitze) vorheizen.Wenn zwei Auflaufformen benutzt wurden, dann am besten in zwei Runden nacheinander backen, jeweils für ca. 40 Minuten.
Die Wuchteln noch warm nach einer kurzen Abkühlzeit aus dem Ofen zusammen mit Vanillesauce genießen. Wer die Mühe einer selbstgemachten Sauce nicht scheut, dem sei dieses Rezept empfohlen.
Zu viele Köche verderben den Brei ... bei uns ging es trotz vier Leuten, die alle nicht zum ersten Mal Hefeteig gemacht haben, gut. Und wir hatten Spaß. Mein Vater musste auf Anweisung meiner Oma hin mit einem Kochlöffel und männlicher Kraft den Teig kneten.
Und Erinnerungen an Geschichten aus alten Zeiten zum Thema Backen wurden auch wach: