Ein wahrer Ort der Begegnung – Tatort goes Kammerspiel in „Das Haus am Ende der Straße“

Ein wahrer Ort der Begegnung – Tatort goes Kammerspiel in „Das Haus am Ende der Straße“Ein Regisseur, dessen Vita größtenteils aus Folgen der ZDF-Vorabendserie „Notruf Hafenkante“ besteht. Schauspieler, die durch Rollen bei GZSZ bekannt geworden sind oder die man noch nie im Fernsehen gesehen hat. Mut zum Risiko bei der Rollen-Besetzung habe ich erst in der vergangenen Woche noch bemängelt – den Machern des letzten Tatorts mit Joachim Król als Kommissar Frank Steier kann man das beileibe nicht vorwerfen. Im Gegenteil: Sie haben mit dem Cast für „Das Haus am Ende der Straße“ alles richtig gemacht. Das Drehbuch wurde mit verfasst vom grandiosen Michael Proehl (u.a. „Im Schmerz geboren), und Armin Rohde spielte seit langer, langer Zeit auch mal wieder in einem Tatort mit. Und wer Rohde kennt, der weiß, dass dieser, wenn er denn Bock hat, einfach einzigartig ist. Genauso wie der Film, der mal wieder beweist: Wenn der Tatort sich von den stumpfen „Er hat ein Motiv und kein Alibi“-Ermittlungen entfernt und kein Dominik Graf für die 90 Minuten verantwortlich ist, dann ist er am besten.

Ein wahrer Ort der Begegnung – Tatort goes Kammerspiel in „Das Haus am Ende der Straße“

Zwei, von denen wir noch viel hören werden: Vincent Krüger (l.) und Maik Rogge (r.) ©HR/Degeto/Bettina Müller


Alles beginnt bereits anders, als man das sonntagabends gewohnt ist. Statt Leichenfund sehen wir den Ex-Polizisten Rolf Poller (grandios: Armin Rohde) durch sein Haus schlurfen. Auf dem Anrufbeantworter sammeln sich lauter nerviger Nachrichten – von Sanitär-Unternehmen, bei denen er in der Kreide steht, von Vermietern, die ihm mit Rauswurf drohen, von Krankenhäusern, die wissen möchten, was sie mit den letzten Überresten der Kleidung seines toten Sohnes anstellen sollen. Poller ignoriert all diese Nachrichten, genehmigt sich lieber einen Schluck aus der Pulle und will sich umbringen. Traut sich aber nicht. Wortlos tut er all dieses. Die Kamera zoomt hinaus aus seinem Haus, langsam aber bestimmt, in gelber Schrift entfaltet sich der Schriftzug mit dem Namen des Filmes. Man ahnt schon jetzt, das wird richtig gut.
Szenenwechsel. Steier sitzt vor Gericht, soll dort den Kriminellen Nico Sauer (unbekannt, aber saustark: Maik Rogge) ins Kittchen bringen. Dieser hat vor Steiers Augen ein Kind getötet. Doch das Gericht glaubt Steiers Aussagen nicht, schließlich war der Kriminalhauptkommissar zum Zeitpunkt des Mordes noch sturzbetrunken. Steier wird suspendiert, Sauer freut sich über die neu gewonnene Freiheit – und plant derweil den nächsten Coup. Zusammen mit Brüderchen Robin (kann so viel mehr als GZSZ: Vincent Krüger) und Junkie-Freundin Lisa (kannte man auch bislang nicht, aber ebenfalls hammermäßig: Janina Sauer) wollen sie eine Villa in Frankfurt-Nied ausrauben. Der Bewohner der Villa (Steffen Münster) ist ein Vollblut-Unsympath mit lauter Selbstporträts an den Wänden, aber er soll unterwegs sein – ist er aber nicht. Urplötzlich kommt er nach Hause und erwischt die drei Einbrecher auf frischer Tat. Doch diese überwältigen und töten ihn. Der Nachbar: Rolf Poller. Poller beobachtet den Mord, also besuchen die drei Deppen den Ex-Bullen zuhause. Und auch Steier, der Nico beschattete, kommt dazu. Spätestens jetzt weiß man, das wird wirklich gut.

Ein wahrer Ort der Begegnung – Tatort goes Kammerspiel in „Das Haus am Ende der Straße“

Duell der Giganten: Rohde (l.) vs. Król (r.) ©HR/Degeto/Bettina Müller


Und das ist „Das Haus am Ende der Straße“ auch. Es ist der siebte und leider letzte Einsatz des Dauer-Griesgrams Steier. Und es ist sein bester. Der Film begnügt sich mit keiner 0815-Story, „Das Haus am Ende der Straße“ ist eine prima Charakterstudie. Poller hat seine Frau verloren, sein Sohn starb den Drogentod. Er hat nichts mehr zu verlieren, und nimmt selbst Retter Steier in Gewahrsam, als der die drei Einbrecher eigentlich schon außer Gefecht gesetzt hatte. Da hocken sie nun: Steier mit dem verhassten Nico, die Drogenabhängige Lisa, der kleine Unschuldige Robin. Und eben jener Poller. Robin bekommt von diesem eine Sonderbehandlung. Poller erkennt in ihm seinen toten Sohn wieder, den er nicht hatte retten können vor der schiefen Bahn, das will er nun bei Robin anders machen. Durch ein Guckloch in der Wand demonstriert er ihm eindrucksvoll, dass sein Geschwisterchen und das Mädel mehr an sich selbst und an Drogen denken, statt sich um sein Wohl zu kümmern. Steier derweil möchte wieder der Held in seinem eigenen Film sein, wie er einmal schön zu Protokoll gibt. Poller will, dass er Sauer tötet. Ein Leben gegen ein Leben, aber Steier will nicht. Steier will Gerechtigkeit, Poller will Gerechtigkeit – jeder auf seine eigene Art.
Wie Król und Rohde das spielen, kann man getrost als Duell der Giganten bezeichnen. Regisseur Sebastian Marka kann sich aber auch auf seinen restlichen Cast durch die Bank weg verlassen. Kammerspielartig inszeniert Marka das Ganze, das ist intensives Fernsehen, das durchweg an den Nerven zerrt. Mit Tatort hat das alles freiwillig nichts mehr zutun – aber durch die Optik, die stark ans Kino erinnert, und durch die spannende, düstere Atmosphäre verzeiht man das. Das ist ein Film, richtig clever geschrieben, grenzgenial gespielt, mit stark gezeichneten Charakteren versehen. Ein paar Logiklöcher zum Ende hin verzeiht man da direkt. Ein Abschied nach Maß. Exzellent!

Ein wahrer Ort der Begegnung – Tatort goes Kammerspiel in „Das Haus am Ende der Straße“

©ARD

Wie schön, dass Marka und Yesilkaya im Herbst bereits einen weiteren Tatort abgedreht haben – mit Króls Nachfolgern Margarita Broich und Wolfram Koch. Und die beiden hatten in ihrem Premieren-Fall auch schon das Vergnügen mit einem Drehbuch von Proehl, das der großartige Florian Schwarz in Szene setzte. „Liebe ist kälter als der Tod“ läuft im Mai im Ersten. Man darf sich schon jetzt vor Freude in die Hose machen!
BEWERTUNG: 9,5/10Titel: Tatort: Das Haus am Ende der StraßeErstausstrahlung: 22.02.2015Genre: KrimiRegisseur: Sebastian MarkaDarsteller: u.a. Joachim Król, Armin Rohde, Maik Rogge, Janina Sauer, Vincent Krüger

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