Ein Virenscanner für den Alltag

Von Lukas Röthlisberger @Adekagabwa

Der Virus ist bekanntlich winzig klein, also ein unsichtbarer Feind. Viren können sich nur innerhalb ihres Wirtes vermehren, denn sie sind eigentlich nur ein genetisches Programm ohne eigene Zellen. Außerhalb ihres Wirtes sind sie in einer Art Wartezustand, stehen in der Garage. Unser Wort "Virus" kommt übrigens aus dem Latein und bedeutet Schleim oder Gift. Beim Grippevirus durchaus nachvollziehbar.

Kein Wunder, ist die Bezeichnung "Virus" ein passender Metapher für viele andere Dinge, die wir nicht mögen.

Der Computervirus ist so eine Analogie. Er ist Gift für unsere Daten (diesmal ohne Schleim). Auch dieser Virus ist nur ein Programm, er vermehrt sich in der entsprechenden Umgebung (zum Beispiel in Deinem Ordner C:/Dokumente) und ist außerhalb des Wirts als harmloser Anhang einer Mail kaum wahrnehmbar.

Ich überlege mir, wie viele andere Dinge in meinem Leben wie Viren funktionieren. Da gibt es zum Beispiel Hiobsbotschaften in den Nachrichten, die sich im Kopf festsetzen können und mit jeder Minute stärker werden. Oder auch ein unbedachtes Wort von einem Bekannten kann zum Virus werden - immer vorausgesetzt, es wird gefüttert. Und gefüttert werden diese Gedankenviren (Meme) mit weiteren Gedanken. Je mehr wir über etwas nachdenken, umso stärker wird es. Und ignorieren hungert ihn aus.

Es gibt auch Geräte, die wie Viren leben. Das i-Phone, der Fernseher, das Auto, der Computer - sie sind zwar nicht unsichtbar, aber die jeweilige Idee funktioniert ähnlich. Füttern wir sie mit Zuwendung und Zeit, so werden sie stärker. Am Schluss beherrschen sie den Menschen: wir scheinen nicht mehr ohne sie auszukommen.

Vielleicht müsste ich mal über mein ganzes Leben einen Virenscanner laufen lassen. Welche Meldung kommt dann? Vielleicht: "213 Bedrohungen gefunden - alle entfernen?" Dann klicke ich einfach "OK" und das Leben ist wieder luftig und klar wie ein Frühlingsmorgen.

TV Virus / 27×39 Filzstift auf Zeichenpa-pier / 2013, Nr.13-058